SIBOS 2014: Regularien, Compliance und Cyber-Crime
Auf der diesjährigen SIBOS (29.9.-2.10. in Boston) trafen sich in diesem Jahr 7.337 Teilnehmer. Die von SWIFT durchgeführte Konferenz mit begleitender Ausstellung bot ein umfassendes Programm mit Informationen, Nachrichten und Austausch zu den aktuellen Themen der globalen Finanzwelt. Die Zusammenfassung.
Der zentrale Schwerpunkt der SIBOS 2014 war – wie schon im Vorjahr in Dubai – die weiter zunehmende weltweite Regulierung mit ihren operativen Herausforderungen im Finanzwesen. Steigender Kostendruck muss durch höhere Effizienz über stärkere Standardisierung und Automatisierung sowie mit neuen externen Compliance-Services zur Entlastung des Kerngeschäfts aufgefangen werden. Hinzu kommen wachsende Gefahren durch organisiertes Financial Crime, Geldwäsche, Datenspionage sowie neue geopolitische Konflikte mit Embargo- und Sanktionsforderungen, zu deren Erfüllung in der Finanzwelt globale Lösungen gefragt sind.
Wir leben in einer Zeit des Aufbrechens alter Ordnungen und
wachsender Feindseligkeiten.
Yawar Shah
Auditorien und Forumsdiskussionen
Zentral wurden auch das Thema “Standards” diskutiert: wie etwa die weltweit stark zunehmende Umstellung der MT- auf MX-Nachrichtenformate nach ISO20022 – sowie die neuen, neben den etablierten institutionellen Strukturen aufkommenden bilateralen Wege im Zahlungsverkehr. Folgen und Chancen dieser Veränderungen wurden im neuen Forum „SIBOS University“ auf der Basis von Studien des SWIFT Institute intensiv diskutiert. Mit Auditorien und Paneldiskussionen im Plenum an allen Konferenztagen sowie ihren thematisch fokussierten, mehrtägigen Foren bot die SIBOS wie in jedem Jahr die aktuellsten Bestandsaufnahmen und Analysen zu den drängenden Fragen in der Finanzwelt, stellte neue Lösungsangebote vor und gab Ausblicke auf die absehbaren Entwicklungen der Zukunft.
Preissenkungen um 50 Prozent ein Jahr früher
In seiner Eröffnungsansprache griff Yawar Shah, Aufsichtsratsvorsitzender von SWIFT, das hochaktuelle Thema der wachsenden, teils auch staatlich organisierten Bedrohungen aus der „Cyber World“ auf: „Wir leben in einer Zeit des Aufbrechens alter Ordnungen und wachsender Feindseligkeiten. Die heutige Welt ist eine ganz andere als die, in der SWIFT groß geworden ist.“
Shah zufolge ist SWIFT seinem Kern stets treu geblieben: Mit seiner innovativen Arbeit die internationale Community zu unterstützen und dabei global, neutral, verlässlich und – vor allem mit Blick auf die aktuell diskutierten Gefahren – sicher sein Netzwerk und seine Dienstleistungen bereitzustellen. Shah gab zudem gute Nachrichten zur SIBOS-Eröffnung bekannt: SWIFT hat sein im Jahr 2010 gesetztes, ambitioniertes Ziel, die Preise für die Nachrichtenübermittlung bis zum Jahr 2015 um 50 Prozent zu reduzieren, bereits jetzt und damit ein ganzes Jahr früher erreicht. Gottfried Leibbrandt, der Vorstandsvorsitzende von SWIFT, ergänzte, dass ein starkes Wachstum im Nachrichtenverkehr sowie rigorose Kostenkontrollen SWIFT ermöglicht hatten, die hieraus resultierenden Gewinne und Einsparungen an alle Mitglieder und Nutzer in Form dauerhafter struktureller Preissenkungen weiterzugeben.
KYC-Register 2015 kostenfrei
für teilnehmende Banken
Eine weitere wichtige Information für SWIFT-Mitglieder und -Nutzer betraf den Zugang zum neu erstellten KYC-Register, dessen Nutzung im Jahr 2015 kostenfrei ist für diejenigen Banken, die ihre eigenen Daten einbringen. SWIFT hat das Register auf Wunsch der Community zur effizienten Erfüllung der Vorgaben für „Know your Customer“-Compliance aufgebaut und betreibt es zentral mit dem Start Ende 2014. Der externe Service entlastet Banken von internem Aufwand und Kosten für diese Aktivitäten.
