GFT-Studie: Banken beklagen fehlende Kompetenz beim intelligenten Management von Kundendaten
Bei einem Großteil der Banken ist die Strategieentwicklung im Bereich Digital Banking in vollem Gange. Bei immerhin 34 Prozent aller Befragten ist sie vollständig definiert. 60 Prozent befinden sich aktuell mitten in der Entwicklung. Bei nur rund 6 Prozent ist eine Digitalisierungsstrategie noch kein Thema. Insgesamt 13 Prozent haben die Implementierung der Strategie bereits abgeschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Banken, bei denen die Strategie definiert und umgesetzt ist, von 7 auf 9 Prozent angestiegen (siehe Infografik). Das zeigt eine Expertenbefragung zum Status des Digital Bankings, die die GFT Technologies SE bei Retail-Banken in sieben Ländern (Brasilien, Deutschland, Großbritannien, Mexiko, Italien, Schweiz und Spanien) durchgeführt hat.
Bei der diesjährigen Neuauflage hat sich die Teilnehmerzahl im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt: Insgesamt haben 260 Vertreter aus der Finanzindustrie teilgenommen. Mehr als die Hälfte der Experten stammen aus dem Mittleren und Top-Management.Nahezu 95 Prozent der befragten Banken befinden sich in der Entwicklung ihrer Digital-Banking-Strategie oder haben diese bereits abgeschlossen. Es gibt kaum noch Finanzinstitute, die sich über den digitalen Wandel keine Gedanken machen.“
Marika Lulay, COO der GFTIm Ländervergleich sind die Schweiz und Spanien klare Strategiemeister. 58 Prozent der Schweizer Banken gaben an, die Strategieentwicklung abgeschlossen zu haben. Bei der Implementierung wiederum ist Spanien mit 36 Prozent führend. Übergreifend zeigt sich, dass große Bankhäuser eher eine Digitalisierungsstrategie besitzen als mittlere oder kleine Finanzinstitute (>10.000 Mitarbeiter: 58 Prozent // 2.000-10.000 Mitarbeiter: 24 Prozent // 500-2.000 Mitarbeiter: 29 Prozent).
Kundendatenmanagement: hohe Relevanz, aber geringe Kompetenz
Grundsätzlich ist die intelligente Datennutzung noch nicht sehr weit fortgeschritten. Die Befragten bewerten die Analyse von bereits strukturiert vorliegenden Daten als deutlich wichtiger als das Erschließen neuer Kundendaten oder die Aufbereitung der bislang unstrukturierten Daten. Die Relevanz der „Nutzung strukturierter Daten“ (72 Prozent) und der „Zugriff auf interne Kundendaten“ (70 Prozent) wurden sehr hoch eingestuft – gleichzeitig wurde aber die eigene Leistungsfähigkeit mit jeweils nur 56 Prozent angegeben. Diese Einschätzung zieht sich durch: Die Bedeutung des Kundendatenmanagements wird in sämtlichen Aufgabenbereichen höher eingeschätzt als die eigene Kompetenz, diese Aufgaben gut zu beherrschen. Hier besteht deutliches Optimierungspotenzial.
