Der Wandel einer Bank zum Start-Up – Interview mit CreditPlus-Bank-CEO Jan. W. Wagner
Vor wenigen Tagen überraschte die CreditPlus Bank mit einem vollständig digitalen Konsumentenkredit per Smartphone-App – und der Ankündigung, mit einem kulturellen Wandel den bankinternen digitalen Erfindergeist zu fördern. Eine Start-up-Atmosphäre soll die Bank bekommen. Das wollen wir genauer wissen und sprachen mit Jan. W. Wagner, dem Vorstandsvorsitzender der CreditPlus Bank über den Weg zur digitalen Bank.
Herr Wagner, was ist Ihre persönliche Motivation für den Wandel?
Wir wollen die Zukunft der CreditPlus Bank sichern. Als Kreditspezialist haben wir ein sehr fokussiertes Geschäftsmodell. Es ist unser Anspruch, nicht nur beste Qualität in der Abwicklung zu bieten, sondern auch in Sachen Innovationen ganz vorne mit dabei zu sein. In der Crédit Agricole Consumer Finance (CA CF) Gruppe findet reger Austausch und intensive Zusammenarbeit hinsichtlich innovativer Initiativen, Services und Produkte statt.
Der Konsumentenkredit ist vom digitalen Wandel besonders betroffen, denn es handelt sich um ein einfaches, relativ standardisiertes Massenprodukt.”
Wie sehr sehen Sie sich dann heute schon in der Rolle eines Startup-CEOs – und was unterscheidet Sie von einem “normalen” Vorstandsvorsitzenden?
Einerseits hat unser Unternehmen eine Größe, die noch flexibel und beweglich ist. Andererseits müssen wir täglich einen reibungslosen Ablauf der Prozesse für unser vorhandenes Geschäft in einer nicht unerheblichen Größenordnung sicherstellen. Das unterscheidet uns von einem Startup.
Wir haben – ähnlich bei wie einem Startup – viele neue und innovative Ideen. Allerdings müssen diese auch umgesetzt werden. Da wird es dann spannend: Wie schnell können die Ideen umgesetzt werden? Welche Regularien müssen eingehalten werden? Und welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Bei der Schnelligkeit der Umsetzung haben wir noch Hausaufgaben. Hier ist ein kultureller Wandel erforderlich, den wir bereits eingeleitet haben. Wir testen agile Arbeitsmethoden und wollen diese – wo es passt – ausweiten.
Es erfordert aber auch ein Umdenken in Bezug auf Führung. Führungskräfte werden mehr Verantwortung an ihre Mitarbeiter abgeben müssen und in deren Fähigkeiten vertrauen.”
Wie sieht die Startup-Kultur bei CreditPlus in der Praxis aus?
Hier gibt es viele Ansätze. Einerseits testen wir neue Arbeitsmethoden. So arbeiten wir beispielsweise in einem Pilotprojekt mit Scrum, machen unsere Erfahrungen und tragen die Methode weiter ins Unternehmen.
Andere Kollegen nutzen Kanban für ihre Projektarbeit, sind dabei schneller als gedacht und haben mehr Spaß an ihrem Projekt als vorher. Letzteres ist ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor.”
Daneben nehmen wir unsere Meeting-Kultur unter die Lupe und testen neue Meeting-Formate. Hier gilt es, Zeit einzusparen und kreativer zusammenzuarbeiten.
Innovationen werden wir noch gezielter – sowohl bei CreditPlus als auch in der CA CF-Gruppe – fördern. Immer gilt dabei, das Kundenfeedback im Sinne eines Test & Learn-Ansatzes von Anfang an mit einzubeziehen.
Gibt es einzelne Innovations-Zellen, oder soll die komplette Organisation in die Startup-Denke überführt werden?
Beides ist notwendig. Wir werden ein schlagkräftiges Innovationsteam etablieren und erarbeiten derzeit die Rahmenbedingungen und Organisation dieser Einheit. Ziel soll es sein, aus Ideen einerseits schnell einsetzbare Produkte und Services zu entwickeln und andererseits erste Prototypen mit Kundenfeedback in größere Projekte zu überführen.
Daneben haben wir den kulturellen Wandel aber auch für die gesamte Organisation eingeleitet. Wir hatten bei CreditPlus schon immer eine gewisse Startup-Denke und haben dadurch vieles möglich gemacht. Wir können uns aber weiter verbessern, indem wir unsere Prozesse, unsere Art der Zusammenarbeit hinterfragen und den Kunden noch gezielter in den Mittelpunkt all unserer Handlungen stellen.
