Die vier Blockchain-Phasen: Entwicklung, Proof of Concept, übergreifende Plattformen, Kommunikation
Wenn es um das Potenzial von Blockchain geht, ist kaum ein Vergleich zu hoch gegriffen. Folgt man der Einschätzung von Vordenkern in der Finanzwelt, so steht mit der neuen Art, Daten zu speichern, das nächste Internet vor der Tür. Schon innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre soll die Technologie einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftsmodelle haben.
von Claus Hintermeier, Partner Banking & Financial Services, Infosys Consulting
In der Tat kann Blockchain gleich in mehreren Bereichen seine Vorteile ausspielen – vom grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr über das Management von digitalen Identitäten und das Factoring bis hin zum Handel. Trotz des großen Optimismus müssen jedoch noch einige Fragen zufriedenstellend beantwortet werden, bevor der Technologie der Durchbruch gelingt.
Hürden auf dem Weg zum Durchbruch
Insbesondere bei der Kooperation zwischen den Banken gibt es noch viel zu tun. Dabei wäre bei einer Netzwerktechnologie wie Blockchain gerade dieser Punkt sehr wichtig.”
Insbesondere bei der Kooperation zwischen den Banken gibt es noch viel zu tun. Dabei wäre bei einer Netzwerktechnologie wie Blockchain gerade dieser Punkt sehr wichtig.”
Zwar mangelt es nicht an Gremien und Initiativen. Was fehlt, sind Kooperationen zwischen den einschlägigen staatlichen Stellen, Compliance-Institutionen und den Banken auf der einen Seite und Technologietreibern auf der anderen. Nur so kann die Technologie in tatsächliche Geschäftsanwendungen überführt werden.
Ein weiterer kritischer Faktor ist das fehlende Wissen: Noch immer gibt es in der Branche zu viele Entscheider, denen der Unterschied zwischen Bitcoin und Blockchain nicht klar ist. Wird Blockchain aber nur als eine alternative Zahlungsart betrachtet, ist es kein Wunder, dass es bei der Umsetzung hakt.
Ebenfalls fatal sind die extrem langen Entscheidungsprozesse. Sowohl auf der Führungsebene der Banken als auch bei den Regulierungsstellen sorgen aufwändige Prozesse dafür, dass spannende Projekte in der Proof-of-Concept-Phase verharren.”
Dabei müsste die Technologie eigentlich so schnell wie möglich die sichere Experimentier- und Simulationsphase verlassen und sich in der Welt der Geschäftsanwendungen bewähren. Umso wichtiger ist der direkte Dialog zwischen Banken, den Regulierungsstellen und den Technologieanbietern.
Allerdings ist auch die Technik noch immer ein Grund, warum der ganz große Erfolg noch ein Weilchen braucht. Mit Blick auf die Skalierbarkeit bei niedrigeren Kosten, die rechtssichere Abwicklung und auch das Management des Systems müssen noch immer viele IT-Hausaufgaben erledigt werden. Das liegt auch daran, dass auf dem Feld der Finanzdienstleistungen die Governance-Mechanismen nicht optimal entwickelt und im Bereich von Public Blockchains die Anforderungen nicht eindeutig festgelegt sind.
Phase 1: Entwicklungsphase – Die Vorteile überwiegen
Trotz dieser Hürden wird sich die Technik innerhalb weniger Jahre durchsetzen. Von den durch Infosys Finacle für die Studie “Blockchain Technology” Befragten sehen die meisten die Geschwindigkeit, die Transparenz und die Automatisierung als entscheidende Faktoren dafür. Darüber hinaus lässt sich klar ableiten, dass Blockchain bereits innerhalb der kommenden zwei Jahre einer der wichtigsten strategischen Punkte auf der Agenda der Banken sein wird.