Zudem gab SWIFT auf der SIBOS die Erweiterung seines Portfolios von Business-Intelligence-Services bekannt: Mit „BI for Securities“, einer neuen Lösung für den Wertpapiermarkt, stehen Verwahrern, Universalbanken und Asset Managern, die über SWIFT in heimischen Märkten und grenzüberschreitend aktiv sind, auf einer sicheren Online-Plattform monatlich aggregierte Daten des Wertpapier-Nachrichtenverkehrs – zunächst aus den Renten- und Aktienmärkten – auf globaler, regionaler und nationaler Ebene zur Verfügung. Diese verlässlichen Informationen ermöglichen, die Aktivitäten und Systeme zu fokussieren, Markttrends zu analysieren, Benchmarks sowie Marktanteile zu ermitteln und so wertvolle operative Hinweise zu gewinnen. Der Service startet – nach einer geplanten Vorlaufphase Ende 2014 – im ersten Quartal 2015.
Tagesrekord: Mehr als 25 Millionen Nachrichten
Am zweiten Tag der SIBOS – Dienstag, 30. September 2014 – konnte SWIFT einen neuen Tagesrekord von 25.877.390 weltweit über das SWIFT-Netzwerk übermittelten Nachrichten vermelden, ein Anstieg um 1,6 Millionen gegenüber der letzten Höchstmarke vom 30. April 2014. Der jüngste Rekord beruht auf zuvor noch nie erreichten 13,21 Millionen Zahlungsverkehrsnachrichten (0,8 Millionen mehr als der vorherige Bestwert) zusammen mit 10.9 Millionen Wertpapiernachrichten und 1.5 Millionen Nachrichten aus dem Treasury an nur einem Tag. In diesem Jahr ist die Zahl der FIN-Nachrichten bis heute insgesamt um 10,2 Prozent gewachsen, wobei die Zahlungsverkehrsnachrichten um 8,2 Prozent zunahmen und Wertpapiernachrichten um 14,6 Prozent.
T2S-Anbindung über SWIFT:
Alliance Lite2 um Applications erweitert
Viel Beachtung fand – vor dem Hintergrund des Ablaufdatums der ersten von vier Migrationswellen zu TARGET2 Securities am 22. Juni 2015 – ein zur SIBOS vorgestelltes SWIFT-Whitepaper über die Vorteile einer direkten Anbindung an T2S. Die ‚Directly Connected Participants‘ (DCPs) können diese als Pioniere der ersten Welle nutzen: Neben Kosteneinsparungen beste Möglichkeiten zum Aufbau neuer Geschäftsmodelle, leichterer Zugang zu neuen Märkten und neue Serviceangebote für Kunden. Damit verbunden ist mehr Wettbewerb, aber auch besserer Marktzugang für optimale Deadlines, schnelleres Pressemitteilung Reagieren auf Settlement-Probleme sowie Liquiditäts-Vorteile. DCPs müssen jedoch über die Anpassung ihrer internen Abläufe an T2S hinaus auch eine gute Vorbereitung ihrer Kunden, der ‚Indirectly Connected Participants‘ (ICPs) sicherstellen. Inzwischen, so wurde bekannt, haben sich bereits über 50 Institutionen für das SWIFT-Netzwerk als ihren T2S-Zugang entschieden. Dabei werden sie mit Tools und Services von SWIFT aktiv unterstützt, ebenso wie ihre Kunden, die ICPs und die Zahlungsverkehrsbanken.
Eine wichtige Neuigkeit von der SIBOS betrifft Anbieter von Business-Software und Nutzer eines SWIFT-Anschlusses über Alliance Lite2: Diese Lösung wurde unter dem Namen „Alliance Lite2 for Business Applications“ erweitert. Das ermöglicht Providern, ihren Kunden unterschiedliche Business-Software-Anwendungen einschließlich SWIFT-Anbindung als Gesamtpaket anzubieten. Endnutzer verfügen damit über eine sichere Nachrichtenübermittlung mit globaler Reichweite für vielfältige Bereiche wie Zahlungsverkehr, Cash-Management, Trade, Wertpapiere und Fonds, ohne in eigene Infrastrukturen investieren zu müssen.
