Berlin Hyp: Banken unterschätzen aufgeräumtes Formularwesen – vier entscheidende Tipps
Der Gesetzgeber erhöht den Druck auf deutsche Banken. Vor allem MaRisk und ein zuverlässiges Kontrollsystem (IKS) zwingen zum Handeln. Im Anweisungswesen entwickeln viele Banken daher ein prozessorientiertes Organisationshandbuch (OHB). Das Formularwesen wird dabei jedoch häufig übersehen. Jedes zweite Formular lässt sich durch eine technische Schnittstelle vereinfacht darstellen oder ausrangieren. Das zeigt ein Umsetzungsprojekt der Berlin Hyp.
von Janine Schülke, Abteilungsleiterin Organisation, Berlin Hyp
Das Organisationshandbuch der Berlin Hyp umfasst heute mehrere hundert Seiten verteilt auf einzelne Anweisungen und Prozesse. Die sich aus veränderten Arbeitsabläufen ergebenden Aufgaben wirken häufig besonders dringend, wenn es darum geht, den reibungslosen Betrieb zu gewährleisten. Die verlorene Arbeitszeit durch umständliche Formulare gerät dabei schnell aus dem Blick. Doch die Mitarbeiter verschwenden wertvolle Minuten, wenn sie etwa im SAP-System bereits gespeicherte Daten nicht automatisch übernehmen können. In einem Workshop haben die Fachbereiche diese Schwierigkeiten klar benannt. Beispiele: 1. Jeder Geschäftsvorfall verlangt von den Mitarbeitern, dass sie das zugehörige Formular manuell ausfüllen müssen. Dabei lassen sich viele Formulare direkt in das SAP-System integrieren und benötigte Datenfelder automatisch befüllen.2. Zahlreiche Vorlagen in Microsoft Word bieten nicht den benötigten Funktionsumfang oder zwingen Mitarbeiter dazu, händisch Texte zu löschen oder Formatierungen anzupassen. Eine standardisierte Eingabemaske entlastet die Mitarbeiter.
3. Mitarbeiter müssen selbständig überblicken, welche Formulare sie für einen Geschäftsvorfall benötigen. Elektronische Workflows bieten dagegen die Möglichkeit, Mitarbeiter durch den Prozess zu führen und erforderliche Dokumente zu verlinken.
4. Bis alle Beteiligten ein Dokument unterschrieben haben, vergehen oftmals Tage. Elektronische Freigaben machen das Unterschriftensammeln überflüssig. Ist ein Dokument freigegeben, kommen jetzt digitale Signaturen zum Einsatz, die automatisch eingefügt werden.
5. Mitarbeiter speichern regelmäßig vorausgefüllte Dokumente auf dem eigenen Laufwerk und übersehen schlimmstenfalls geänderte Vorschriften. Ein Enterprise Content Management System (ECM) schließt dieses Einfallstor für Compliance-Verstöße.
Formulare als OHB-Teilprojekt behandeln
Unnötige Arbeitsschritte haben vielfach gar nichts mit den eigentlichen Prozessen zu tun. Sie kommen ans Tageslicht, wenn Unternehmen beginnen, sich über die lange Bearbeitungsdauer zu wundern. Wer zu lange braucht, wird manchmal nur einfach von unzureichender IT-Unterstützung ausgebremst. Deshalb hat sich die Berlin Hyp entschieden, ein eigenständiges Teilprojekt für einfacher auszufüllende Formulare umzusetzen (vgl. Abb. 1). Die Bank will eine automatisierte Lösung für die bisher genutzten Word- und Excel-Formulare schaffen und Drittsysteme anbinden, damit sich vorhandene Daten leichter in ein Formular übernehmen lassen. Zudem werden elektronische Unterschriften eingeführt, um die Arbeitsschritte insgesamt zu beschleunigen. Das ECM-System in Verbindung mit dem Formular-System gewährleistet zudem, dass einmal verabschiedete Vorgehensweisen eingehalten werden und nur standardisierte Dokumente zum Kunden gehen.
