Ein bisschen Agile ist zu wenig – Silodenken erschwere die digitale Transformation von Versicherern und Banken
Immer häufiger setzen Versicherer und Banken Agile in der Transformation ihres Geschäfts ein. Allerdings drohen bei halbherziger Umsetzung die Vorteile von Agile verloren zu gehen, warnt Michał Trochimczuk, Managing Partner von Sollers Consulting.
Agiles Projektmanagement wird bei Versicherern und Banken immer beliebter. Drei von vier Großunternehmen in Deutschland setzen agile Entwicklung in ihrem Unternehmen ein. Fast 90 Prozent halten Agile für entscheidend bei der digitalen Transformation, 14 Prozent betrachten Agile sogar als wichtigste Führungsform. Grund dafür ist die mangelnde Innovationsfähigkeit etablierter Versicherer, die es Startups und Tech-Unternehmen erleichtert, in Geschäftsfelder der Finanzbranche vorzustoßen.Silodenken, manuelle Prozesse und Altsysteme erschweren die Innovation. Mit halbherzigem Agile wird man die Vorteile von Scrum und Wasserfall nicht verbinden, sondern die Vorteile von beiden aufs Spiel setzen.“
Michał Trochimczuk, Managing Partner Sollers Consulting
Häufig blockieren sich die Unternehmen selbst mit dem Konkurrenzdenken der Fachbereiche. Durch die Bildung von gemischten Teams überwindet Agile mit seinem kundenzentrierten Ansatz unternehmensinterne Barrieren und erleichtert den Wissenstransfer. Versicherer und Banken haben die Vorteile erkannt, doch sie setzen es oft nur unvollständig um.
Agile hat Vorteile – wenn man es durchzieht
Untersuchungen bestätigen zudem die Überlegenheit von agilem Projektmanagement, berichtete Trochimczuk. „42% aller agilen Projekte werden mit vollem Erfolg zu Ende gebracht. Nur 8% scheitern.“ In traditionellen Wasserfallprojekten, bei denen hierarchisch und detailliert geplant wird, beträgt die Erfolgsquote nur 26%. Die Zahl der erfolgreichen Wasserfallprojekte ist kaum höher als die der gescheiterten, so Trochimczuk.
Innovation gehört oft nicht zu den Prioritäten
Auch Mathias Nestler, CTO InsurTech Friday (mehr zu Friday), ist überzeugt, dass die Einführung von Agilität in Unternehmen enorme Herausforderungen birgt.
Viele Menschen arbeiten dort seit Jahrzehnten und sind an alte Arbeitsweisen gewohnt. Jeder von uns weiß vermutlich, wie schwer es ist, Gewohnheiten zu verändern. Die agile Transformation wird ihre Opfer fordern. Nicht jeder ‘alte Hase’ wird sich umstellen wollen.”
Mathias Nestler, CTO Friday
Laut Nestler ist Agile zwar mit einem gewissen Overhead verbunden, doch die Ergebnisse rechtfertigen den Aufwand. Angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung werde Agilität sogar zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Auch Witold Jaworski, Aufsichtsratschef des polnischen Telematik-Anbieters NIO und langjähriges Vorstandsmitglied von PZU sieht bei etablierten Unternehmen einen Mangel an Risikobereitschaft:
Unternehmen sollten sich darüber klar sein, dass die meisten Innovations-Versuche scheitern. Die Unternehmensplanung und das Controlling wollen genau solche Situationen vermeiden. Innovation gehört nicht zu ihren wirklichen Prioritäten.“
Lähmende Angst vor Kontrollverlust
Die Angst vor Kontrollverlust gehört zu den größten Hindernissen bei der Einführung von Agile, bestätigt Wolfgang Pander, Projektmanager bei der Basler. Nach Einschätzung von Pander ist diese Vorgehensweise eher als Mindset zu verstehen, weniger als Methode. „Erfolgreich agil zu arbeiten, setzt eine hohe Veränderungsbereitschaft voraus und den Willen, Hierarchien durch Teams zu ersetzen.“aj
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