MyStandards im „Autobahn App Market“ der Deutschen Bank
Der Themenschwerpunkt ‚Standards‘ auf der SIBOS erhielt einen besonderen Akzent durch die Mitteilung der Deutschen Bank, dass „MyStandards“ von SWIFT jetzt auch als Teil ihres innovativen „Autobahn App Market“ verfügbar ist. Bisher nutzte die Deutsche Bank MyStandards bereits zur weiteren Optimierung des Einsatzes und der Pflege von Standards sowie zur verbesserten standardbezogenen Interaktion mit Kunden. Die Integration von MyStandards in den „Autobahn App Market“ ermöglicht den Kunden der Deutschen Bank nicht nur schnellen, direkten Zugang zur strukturierten Dokumentation ihrer standardisierten Zahlungsverkehrs-Formate über einen einzigen zentralen Online-Kanal, sondern auch zur Auswahl weiterer elektronischer Produkte und Services aus dem breiten Spektrum der „Autobahn Apps“.
Highlights aus den SIBOS-Foren
Compliance
Marktinfrastrukturen
Standards
Investment Management
Corporates
Im diesjährigen Compliance-Forum wurde – einleitend zur weiteren intensiven Diskussion über Cyber-Crime, Geldwäsche und Sanktionen – festgestellt, dass neue nationale Regulierungen infolge der Finanzkrise den Fortschritt der Internationalisierung bedrohten, wo globale Lösungen gefordert seien. Ein wichtiges Thema des Forums waren Überlegungen zu gemeinsamen „Utilities“ für die Bekämpfung der Finanzkriminalität. Das Forum zum Thema Marktinfrastrukturen brachte eine interessante Diskussion über Lehren aus SEPA und T2S in Europa mit Erkenntnissen zum Aufbau vergleichbarer Strukturen in den weit inhomogeneren Märkten Asien und Lateinamerika; da eine zentrale Regulierung hier nicht möglich ist, könnte man sich auf ein gemeinsames „Rule Book“ verständigen.
Im Standards-Forum der SIBOS wurden Banken, Regulierer und SWIFT aufgerufen, neue Standards für das Reporting im Intraday Liquidity Management auszuarbeiten, die für die Branche sehr hilfreich sein könnten. Basel III verpflichtet die Banken zum Reporting schon ab Januar 2015, ohne dass eindeutig ist, was auf welche Weise berichtet werden solle. So seien die meisten kaum darauf vorbereitet geschweige denn in der Lage, mögliche Vorteile zu nutzen. Das erste, sehr gut aufgenommene SIBOS-Forum Investment Pressemitteilung Management führte zu einer angeregten Debatte über den Erfolg des Outsourcing operativer Middle- und Backoffice-Funktionen, das auch Investment Operations, Collateral Management, Transaktions-Abwicklung, Portfolio Accounting, Asset Servicing, Stammdaten, Compliance und Reporting umfassen kann. Institute berichteten jedoch auch, dass sie nach schlechten Erfahrungen diese Funktionen wieder zurückführten, so dass sich hier offenbar keine allgemeingültigen Regeln aufstellen lassen.
Das zweitägige Corporates-Forum der diesjährigen SIBOS lenkte den Blick erneut auf die ständig wachsende Zahl der Firmenkunden, die SWIFT für ihre Finanzkommunikation nutzen. Waren dies zu Beginn der Integration noch hauptsächlich Großunternehmen, so sind heute 40 Prozent dem Mittelstand mit einem Jahresumsatz von weniger als einer Milliarde US-Dollar zuzurechnen – beschleunigt durch die einfache, schnelle und kostengünstige SWIFT-Konnektivität mit Alliance Lite2 und unterstützt durch viele Anbieter, die integrierte Lösungen wie TMS und ERP mit SWIFT-Anschluss bereitstellen. Ein weiteres spannendes Thema des Forums war die Entwicklung des Renminbi (RMB) zu einer nahezu frei konvertierbaren Währung mit ihrem stark wachsenden internationalen Handelsanteil als Zeichen wirtschaftlicher Stärke Chinas – auch wenn beklagt wurde, dass noch eine hohe „Chinesische Mauer“ zwischen nationalem Markt und den Weltmärkten zu überwinden ist.
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