In der Praxis müssen sie sich zunächst entscheiden, ob sie eine interne, oder gleich eine externe Implementierung vornehmen wollen. Die meisten Finanzinstitute werden wohl zunächst einmal interne Projekte mit Blockchain-Komponente testen und anschließend auf gemeinsame Initiativen mit anderen Banken setzen. Immerhin gibt es bereits eine Reihe von externen Implementierungen, bei denen Technologiepartnerschaften geschlossen und Konsortien gegründet wurden. Insbesondere R3 als Zusammenschluss der 70 größten Finanzinstitute und die Hyperledger Platform der Linux Foundation sind dafür gute Beispiele.
Phase 2: Proof of Concept
All diese Prozesse sind derzeit in vollem Gange oder werden demnächst abgeschlossen. Sie markieren das Ende der ersten Entwicklungsphase von Blockchain im Finanzsektor. In der zweiten, derzeit beginnenden Phase, geht es vor allem um das Thema „Proof of Concept“. So testen viele Banken, welche strategischen Geschäftsprozesse sich mit Hilfe von Blockchain optimieren lassen, welche Skaleneffekte nutzbar sind und wie dabei das geforderte Sicherheitsniveau effizient erreicht werden kann. Vor allem gilt es, diejenigen Bereiche zu identifizieren, die am meisten von den Vorteilen profitieren würden. Dabei spielt die Zusammenarbeit mit den Regulierungsbehörden, Auditoren, anderen Banken und wichtigen IT-Playern eine zentrale Rolle. Im Wettbewerb mit alternativen Methoden der Zielerreichung müssen die Ergebnisse bei Performance, Kosten, Geschwindigkeit und Skalierbarkeit eindeutig für Blockchain sprechen.
Zugleich geht es in dieser Phase um die Einigung auf gemeinsame Standards. Mit den existierenden Plattformen und Konsortien sind die Voraussetzungen dafür sehr gut.”
Den Regulierungsinstanzen kommt in dieser Phase die Aufgabe zu, die Rahmenbedingungen noch genauer zu definieren. Dabei lautet ihre Herausforderung, einerseits auf die berechtigten Interessen der Endkunden einzugehen und andererseits für die Innovationen in diesem Bereich ausreichend viele Freiräume zu schaffen.
Phase 3: Übergreifende Plattformen
In der nächsten, der dritten Phase, werden Standardisierung und Konsolidierung die dominierenden Entwicklungen sein. Damit rücken die Player im Bereich Blockchain deutlich näher zusammen. Diese Entwicklung wird vermutlich in den Jahren 2019 und 2020 ihren Höhepunkt erreichen. Zwar setzen Akteure aus der Industrie dann sicherlich auf eigene Lösungen, die für spezifische Probleme optimiert wurden. Standard-APIs und Interfaces werden jedoch für eine Vereinheitlichung in vielen Bereichen sorgen. Eine gemeinsam genutzte Infrastruktur ist die logische Konsequenz dieser Entwicklung.
Finanzinstitute, die bislang im Wettbewerb standen, erkennen in dieser Phase die Vorteile einer Zusammenarbeit mit einheitlichen Prozessen rund um zentrale Geschäftsprozesse. Das betrifft zum Beispiel Bereiche wie den beschleunigten Handel und das bessere Management von Daten.
Phase 4: Gemeinsame Kommunikation
In den Jahren 2021 bis 2025, der vorerst letzten Phase laut Infosys-Untersuchung, wird sich Blockchain deshalb auf einer Vielzahl von Gebieten etabliert haben. Die Treiber dieser Entwicklung werden kompatible Standards und gemeinsame Kommunikationskanäle sein.
Die Chancen schnellstmöglich ergreifen
Angesichts der Analyse wird klar, dass Banken und Finanzinstitute die Chancen durch Blockchain nutzen und bereits jetzt mit ersten Experimenten in kontrollierten Umgebungen starten sollten. So entstehen wertvolle Erfahrungen, die die Möglichkeiten dieser vielversprechenden Technologie aufzeigen. Zudem können die Entscheider damit besser beurteilen, in welchen strategischen Transformationsprozessen Blockchain eine wichtige Rolle spielen kann.aj
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