STRATEGIE11. November 2016

Predictive Analytics und Enterprise Search: Automatische Post­ein­gangs­klassifizierung

Gerald Martinetz, MindbreezeMindbreeze
Gerald Martinetz, MindbreezeMindbreeze

Laut der IDC-Studie „Print und Document Ma­na­ge­ment in Deutschland 2016“ planen rund 56 Prozent aller befragten Unter­nehmen in Deutschland, do­ku­men­ten­in­ten­sive Geschäftsprozesse innerhalb der nächsten 24 Monate zu digitalisieren und so ihre Abläufe zu optimieren. Diese Herausforderung geht auch mit einer kritischen Betrachtung der oft über Jahre hinweg gelebten Geschäftsprozesse einher. Dabei fällt auf, dass sich Arbeitsabläufe in vielen wichtigen Bereichen wie etwa dem physischen Posteingang in den letzten Jahren wenig bis gar nicht verändert haben. Doch auch hier gibt es heute bereits Möglichkeiten, beispielsweise mit modernen intelligenten Klassifizierungsprodukten, die Abläufe zu verschlanken, zu optimieren und effizienter zu gestalten.

von Gerald Martinetz, Mindbreeze

Wie kann eine auf Enterprise Search basierende Klassifizierungslösung den Posteingang unterstützen? Moderne Enterprise Search Lösungen bieten heute weit mehr als das klassische Suchfeld samt Trefferliste. Ausgestattet mit maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz zeigen diese Systeme neue Einsatzmöglichkeiten auf: Mittels semantischer Analyse von Dokumenteninhalten und Abgleich automatisch erkannter Merkmale lassen sich beispielsweise Dokumente klassifizieren – also einem Thema semantisch zuordnen. Dabei lernen die Lösungen einerseits aus vorangegangenen Klassifizierungsvorgängen, etwa von bereits zugeordneten Dokumenten, und ordnen neue Dokumente basierend auf den vorhandenen Merkmalen zu. Andererseits lernen sie auch kontinuierlich während der Zuordnung von neuen Dokumenten hinzu. Analog zum Menschen machen sich die Systeme folglich ihre Erfahrungswerte zu nutze. Genau diese Erfahrungen verwenden sie im Sinne von Predictive Analytics, um immer wieder neue Dokumente zuzuordnen und automatisch weiterzuleiten.

Je länger die Lösungen im Einsatz sind, umso genauer erfolgt die Klassifizierung und umso mehr Erfahrung sammeln sie.“

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Systeme aus falsch interpretierten Dokumenten, die manuell korrigiert wurden, lernen. Ist die Klassifizierung durchgeführt, werden die Dokumente direkt an die entsprechenden (Fach-) Abteilungen weitergeleitet. Für moderne Enterprise Search Lösungen macht es dabei keinen Unterschied, ob die Daten in strukturierter Form, etwa als ausgefülltes Online-Formular, oder in unstrukturierter Form, beispielsweise als Text wie bei einer E-Mail, in das Unternehmen eingehen. Egal ob eine E-Mail mit Anhängen, ein eingescannter Brief, Social-Media-Posts oder Online-Formulare, jedes Schriftstück wird analysiert, sortiert und klassifiziert.

Autor Gerald Martinetz
martinetz-gerald-mindbreeze-516Gerald Martinetz ist Mindbreeze Enthusiast für Datenextraktion und Klassifizierung mit langjähriger Erfahrung. Er betreut und berät Unternehmen im Bereich automatisierte Posteingangsklassifizierung von der Planung bis zur Produktivsetzung. Die Mindbreeze GmbH aus dem österreichischen Linz ist ein führender Anbieter von Appliances für Enterprise Search, Big Data und Wissensmanagement.

Einfache Integration und Inbetriebnahme

Heute existieren verschiedene Ausprägungen solcher Enterprise Search Lösungen parallel: als Cloud-Service, als traditionelle On-Premises-Software bis hin zu Appliance-Lösungen. Gerade letztere halten aktuell verstärkt Einzug in Unternehmen. Denn vor allem Appliances (Hardware + Software) bieten die ideale out-of-the-box Basis für die Digitalisierung von Posteingängen und deren automatische Verteilung. Nach der Einbindung in die unternehmenseigene IT werden die benötigen Datenquellen mittels Konnektoren angebunden. Moderne Systeme bringen dafür bereits über 400 Konnektoren wie beispielsweise für Netzlaufwerke, Microsoft SharePoint, E-Mail-Systeme, Social-Media-Portale oder auch eine Vielzahl an ECM-Systemen mit. Danach startet das Training. Im Trainingsmodus lernt die Anwendung anhand bereits klassifizierter Dokumente, die entsprechenden Metadaten und Dokumentenkategorien zu erkennen und zu verteilen.

