DVFA Forum – Können Banken Digitalisierung? Von Kooperationen zwischen Banken und FinTechs
Dieses Jahr lud die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) zum FinTech Forum in Frankfurt ein. Das mittlerweile jährliche Familientreffen von Digital Natives und denen, die es noch werden wollen, widmete sich auch dieses Jahr wieder dem Zusammentreffen von Vertretern aus FinTechs und traditionellen Banken. Spannend: die Beziehung zwischen Banken und Fintechs ähnelt zunehmend nicht mehr David gegen Goliath, sondern Banken und FinTechs scheinen sich zunehmend in unterschiedlichen Rollen zu ergänzen.
von Christian Terpe
Den Auftakt des Forums machte kein geringerer als Hans-Christian Boos, CEO und Founder von Arago, ein IT-Unternehmen mit Sitz in Frankfurt/Main, welches auf Künstliche Intelligenz (englisch: Artificial Intelligence, kurz: AI) spezialisiert ist. Sein Postulat lautete wie folgt:The future of business: Anything that is a process can and will be run by an AI”
Eine starke Marke, herausragende Services und Innovationen traditioneller Unternehmen sind seiner Meinung nach die hilfreichsten und einzigen Werkzeuge, um bspw. disruptiven und exponentiell wachsenden „Platform Companies“ wie fernöstlichen „Internet-Giants“ – bekannt unter dem Akronym BAT (Baidoo, Alibaba, Tencent) – die Stirn zu bieten. AI und Big Data könnten etablierten Banken dabei helfen, mittels „Fully Automation“ von manuellen Prozessen die Effizienz im Tagesgeschäft in der Art zu erhöhen, als dass diese freigewordenen Ressourcen dort investiert werden könnten, wo sie am dringlichsten benötigt werden: In der Restrukturierung von Geschäftsmodellen traditioneller Unternehmen im Sinne eines Aufbaus eines digitalen Geschäftsmodells.
Vor allem vor dem Hintergrund der BAT sollte dieser Gedanke weniger als schauriges Zukunftsszenario, sondern vielmehr als die unmittelbare Realität angesehen werden. Können FinTechs bei dieser Ressourcenfreisetzung helfen?
Acht Pitches um Investment-Entscheidungen
Beim diesjährigen Forum stellten sich insgesamt acht FinTechs vor, einige davon aus dem Frankfurter Ballungsgebiet (Catana Capital, Firamis und Ginmon) mit einer Gemeinsamkeit: Automatische und intelligente Investmententscheidungen durch Nutzung von Big Data und AI für maximalen Anlageerfolg. Passenderweise präsentierte im Anschluss Dr. Sebastian Schaefer, Geschäftsführer der FinTech Community Frankfurt, sein TechQuartier, welches sich als lokaler Zugangspunkt zur Start-Up in FinTech Community in Frankfurt versteht.
Berlin spricht B2C-, Frankfurt eher B2B-Fintechs an
Dass neben der Start-Up Metropole Berlin nun auch Frankfurt den für die Kooperation zwischen Banken und FinTechs notwendigen Nährboden schafft, könnte auf ein weiteres Indiz der gefühlten Annäherung dieser ungleichen Partner deuten. Zum Verhältnis zu Berlin erklärt Schaefer auf Nachfrage des Publikums, dass Berlin und Frankfurt bezüglich FinTechs im direkten Wettbewerb stünden. Jedoch sieht er auch eine gewisse Komplementarität der beiden Ökosysteme in Berlin und Frankfurt. Interessant hierbei ist, dass der Kundenfokus in Berliner Start-Ups auf B2C und in Frankfurt auf B2B liegt. Dieser kann durch das ausgeprägte gesamtwirtschaftliche Profil der Stadt Frankfurt erklärt werden.
Das Streitgespräch „Können wir eigentlich Digitalisierung?“
Der krönende Abschluss der Veranstaltung bestand in einem Streitgespräch zwischen Vertretern der traditionellen Bankindustrie sowie Vertretern der neuzeitlichen FinTech-Ökosysteme zum Thema „Können wir eigentlich Digitalisierung?“ Der wohlweislich provozierende Titel wurde aus Sicht der Banker von u.a. folgenden Teilnehmern diskutiert: Dr. Olaf Heinrich (Deka Bank), Dr. Udo Milkau (DZ Bank) und Konrad Sippel (Deutsche Börse). Die Meinung der FinTechs wurde u.a vertreten von Robin Buschmann (Giromatch).
