IoT erobert Versicherungsbranche: Chancen, Möglichkeiten und Konzepte
Das Internet der Dinge (IoT) ist mittlerweile überall. Bis zum Jahr 2020 sollen laut einer Studie von Cisco 50 Milliarden Dinge miteinander vernetzt sein. Auch in der Versicherungsbranche spielt das IoT eine immer wichtigere Rolle. Denn die Unternehmen sind dadurch in der Lage, ihr Geschäft mit innovativen Produkten, höherer Kundenzufriedenheit und optimaler Compliance zu gestalten.
von Rahul Singh, Präsident HCL
IoT-Technologien kommen heute vor allem in der Privathaftpflicht-, Kranken- und Kfz-Versicherung zum Einsatz. Basis hierfür bilden die von Konsumenten zunehmend genutzten vernetzten Überwachungs- und Management-Systeme. Im Bereich Privathaftpflicht sind es zum Beispiel Überwachungskameras, intelligente Heimsysteme oder Smart Meter, die auf mögliche Versicherungsfälle hinweisen. Für die Krankenversicherung sind neben Geräten wie Herzschrittmacher oder Blutzuckermessgeräte auch die Daten von Wearables wie Fitnessarmbändern interessant. Und bei Kraftfahrzeugen stehen die vernetzten Autos mit zahlreichen Sensoren zu Fahrverhalten oder Geschwindigkeitsmessungen vor der Tür.Bei der Erhebung sind insbesondere die in Deutschland recht strikten Vorschriften zum Datenschutz einzuhalten. Unter dieser Voraussetzung können Unternehmen mit Hilfe in Echtzeit erzeugter Sensordaten die Verhaltensweisen von Versicherten zielgerichtet nachverfolgen und Risiken besser vorhersagen. Dadurch lassen sich Versicherungstarife und -dienstleistungen entsprechend individuell anpassen.
Die Versicherungsbranche erkennt zunehmend die Chancen und Möglichkeiten durch IoT-Technologien und hat bereits interessante Konzepte entwickelt.”
Dazu gehören individuelle Kfz-Tarife auf Basis des Fahrverhaltens, persönliche Gesundheitsangebote nach Risikofaktoren oder Rabatte auf Prämien für Häuser mit intelligenten Überwachungs- und Sicherheitstechnologien.
Verschiedene Bestandteile eines IoT-Systems Entsprechend befindet sich das IoT unter den fünf wichtigsten Technologie-Trends für Versicherungen. Doch um es nutzen zu können, sind verschiedene Bereiche zu berücksichtigen. Im Mittelpunkt stehen die Daten. Sie sollten möglichst automatisch durch Sensoren und Geräte erfasst sowie bereinigt und mit zusätzlichen Informationen angereichert werden. Anschließend ermittelt eine Analyse der Daten durch branchenspezifische Modelle und Algorithmen konkrete Empfehlungen, die in Echtzeit an Nutzer und andere Beteiligte gesendet werden.
Zur Erhebung von Daten stehen wie erwähnt bereits diverse Systeme beim Kunden. Aber auch für deren Anreicherung, Analyse und Auswertung für konkrete Handlungsempfehlungen gibt es die notwendigen Bestandteile: Big-Data-Analyse-Systeme, hochleistungsfähige Netzwerke zur Datenübertragung sowie intelligente Geräte zur Anzeige von Handlungsanweisungen.
Gerade bei letzterem bietet IoT gemeinsam mit Technologien aus den Bereichen Künstliche Intelligenz und Signalverarbeitung neue Wege zur Kunden-Kommunikation und -Bindung. Denn Versicherer können über intelligente Heimgeräte, Wearables oder Auto-Systeme direkt mit den Kunden in Kontakt treten. Dies kann automatisch erfolgen oder in Sonderfällen über einen Berater, der sämtliche detaillierten Informationen zur Hand hat. Fundierter Service und schnelle Reaktion verbessern dabei die Beziehungen zum Kunden.
Ebenfalls wichtig ist ein ausgereiftes Partnersystem, denn kein Unternehmen kann alleine die Herausforderungen des IoT bewältigen. Versicherer müssen daher mit Dienstleistern wie Gesundheitszentren, Auto-Werkstätten oder Reparaturfirmen für intelligente Heimgeräte zusammenarbeiten, die auf vernetzte Daten zugreifen. Damit diese Zusammenarbeit für alle Beteiligten reibungslos funktioniert, müssen die entsprechenden Daten und Anwendungen in einer standardisierten, skalierbaren Cloud-Umgebung liegen, die entsprechend abgesichert ist.
Risiken reduzieren
Mit Hilfe eines solchen Systems lassen sich nicht nur neue Business-Modelle entwickeln, sondern auch Geschäftsrisiken reduzieren. Denn Versicherer können auf Basis großer Datenmengen und hochperformanter statistischer Analysen in Echtzeit aktuelle Trends, Kundenmeinungen oder Umwelteinflüsse für Entscheidungsprozesse berücksichtigen.
Zum Beispiel lassen sich mit Hilfe von Wetterdaten aus Vergangenheit und Gegenwart Kunden ermitteln, die wahrscheinlich von entsprechenden Schäden betroffen sein werden. Die aus Wetterstationen erhaltenen Daten kombiniert mit geografischen Informationen bieten dabei völlig neue Möglichkeiten. So können:
1. Gefährdete Mandanten über mögliche Vorbeugemaßnahmen informiert werden2. Versicherer Schadenrückstellungen für mögliche Spätschäden vorausberechnen
3. Unternehmen die Abwicklung von Schadensforderungen beschleunigen
4. Gutachter Informationen zu wahrscheinlich anstehenden Forderungen erhalten
5. Detektive durch Analysen möglichen Versicherungsbetrug erkennen
Ausblick – die Geschäftsmodelle entscheiden
Für Versicherer wird es in Zukunft erfolgsentscheidend sein, welche neuen Geschäftsmodelle sie anbieten und wie sie diese vermarkten, welche Daten sie dazu erfassen und wie sie diese nutzen, wie sie das Vertrauen der Kunden gewinnen und behalten oder wie schnell sie neue Erkenntnisse gewinnen und darauf reagieren. Dazu sind flexible Infrastrukturen notwendig, die sich schnell an neue Anforderungen anpassen lassen und jederzeit skalierbar sind.
Doch dabei ist zu beachten, dass es einen Paradigmenwechsel gibt: Während bislang der Besitz exklusiver Daten zu den Kunden einen wichtigen Wettbewerbsvorteil bot, sind künftig mit dem IoT diese Daten allgemein verfügbar. Entsprechend wird die Geschwindigkeit und Effizienz, mit der Versicherer diese Daten nutzen, zum wichtigsten Erfolgsfaktor. Zusätzlich sind IT-Security und Datenschutz für das Vertrauen der Kunden wichtig. Und nicht zuletzt entscheiden im IoT-Zeitalter auch die Technologie-Partnerschaften, welche Angebote eine Versicherung bereitstellen kann. So ist auch ihre Auswahl für den Erfolg im Wettbewerb entscheidend.aj
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