ARCHIV20. Juni 2018

LBB Invest-Integration: DekaBank migriert 46.000 Wertpapierdepots mit Robotics Process Automation

Jörg Becker: Senior Manager Corporate Excellence & Transformation, Capgemini ConsultingCapgemini Consulting

Riesige Datenmengen prüfen und in ein anderes System übertragen – was auf manuellem Wege mehrere Jahre dauern kann, wird dank der Automatisierung durch Robotik zu einer Aufgabe von wenigen Stunden oder Tagen. Gerade der Finanzsektor kann davon profitieren, sich wiederholende und arbeitsintensive Prozesse zu automatisieren. Der RPA-Einsatz bei der DekaBank.

von Volker Darius und Jörg Becker, Capgemini Consulting 

Dass die Robotik als Technologie erhebliche Zeit- und Kosteneinsparungen bringen kann, zeigt der Einsatz der Technologie bei der DekaBank. Das Finanzinstitut hat im Jahr 2014 die Landesbank Berlin Investment GmbH (LBB-Invest) übernommen. Im Zuge der Eingliederung wurde auch die IT-Landschaft mitsamt ihren Prozessen unter die Lupe genommen.

Volker Darius: Head of Corporate Excellence & Transformation Central Europe, Capgemini ConsultingCapgemini Consulting

Den Verantwortlichen war klar, dass es zu teuer und aufwändig sein würde, zwei redundante Depot-Systeme im parallelen Betrieb weiterzuführen. Allein die regulatorischen Anforderungen – mit Blick auf Themen wie MiFID II und das Investmentsteuerreformgesetz – hätten bei doppelten Systemen erhebliche Mehrkosten nach sich gezogen.

Vor diesem Hintergrund entschied sich die Bank dazu, die Depotdaten der LBB-Invest in das eigene System zu überführen. Konkret ging es um 46.000 Depots mit rund 300.000 Objekten, also etwa Bestandsdaten, Adressfeldern und Steuerinformationen.”

Dabei stand fest, dass diese Informationen nicht ohne vorige Prüfung übertragen werden sollten. Es lag nahe, dafür die bereits im Deka-System bestehenden Algorithmen zu nutzen, statt diese erneut zu programmieren. Der Vorteil: Die über Jahre im Betrieb bewähren Prüfungen umfassen auch komplexe Konstellationen, etwa wenn Depotinhaber im Ausland steuerpflichtig sind oder sich den Zugriff darauf mit einer anderen Person teilen. Das sollte erhalten bleiben.

Alternativ wäre externe Unterstützung damit beschäftigt gewesen, die Depotsoftware beziehungsweise deren Datenbank zu füllen. Dafür hat die Bank ungefähr drei Jahre veranschlagt. Sollte es schneller gehen, war klar, dass möglichst viele Arbeitsschritte digitalisiert werden musste, damit ein „Roboter“ als virtueller Assistent die gleiche Aufgabe übernehmen kann – ohne Unterbrechungen und in einem Bruchteil der Zeit.

Über die DekaBank
DekaBank
DekaBank/kununu
Die DekaBank (Website) ist das Wertpapierhaus der Sparkassen, gemeinsam mit ihren Tochtergesellschaften bildet sie die Deka-Gruppe. Als zentraler Dienstleister bündelt sie Kompetenzen in Asset Management und Bankgeschäft – als Vermögensverwalter, Finanzierer, Emittent, Strukturierer und Depotbank. Mit Total Assets von rund 257 Milliarden Euro (Stand: Ende 2016) sowie rund vier Millionen betreuten Depots ist die Deka-Gruppe einer der größten Wertpapierdienstleister in Deutschland.

DekaBank: Migration per Robotik

Die DekaBank hat daraufhin im Jahr 2017 Capgemini Consulting beauftragt, um die Migration mit den geeigneten digitalen Instrumenten zu unterstützen. Das Beratungsunternehmen hat mit Robotics Process Automation (RPA) bereits bei einer Vielzahl von Kunden der unterschiedlichsten Branchen Prozesse erfolgreich automatisiert. Insgesamt befinden sich mehrere tausend Roboter aktiv im Einsatz. Im Rahmen eines Showcases demonstrierte ein Capgemini-Team zunächst die Vorteile seines Ansatzes.