Nach Austausch erster grundlegender Positionen zum Einstiegsthema der Definition von Digitalisierung wurde Bezug zum Kernthema des Streitgespräches in Form einer Bestandsaufnahme genommen: Was ist der aktuelle Status quo in Bezug auf Kooperationen mit Banken und FinTechs?
Laut Buschmann zeigten Banken großes Interesse an FinTechs – vor allem in Vertriebsfragen und durch die Eigenschaft der FinTechs, die aktuellste IT-Infrastruktur in das Unternehmen „zu tragen“. FinTechs wiederum erhielten durch eine Kooperation mit Banken einen vereinfachten Markt- und Kundenzugang, denn dieser wird aufgrund des momentan teilweise noch fehlenden Vertrauens der Endkunden in FinTechs erschwert. Alles in allem eine klassische Win-win-Situation durch die Kombination komplementärer Eigenschaften – vielleicht gleicht die Beziehung Bank und FinTech also doch eher die von Ying und Yang?
IT-Legacy bei Banken erschwert Fintech-Kooperationen
Der entscheidende Schlüssel für eine Kooperation sei jedoch die IT-Legacy der Banken. Durch die breite Aufstellung und das historische Wachsen der IT-Infrastruktur ist es nicht trivial, diese alte IT-Infrastruktur mit der aktuellen der FinTechs zu verbinden – geschweige diese IT in der Bank einfach abzuschalten. Diese Hürde gilt es also für beide Seiten zu nehmen. Diesen Punkt unterstreicht die Deka:
Eine grüne „Spielwiese“ auf der neue Software getestet werden kann, gebe es einfach nicht.”
Die Deka sei jedoch in der komfortablen Situation, ein Lab gegründet zu haben um eben genau diese Möglichkeit des Experimentierens und des konsequenzenlosen Fehler-Machens zu haben. Dadurch war sie in der Lage, durch die Kooperation mit FinTechs Ressourcen freizusetzen. Dies könnte ein Indiz für das Postulat sein, dass durch die Kooperationen zwischen Banken und FinTechs die frei werdenden Ressourcen zur Restrukturierung alter Geschäftsmodelle eingesetzt werden können.
Bedrohen die GAFAs den Finanzsektor?
Auf die Frage, ob Big-Tech-Firmen wie die „GAFA“ (Google, Amazon, Facebook und Apple) das bestehende Geschäftsmodell – gar die Existenz – von Banken bedrohen, wird durch die Experten unterschiedlich betrachtet. Die Bankenvertreter sehen ihr Geschäftsmodell tendenziell als weniger gefährdet an, denn die Rolle einer Bank als Vertrauenspartner des Kunden würde weiterhin wichtig sein: „Das persönliche Geschäft mit einer Bank ist zu wichtig, als dass eine Bank untergehen wird“.
Die FinTech-Vertreter sehen das Geschäftsmodell traditioneller Banken tendenziell durch neue Plattformökonomien und „Open-Banking als bedroht an. Die Produktbreite von Banken wird sich verringern. Auch sei es ein Leichtes, eine Finanzkompetenz zu erlernen und diese in einer Customer Journey abzubilden – besonders im letzten Punkt sind GAFA wahre Experten. Der Schlüssel für diese Bedrohung wird sein, wie „leichtfertig“ Endkunden den GAFA ihre persönlichen Daten anvertrauen werden.Gibt es eine hohe Akzeptanz der Kunden gegenüber der Nutzung und Verwertung ihrer persönlichen Daten, kann eine „Übernahme“ des traditionellen Bankenmarktes durch Big-Tech-Firmen nur fünf Jahre dauern!”
Es bleibt folglich nur eine Frage der Zeit, wann durch die Nutzung von Big Data und AI eine solche Symbiose zwischen Banken und FinTechs generiert werden kann, dass das ursprünglich von Boos geprägte Postulat der allumfänglichen Automatisierung von manuellen Prozessen durch AI Wirklichkeit wird.
Gefahr droht aus anderer Richtung
Doch Vorsicht: Auch die GAFA werden ihre ohnehin im Vergleich zu traditionellen Banken geringeren manuellen Prozesse durch eine AI automatisieren und stellen eine potenzielle Bedrohung des gesamten Bankenmarktes – wie wir ihn kennen – dar. Das Wettrennen ist längst eröffnet.Christian Terpe
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