Wie steht es in dem Zusammenhang mit Fehlerkultur? Wie viele schwere Fehler dürfen gemacht werden?
Das ist eine gute Frage. Ganz sicher hängt die von mir skizzierte Führungskultur, in der mehr Verantwortung an die Mitarbeiter abgegeben wird, sehr eng mit der Fehlerkultur zusammen. Bei CreditPlus wurde auch in der Vergangenheit bei einem Fehler nicht nach dem Schuldigen gesucht, sondern nach der Lösung. Wichtig war uns jedoch immer, dass wir daraus lernen und uns verbessern. Methodisch werden wir dies jetzt noch gezielter in Test & Learn-Ansätzen verankern.
Soweit zum kulturellen Utnerbau – noch kurz ein paar Fragen zur Technik. Warum haben Sie die Kredit-App zuerst für iOS entwickeln lassen – und wann kommt die Android-Version?
Wir haben uns unter anderem für den Start mit iOS entschieden, da dafür alle notwendigen technischen Voraussetzungen vorhanden waren.
Die Android-Version wird aber bereits entwickelt und ist für den Oktober vorgesehen.”
Welches Kernbanksystem wird eingesetzt?
Als Kernbanksystem setzen wir nach wie vor auf die bei uns bewährten Systeme, die wir bereits seit vielen Jahren in Betrieb haben. Aufgrund unserer flexiblen Architektur mussten wir für die Entwicklung der App keine Änderungen an den tiefliegenden Systemarchitekturen durchführen.
Wie ist die App damit verbunden? Per API?
Die CreditPlus Bank hat in den letzten Jahren für die unterschiedlichen Eingangskanäle eine serviceorientierte Architektur etabliert. Diese Services können über standardisierte APIs von außen, also zum Beispiel von der App, angesprochen werden. Sie liefern die notwendigen und relevanten Daten über ebenfalls standardisierte Schnittstellen an die innenliegenden Bankapplikationen. Neue Kanäle wie die App können so mit wenigen Modifikationen in die Bankarchitektur eingebunden werden.
Zuvor war der studierte Betriebswirt in leitenden Funktionen im Corporate Banking und im internationalen Bankgeschäft tätig. Jan W. Wagner ist Aufsichtsratsmitglied der FCA Bank in Deutschland und Österreich sowie von Credium in Tschechien. Daneben ist er Beiratsmitglied von Eurofactor und der SCHUFA (Beirat Süd). Zudem ist er Vorstandsvorsitzender des Bankenfachverbands und Mitglied im Group Executive Committee von CA Consumer Finance.
Welche Rolle spielt die IT bei CreditPlus? Sind IT-Verantwortliche (also echte IT´ler) im Vorstand? Ist das der Schlüssel zum Erfolg?
Bei CreditPlus haben wir mit Karim Tsouli seit einigen Jahren einen IT’ler im Vorstand. Dies zeigt die Bedeutung der IT für unser Geschäft. Aus meiner Sicht ist ein Vertriebsverantwortlicher, der nicht eng mit der IT zusammenarbeitet, wie ein Reiter ohne Pferd.
Was hat CreditPlus als Nächstes vor?
Wir werden unsere App stetig weiterentwickeln und die Erkenntnisse und Funktionen, wie beispielsweise die elektronische Signatur oder den digitalen Kontoblick, auch auf andere Vertriebswege übertragen.
Im Händlergeschäft werden wir unseren Kooperationspartnern in Kürze ein neues Webshop-Plug-in zur Verfügung stellen. Diese intuitiv bedienbare Lösung lässt sich schnell und einfach in vorhandene Webshops integrieren. Das Angebot einer Ratenfinanzierung bei Onlinekäufen sorgt für weniger Kaufabbrüche und damit für mehr Umsatz. Der Kreditantrags- und Genehmigungsprozess läuft innerhalb weniger Sekunden automatisiert ab.
Wir befinden uns derzeit in einer neuen Phase der Kreditvergabe. Früher haben wir dem Kunden möglichst viele Fragen gestellt, um eine gute Kreditentscheidung treffen zu können. Heute haben wir – selbstverständlich mit dem Einverständnis des Kunden – andere Möglichkeiten, die erforderlichen Informationen zu erhalten. Es wird für uns wichtig sein, den Weg, den wir mit der CreditPlus4Now App eingeschlagen haben, weiter zu gehen.
Der Kunde wird immer weniger bereit sein, für einen Kredit lange Fragenkataloge zu beantworten.”
Vielen herzlichen Dank Herr Wagner für das gute Gespräch!aj
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