Wie viele RPA-Projekte startete die Migration der Depotdaten mit einer genauen Bestandsaufnahme derjenigen Schritte, die ein Mitarbeiter aus Fleisch und Blut beim Anlegen eines Depots ausführen würde. Durch dieses „Work Shadowing“ entstehen wertvolle Einblicke, die anschließend bei der Programmierung des „virtuellen Mitarbeiters“ helfen. Das Ziel: Im Rahmen dieses Prozesses sogenannte Artefakte zu entwickeln, also systematische Abläufe, die sich ständig wiederholen und typischerweise einer Wenn-Dann-Logik folgen. Sie entsprechen den „menschlichen“ Entscheidungen beim Befüllen der einzelnen Datenfelder mit Informationen – und können vom Roboter umgesetzt werden.

Autoren Volker Darius und Joerg Becker, Capgemini Consulting
Volker Darius ist der Leiter der Einheit Corporate Excellence und Transformation bei Capgemini Consulting. Dabei berät er Unternehmen in Organisationsthemen – von hybriden Shared Services zur Reorganisation – und den Fragestellungen rund um Intelligent Automation – von Robotics Process Automation / RPA zu Cognitive Robotics und Artificial Intelligence.

Jörg Becker ist Leiter des Teams Digital Operational Excellence bei Capgemini Consulting und berät Finanzdienstleister mit Fokus auf die Optimierung der End-to-End Abläufe. Abgestimmt auf die Kundensituation und den Anwendungsfall kommen hier sowohl technologische Hebel, wie etwa RPA und Chatbots aber auch organisatorische Ansatzpunkte aus dem Umfeld der Agile Organization oder des Lean Managements zum Einsatz.

Agiler Entwicklungsprozess

Bereits nach kurzer Zeit – ganz dem Konzept der agilen Entwicklung gemäß – entstand im Rahmen dieser Prozessstufe ein Minimal Viable Product (MVP), ein „minimal funktionsfähiges Produkt“.

Ein solches MVP deckt nur grundlegende Funktionalitäten für die Migration ab, zeigt jedoch in einer sehr frühen Entwicklungsphase, mit welchen Hürden zu rechnen ist.”

So wurde simuliert, wie mit Robotik-Hilfe im System der Deka ein neues Depot angelegt wird, das nicht mit weiteren Prozessen verknüpft ist – etwa der gemeinsamen Führung mit einem Ehepartner oder einer Prüfung auf Steuerpflicht im Ausland. Ausgehend von derart einfachen Fällen wurden die Artefakte mit Blick auf Funktionsumfang, Komplexität und Performance erweitert. In dieser Phase konnten damit zum Beispiel auch Depots übertragen werden, bei denen umfangreichere Prüfungen erfolgen müssen. Etwa ob zu einer in den USA steuerpflichtigen Person sämtliche mit Blick auf das FACTA-Abkommen nötigen Informationen vorliegen. Über anonymisierte Testdatensätze gelang es dabei, die Funktionsfähigkeit der RPA-Artefakte zu kontrollieren und ihre Robustheit weiter zu erhöhen. Unplausible Datensätze wurden dabei erkannt und im Ursprungssystem korrigiert, so dass sich schon in diesem Schritt die Datenqualität deutlich verbesserte.

Revisionssicher in zehn Tagen migriert

Die eigentliche Migration markierte die letzte Phase des Projekts und beinhaltete die Übernahme aller Kundenkonten und der zugehörigen Daten in das Depotsystem der DekaBank.

Dabei wurden über 46.000 Depots mit RPA als „virtuellen Mitarbeitern” in weniger als zehn Tagen fehlerfrei und revisionssicher migriert.”

Das Projektteam skalierte den Prozess auf teilweise bis zu zehn Instanzen, die im Parallelbetrieb die Informationen übertrugen. Die Skalierbarkeit des digitalen Migrationsprozesses ist jedoch bei weitem noch nicht ausgereizt gewesen. Ein größeres Datenvolumen oder ein schneller Durchlauf ließe sich ebenfalls darstellen.

Für die DekaBank war der Einsatz von RPA in mehrfacher Hinsicht ein voller Erfolg. Neben der hohen Geschwindigkeit der Übertragung – zehn Tage statt drei Jahre – profitierte das Institut besonders von der hohen Datenqualität bei gleichzeitig großer Transparenz. Durch den geringen Ressourcenbedarf und die unterbrechungsfreie Abwicklung wurde der Betrieb der Bank nicht gestört und auch im Kundenverkehr kam es zu keinen Verzögerungen. Insgesamt hat der RPA-Ansatz die Bewährungsprobe bestanden.

Beim Übertragen großer Datenmengen von einem System ins andere spielt RPA auch künftig eine entscheidende Rolle im Projektportfolio der DekaBank.”aj

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