„Prozessautomatisierung muss dringend zum Standardwerkzeug der Banken werden. Die meisten Finanzinstitute haben jedoch an vielen Stellen Probleme mit der intelligenten Verwaltung, Strukturierung und Nutzung von Daten. Vor allem Banken in Spanien und Deutschland sehen bei der Prozessautomatisierung große Herausforderungen“, erklärt Lulay
Filialkonzepte: Die Bankfiliale der Zukunft vereint persönlichen Service mit digitalen Angeboten
Wie geht es eigentlich mit dem Filialnetz weiter? Bankfilialen werden auch in Zukunft noch existieren, doch die Digitalisierung wird einen deutlichen Wandel herbeiführen. Der Kunde erledigt seine Bankgeschäfte in Zukunft vermehrt online – ohne dafür eine Bankfiliale aufzusuchen. Das belegt auch die GFT Befragung: Lediglich 19 Prozent sehen in der klassischen Full-Service-Filiale eine Zukunft. Die Befragten sehen so genannte hybride Filialen mit Vor-Ort- und Online-Service an erster Stelle (26 Prozent). Diese zeichnen sich durch hohe Kompetenz sowohl im persönlichen Service in der Filiale als auch im digitalen Self-Service aus. Immerhin 23 Prozent setzen auf die vollständige Digitalisierung mittels Self-Service-Filialen, sehen keine persönliche Beratung vor Ort und glauben an digitale Angebote für alle grundlegenden Bankgeschäfte. Dicht dahinter folgt auch die Flagship-Filiale (17 Prozent). Diese Lösung wird vor allem von den großen Banken forciert. Mit In-Store-Filialen in Einzelhandelsgeschäften oder Einkaufszentren rechnen 10 Prozent. Die restlichen 5 Prozent sind überzeugt, dass Bankfilialen keine Zukunft haben und zukünftig nicht mehr Teil ihres Services sein werden – sie setzen auf die reine Digitalbank.
Erfolgsfaktoren und Barrieren: Banken ringen mit den Sicherheitsfragen
Die Bewertung der strategischen Erfolgsfaktoren und operativen Barrieren fürs Digital Banking hat sich im Vergleich zu den Vorjahresergebnissen stark verändert. Das gestiegene Sicherheitsbedürfnis schlägt sich länderübergreifend deutlich nieder: Sicherheitsaspekte gelten bei den befragten Finanzexperten gleichermaßen als zentraler Erfolgsfaktor und als Hauptbarriere (2015: Platz 8 bzw. 6). Die Kooperation mit Drittanbietern, wie zum Beispiel FinTechs, wurde länderübergreifend als am wenigsten erfolgsrelevant eingestuft (57 Prozent). „Banken sind immer noch sehr auf sich selbst fokussiert. Sie müssen sich jedoch kulturell öffnen. Sowohl Kooperationen – sei es mit FinTechs oder anderen strategischen Partnern – als auch der branchenübergreifende Wissensaustausch werden in einer zunehmend globalen und digitalen Welt den Ausschlag geben“, betont Lulay.
Auf Rang zwei der strategischen Erfolgsfaktoren folgt das „einheitliche und konsistente Nutzererlebnis auf allen Endgeräten“ (2015: Platz 1); auf Rang drei die „Co-Innovation mithilfe von Kundenfeedback“. Bei der Beurteilung der operativen Barrieren liegen „Regulatorik- und Compliance-Aspekte“ auf Position zwei (2015: Platz 4); dicht gefolgt von der „IT-Integration in bestehende Systeme und Landschaften“ (2015: Platz 5).
Hauptbeweggründe: Der Kunde ist König, aber die Profitabilität muss stimmen
Der Fokus auf Kundenbedürfnisse ist nach wie vor wesentlicher Treiber der digitalen Bankenrevolution. Die steigende Bedeutung von Sicherheitsaspekten hemmt jedoch einen schnelleren Fortschritt. Bei den Hauptbeweggründen, eine Digital-Banking-Strategie zu verfolgen, gab es im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderungen auf den vorderen Rängen:
1. Steigerung der Kundenzufriedenheit mit 84 Prozent (2015: 94 Prozent)2. Steigerung der Kundenloyalität mit 83 Prozent (2015: 92 Prozent)
3. Steigerung der Profitabilität mit 82 Prozent (2015: 83 Prozent)
„In der Vergangenheit stand stets das Produkt im Mittelpunkt. Alle Strukturen und Prozesse waren darauf ausgerichtet, Angebote zu gestalten, die in erster Linie Erträge versprachen. Diese Denkweise hat sich geändert – der Kunde ist ins Zentrum gerückt. Banken haben hier in den letzten Jahren viel Aufwand betrieben und investiert“, so Lulay. Kundenzufriedenheit und -loyalität sind mit jeweils über 80 Prozent nach wie vor die treibenden Kräfte, haben aber im Vergleich zum Vorjahr an Vorsprung verloren. Banken sind daher vermutlich in diesem Umfeld aktuell zufriedener als dies 2015 der Fall war und fokussieren sich schlussfolgernd vermehrt auf andere Aspekte.