Dieses Vorgehen zahlt sich in kommunikationsintensiven Prozessen besonders aus. Bei der Kreditbearbeitung fallen beispielsweise besonders viele Formulare an, vom Antrag über Prüfungsunterlagen bis hin zum endgültigen Bescheid. Mehrere Fachabteilungen sind an diesem Prozess beteiligt. Je besser also der Workflow elektronisch unterstützt wird, desto schneller gelangen die beteiligten Mitarbeiter ans Ziel. Die Formular-Software erlaubt zudem, Formulare zu einem Geschäftsvorfall zu bündeln. Die Mitarbeiter müssen keine Dokumente mehr selbst zusammensuchen, um einen wiederkehrenden Fall zu bearbeiten.
· Vor allem für Institute, die kein klassisches Massengeschäft betreiben, zahlt es sich aus, den eigenen Anwendungsfall bei einem Referenzkunden zu überprüfen
· Unbedingt erforderlich ist eine Anbindung an verschiedenste IT-Systeme, um keine Kompatibilitätsprobleme in einer sich ständig ändernden IT-Landschaft zu bekommen
· In der Einführung von Prozessmanagement (BPM) und dazu passender Software liegt ein großes Potenzial, um allein die Anzahl genutzter Formulare im Unternehmen zu reduzieren und papierhafte Schnittstellen durch technische abzulösen
· Schnittstellen zu einem vorhandenen oder in Einführung befindlichen ECM sind eine sinnvolle Ergänzung, um Arbeitserleichterungen wie Workflows und elektronische Unterschriften zu realisieren.
Formular-Software: auf die IT-Umgebung achten
Ein weiterer Zeitfresser ist die Ablage. Ohne einen zentralen Aufbewahrungsort entstehen regelrechte Informationsberge, die Mitarbeiter in Papierordnern, auf dem Dateiserver oder den eigenen Desktops anlegen. Elektronische Akten dagegen entlasten die Mitarbeiter. Formulare und Vorgänge lassen sich Kunden zuordnen, um schneller auf benötigte Informationen zugreifen zu können, schneller Auskünfte zu erteilen und angesichts steigender regulatorischer Anforderungen sämtliche Daten revisionssicher abzulegen. Dabei lassen sich Verbesserungen auf zwei Ebenen realisieren: Erstens der individuelle Zeitgewinn und zweitens die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Da Formulare regelmäßig zwischen Ansprechpartnern aus unterschiedlichen Abteilungen hin- und herwandern, spart ein zentraler Zugriff viel Zeit. Die Berlin Hyp hat vor diesem Hintergrund eine Vorstudie durchgeführt und über die bereits genannten Vorteile hinaus Kriterien entwickelt, die eine mögliche Formular-Software erfüllen muss.
Testumgebung, Schulung, Piltotteams
Anschließend ist eine Testumgebung entstanden, die neben SAP und ECM auch Komfortfunktionen wie Single Sign On (SSO) berücksichtigt. Schulungen für Erstellung und Systemkonfiguration wurden ebenfalls durchgeführt. Der Schlüssel zum Erfolg: jede Abteilung ist rechtzeitig vor Projektstart eingebunden und wichtige Schlüsselbereiche sind an der direkten Umsetzung beteiligt. Pilotteams sorgen im nächsten Schritt für ein direktes Feedback vom Anwender und spüren den Mehrwert. Diese Kollegen entwickeln sich zu Multiplikatoren für das Projekt. Somit erhöht sich die Akzeptanz. Darüber hinaus zahlt sich aus, Verbesserungen einzuführen, wenn ohnehin ein größeres Einführungsprojekt geplant ist. Auf dieses Quäntchen agiler Flexibilität kommt es künftig noch viel stärker an, da nicht zu vermuten steht, dass sich die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zugunsten der Institute gravierend verbessern.aj
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