Best Practice: Wüstenrot Gruppe

Die Wüstenrot Gruppe, ein mitteleuropäischer Finanzkonzern, wickelt ihren Posteingang bereits digitalisiert ab. An die 2.700 Mitarbeiter betreuen in Österreich, Kroatien und in der Slowakei sehr erfolgreich mehr als 2,2 Millionen Kunden mit Gesamtlösungen aus einer Hand für die Bereiche Ansparen, Finanzieren, Vorsorgen und Versichern.

Das Unternehmen erhält täglich rund 25.000 Eingänge. Die Eingangskanäle sowie die Dokumente (Papier, E-Mail, Anhänge, Web) werden immer vielfältiger und die Poststelle muss diese Eingänge innerhalb kürzester Zeit bearbeiten und an die entsprechende Fachabteilung weiterleiten. Zur Effizienz- und Qualitätssteigerung sollen auch immer mehr strukturierte Daten für den Fachbereich erfasst und gleichzeitig validiert werden. Eine Vereinheitlichung sowie Automatisierung des Bearbeitungsprozesses für die Klassifizierung und Datenextraktion von digitalen und analogen Eingängen ist also die logische Schlussfolgerung.

Mindbreeze
Mindbreeze

Nach dem Proof of Concept (PoC) mit mehreren Anbietern entschied Wüstenrot, Mindbreeze InSpire zur Automatisierung der Posteingangsklassifizierung einzusetzen. Bereits bei den ersten Probedurchläufen erzielte Mindbreeze eine Trefferquote von über 80 Prozent, aktuell liegt die Trefferquote sogar bei 85 Prozent. Um dieses hohe Niveau zu erreichen, wurde die Lösung im Vorfeld mit rund 60.000 bereits klassifizierten Dokumenten als Training „gefüttert“ um Aufbau, Struktur, Wortgruppen, Worte oder Textpassagen zu analysieren und mit bestimmten Dokumenttypen wie Bausparanträgen, KFZ-Versicherungen und weiteren zu verknüpfen. Die Analyse mit den neuesten technologischen Ansätzen aus dem Enterprise Search Bereich wie Linguistik, Semantik oder Stemming sowie die Erkennungsgenauigkeit macht die Lösung so leistungsfähig. Heute versteht die Anwendung mehr als 500 Dateiformate. Dadurch funktioniert die Klassifizierung und Datenextraktion von über 20 Metadaten bei 138 Dokumentkategorien aus E-Mails, Word-Dokumenten, PDF-Dateien direkt aus dem Originalformat.

So lassen sich die strukturierten Informationen aus unstrukturierten Texten und aus bereits strukturiert vorliegenden Inhalten, wie etwa dem Versanddatum einer E-Mail, gewinnen. Seit Oktober 2014 hat Wüstenrot einen Prozess für mehrere Eingangskanäle und profitiert von der automatischen Klassifizierung und Datenextraktion. Die Servicequalität sowie der Durchsatz in der Poststelle konnten erhöht werden. Bei einer bestimmten Akkuranz wird die Eingangspost direkt ohne manuelle Prüfung an den Fachbereich geleitet. Wüstenrot besitzt nun völlige Formularfreiheit und ist flexibel für die Herausforderungen der Zukunft.

Fazit

Mit geeigneten Lösungen ist es heute einfach möglich, die Digitalisierung der Geschäftsprozesse mit wenig Aufwand umzusetzen und anschließend davon zu profitieren. Dabei eröffnen sich den Unternehmen oft enorme Potenziale. So können sie ihren Kunden dank schlanker und schneller Sachbearbeitung nicht nur den besten Service garantieren, sondern auch gleichzeitig einen großen Mehrwert aus den nun miteinander verknüpften Daten generieren.aj

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