Studie: Kaum jeder zweite Versicherer sieht InsurTechs als Konkurrenz
Das Verhältnis zwischen etablierten Versicherungen und InsurTechs ist schwierig: Friedliche Co-Existenz oder Wettbewerber? Einer aktuellen Studie von Sopra Steria Consulting zufolge zeigen sich die meisten Versicherer gelassen. Nur 46 Prozent betrachten den Wettbewerb durch InsurTechs als Top-Herausforderung für das eigene Geschäftsmodell. Mit deutlich ernsterer Miene schauen Entscheider der Branche dagegen auf das disruptive Potenzial renommierter Internetkonzerne. Das ergibt die Studie „Branchenkompass Insurance 2017“ von Sopra Steria Consulting und dem F.A.Z.-Institut.
Die Anzahl der deutschen InsurZechs ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Die meisten dieser Start-ups planen jedoch kein Engagement als Vollversicherer, sondern beschränken sich auf einzelne Dienstleistungen oder zielen auf die Vereinfachung von Workflows im Back Office. Trotzdem fordern InsurTechs traditionelle Versicherer mit ihren neuen Technologien und Prozessen heraus, da sie den Strukturwandel der Versicherungsbranche beschleunigen.Ähnlich wie die Banken reagieren viele Versicherer, indem sie die Nähe zu den Technologieunternehmen suchen – allerdings längst nicht alle: Für nur 47 Prozent der befragten Entscheider zählen Partnerschaften mit InsurTechs zu den wichtigen strategischen Maßnahmen bis 2020. Die Ergo-Gruppe arbeitet beispielsweise mit Wefox zusammen, Allianz mit Simplesurance und Axa mit Friendsurance. Rückversicherer Munich Re ist sogar an mehr als zwanzig InsurTechs beteiligt, unter anderem an Trov und Next Insurance.
Darüber hinaus nutzen einige Versicherer das Know-how der Start-ups, in dem sie InsurTech-Lösungen in die eigenen Prozesse und IT-Systeme integrieren. 13 Prozent arbeiten bereits mit InsurTech-Anwendungen, 56 Prozent planen den Einsatz oder denken darüber nach. Viele dieser Start-ups haben eher die Funktion eines Ideengebers und Katalysators notwendiger Veränderungen und weniger die eines direkten Konkurrenten.
Etablierte Unternehmen werden durch das Know-how von Start-ups die eigene Digitalisierung spürbar beschleunigen können, weil Start-ups deutlich agiler und flexibler sind und keine Altlasten mit sich herumschleppen müssen.”
Lars Rautenburger, Leiter der Business Unit Insurance Sopra Steria Consulting
Neue digitale Vollversicherer drängen in den Markt
InsurTechs besetzen vor allem Nischenmärkte und wollen gezielt einzelne Teile der Wertschöpfungskette erobern. Zusätzlich drängen derzeit aber auch digitale Vollversicherer in den Markt. Der digitale Krankenversicherer Ottonova sowie Friday und Element haben den Betrieb aufgenommen, Neodigital steht bereits in den Startlöchern. Weitere Start-ups wie Flypper und GetSafe wandeln sich zum Versicherungsanbieter. Ungefähr die Hälfte der befragten Führungskräfte beobachtet auch diese neuen Wettbewerber mit einer gewissen Gelassenheit.
Digitale Versicherer machen ihre Produkte von vorneherein onlinefähig und reduzieren dadurch sowohl Kosten als auch Komplexität. Von einer Disruption der Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung ist bisher noch wenig zu sehen.”
Lars Rautenburger, Leiter der Business Unit Insurance Sopra Steria Consulting
Google, Facebook, Amazon: Die Angst vor der Macht der Daten
Ernster wird es aus Sicht der Entscheider, wenn Marktteilnehmer eintreten, die selbst über einen riesigen Pool an Kundendaten verfügen. Amazon hat gerade in Großbritannien sein Interesse für den Versicherungsmarkt geäußert und dies wird sich nicht nur auf den Markt in Großbritannien beschränken. Das macht die Branche zu Recht nervös. „Google, Facebook, Amazon und Apple kennen ihre Kunden mit ihren Gewohnheiten oft besser als sie selber und können sehr schnell und treffsicher vorhersagen, gegen welche Risiken sich jemand absichern möchte. Für Versicherungsunternehmen ist das viel schwieriger“, verdeutlicht Lars Rautenburger von Sopra Steria Consulting.
Zudem werden viele Versicherungen direkt am Point-of-Sale abgeschlossen, zum Beispiel beim Kauf von elektronischen Haushaltsgeräten. Genau hier sitzen die großen Internetunternehmen schon. So sichert sich beispielsweise Amazon den direkten, in manchen Fällen fast täglichen Zugang zum Kunden und verfügt dank langjähriger Geschäftsbeziehung in anderen Bereichen bereits über einen hohen Vertrauensvorsprung gegenüber anderen Playern, die sich das Vertrauen des Kunden erst erarbeiten müssen.
Die Versicherer legen gerade die Grundlagen, um technisch und organisatorisch aufzuholen. Ein zentrales und kanalübergreifendes Kundenmanagement, Kundenportale und die digitale Anbindung der Vertriebsorganisationen und Makler steht bei mehr als 80 Prozent der Unternehmen im Fokus. 75 Prozent investieren in Big Data Analytics und Data Mining. Bei den großen Versicherern gehören derartige Lösungen bereits zum Standard. Mit Blick auf eine bessere Kundenbindung, ein gezieltes Leistungsangebot und optimierte Risikoeinstufungen ist davon auszugehen, dass die Nutzung externer Daten und großer Datenmengen in Zukunft zunehmen wird.
Für den „Branchenkompass Insurance 2017“ haben Sopra Steria Consulting und das F.A.Z.-Institut Versicherungs-Führungskräfte in einem Think Tank zusammengebracht und mit ihnen über die Themen diskutiert, die die Branche bewegen. Digitalisierung, Schadensmanagement und Compliance standen im Fokus. Darüber hinaus wurden im Oktober 2017 85 Führungskräfte aus Versicherungen zu den Branchentrends, Herausforderungen und Strategien befragt. Die Online-Befragung wurde mit Führungskräften von Versicherern unterschiedlicher Sparten und Größe durchgeführt. Den „Branchenkompass Inusrance 2017“ erhalten Interessierte für 75 Euro. tw
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