KI und Finanzen in den Flitterwoche – die Vielfalt der künstlichen Intelligenz
Unter allen Wirtschaftssektoren, die von der digitalen Transformation profitieren, ist in der Finanzbranche das Interesse an den Einsatzmöglichkeiten Künstlicher Intelligenz besonders groß. Zum einen verlangt die dort exponentiell steigende Datenmenge geradezu nach automatisierter Auswertung, zudem verfügen die Akteure über ausreichend wirtschaftliche Ressourcen für Anschaffung, Einrichtung und Betrieb der oft teuren Softwaretechnologie. Kein Wunder also, dass KI und Finanzbranche sich gut verstehen. In Frankreich, dem Mutterland des international agierenden Herstellers Sinequa, stellen die großen französischen Banken ein Budget für die Informationstechnologie bereit, gegen das andere CAC40-(entspricht dem DAX)Unternehmen geradezu verblassen.
von Pierre Cabannes, Leiter Finanz- und Versicherungswirtschaft bei Sinequa
Künstliche Intelligenz wird in Finanzunternehmen vor allem eingesetzt, um die Cyber-Sicherheit zu erhöhen, den Kundenservice zu verbessern und genauere sowie schnellere Erkenntnisse über das Marktgeschehen zu gewinnen. Blickt man auf die eingesetzten Techniken, so stellen sich mehrere Fragen: 1. Was sind die wirklichen Einsatzgebiete von KI im Finanzbereich?2. Wo verläuft die Grenze zu Expertensystemen?
3. Und vor allem: Spielen die kostspieligen Investitionen in KI (deren Praxistauglichkeit sich oft erst noch beweisen muss) ihre Kosten irgendwann auch wieder ein?
Fast immer verbinden sich Erwartungen an ihren Nutzen, die allein aus der technischen Realität heraus kaum begründbar sind.
Bitte weg mit den Illusionen
Um zu verstehen, wie KI im Finanzsektor funktioniert, muss man sich der Illusion entledigen, es gäbe nur eine einzige künstliche Intelligenz. Tatsächlich existiert eine Vielzahl von KI-Technologien, von denen jede unterschiedliche Aufgaben wahrnimmt …”
Um zu verstehen, wie KI im Finanzsektor funktioniert, muss man sich der Illusion entledigen, es gäbe nur eine einzige künstliche Intelligenz. Tatsächlich existiert eine Vielzahl von KI-Technologien, von denen jede unterschiedliche Aufgaben wahrnimmt …”
… und die von Herstellern mit oft konkurrierenden Interessen vermarktet werden. Vier Bereiche, in denen KI-Anwendungen bereits vielfach eingesetzt werden, lassen sich hier identifizieren: Portfoliomanagement, algorithmischer Handel, Betrugserkennung sowie Kredit- und Versicherungsverträge.
Goldman Sachs etwa hat in den letzten Jahren die Anzahl seiner Händler um 600 reduziert und dafür 200 Software-Ingenieure eingestellt, die sich ausschließlich mit dem Betrieb algorithmische Handelsroboter beschäftigen.
Auf der Basis von KI-Technologien hat sich im Bankenumfeld bereits der Kundenservice durch den Einsatz der digitalen Konversation revolutioniert. Chatbots sind heute in der Lage, sich selbständig mit dem Kunden auszutauschen (durch integrierte Natural-Language-Processing-Systeme sogar in seiner Muttersprache!). Prädiktive Analyse verbessert die Relevanz von Geschäftsempfehlungen durch eine optimierte Datenanalyse und trägt so zu besseren Kundenbeziehungen bei.
Neben dem Kundenservice profitiert als zweiter großer Bereich die Cyber-Sicherheit von KI-Technologien. Für den Finanzsektor, dessen Funktionieren vom Vertrauen der Investoren abhängt, ist dies von entscheidender Bedeutung. Security Operations Center (die Abteilungen, die für die Sicherheit der Organisation und insbesondere der IT-Sicherheit zuständig ist) können durch Einsatz von Machine Learning Angriffe wesentlich besser abwehren. Schließlich liefert Künstliche Intelligenz bessere Erkenntnisse über das Marktgeschehen, indem sie heterogene Informationsflüsse (Nachrichtenseiten, Analysen, Berichte, Whitepaper) in hoher Geschwindigkeit semantisch analysiert und daraus Trends ableitet.
FinTechs von offenen Plattformen unterscheiden
Der KI-Markt ist breit, es gibt zahlreiche Akteure und die Qualität der verfügbaren Technologien ist nach wie vor sehr unterschiedlich. Man muss zudem unterscheiden zwischen vertikalen Technologien der vielzitierten FinTechs, die sich an spezifische Bedürfnisse eines Unternehmens richten, und horizontalen Technologien. Jene folgen eher einem Plattform-Ansatz und stellen transversale Funktionen zur Verfügung, die man zur Gestaltung eines digitalen Arbeitsplatzes benötigt.
Beide Ansätze gilt es zu kombinieren, um die eigene Organisation effizienter zu machen – sei es bei der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen zu Kunden und Partnern oder intern, um die Interaktion zwischen den Beschäftigten zu verbessern. Der Finanzsektor bildet hier keine Ausnahme: Jedes Unternehmen, das die Vorteile solcher globaler und integrierter Plattformen verstanden hat, stellt seinen Arbeitskräften mittlerweile einen „Digital Workplace“ und versetzt sie dadurch in die Lage, große und globale Informationsströme effizienter und zeitsparend zu verwalten.
Im hart umkämpften Finanzsektor ist die Ausstattung mit den besten technologischen Werkzeugen entscheidend, um die Erwartungen der Kunden zu erfüllen und nicht im Wettbewerb zurückzufallen.”
Zu wissen, welche Technologien es gibt, und sie im Sinne der eigenen Organisation zusammenzustellen, ist die Aufgabe von Digital Transformation Practices. Egal, ob Chief Digital Officer genannt, Chief Data Officer, Chief Information Officer oder Head of Innovation – dies sind die Spezialisten, die sich im Zuge der Digitalisierung mehr und mehr als Schlüsselakteure in der digitalen Transformation von Finanzorganisationen etablieren.aj
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