Der Ländervergleich zeigt ein einheitliches Bild, nur Großbritannien überrascht: Britische Banken bewerten die Kundenzufriedenheit und -loyalität mit rund 50 Prozent als deutlich weniger relevant. Hier stehen Profitabilität und Umsatzwachstum klar im Fokus (76 und 73 Prozent).
Selbstwahrnehmung: Lediglich deutsche Banken sehen sich hinter ihren Wettbewerbern. Interessante Erkenntnisse gibt es auch bei der Selbstwahrnehmung der Banken im Wettbewerbsvergleich: In nahezu allen Ländern sehen sich die Banken vor ihren Wettbewerbern – außer in Deutschland. Deutsche Banken positionieren sich in Bezug auf ihre Digital-Banking-Strategie auffällig zurückhaltend und konservativer als Banken anderer Länder. Hierzulande sehen sich 40 Prozent hinter ihren Wettbewerbern, in Großbritannien sind es beispielsweise gerade einmal 19 Prozent. Vor der Konkurrenz sehen sich 22 Prozent der deutschen Banken, in Spanien sind es mit 46 Prozent mehr als doppelt so viele, in Italien 41 Prozent. Unangefochten ist das Selbstbewusstsein der Schweizer Banken: 24 Prozent beurteilen ihren Wettbewerbsvorsprung sogar als sehr deutlich.
Erkenntnisse für Deutschland auf einen Blick
Deutsche Banken befinden sich mitten in der digitalen Transformation – bei 36 Prozent steht die Digitalisierungsstrategie auf dem Papier fest. Insgesamt 81 Prozent arbeiten mit Hochdruck an der Implementierung – vorwiegend parallel zum Strategieprozess. Im Gegensatz zu den anderen Ländern wurde jedoch bislang keine dieser Strategien vollständig umgesetzt. 6 Prozent geben an, keine Strategie zu besitzen. Besonders auffällig ist die enorme Divergenz bei der Einschätzung von Relevanz und Kompetenz beim Management von Kundendaten: Im Schnitt wird das eigene Know-how um die Hälfte geringer bewertet als die beigemessene Bedeutung. Kundenbindung und -zufriedenheit gelten weiterhin als Schlüsselthemen, darauf folgt die Rentabilität. Als größte Hürde wird mit 73 Prozent die Integration neuer Lösungen in bestehende IT-Systeme und -Landschaften bewertet, die andere Länder deutlich weiter hinten einordnen. Im Ländervergleich setzen außerdem doppelt so viele der deutschen Finanzexperten (10 Prozent) auf die reine Digitalbank – der mit Abstand höchste Wert. Nur 14 Prozent sehen in der klassischen Bankfiliale eine Zukunft – wiederum die geringste Bewertung. Sie präferieren mit jeweils 23 Prozent hybride Filialen sowie die Flagship-Variante.
Resümee: Nur wer Kunden begeistert, wird im Wettbewerb siegen
Noch ist Zeit, die Konkurrenz zu überholen: Die Entwicklung der Digitalisierungsstrategie ist in der Finanzindustrie zwar vorangeschritten – die Umsetzung hinkt jedoch weiter hinterher. Nun gilt es, das Konzept vom Papier auch in die Tat umzusetzen. „Nur wer die digitale Bank der Zukunft konsequent und mit Nachdruck aufbaut, wird seine Kunden begeistern, die Kosten in den Griff bekommen und letztendlich den Wettbewerb klar für sich entscheiden“, bringt es Lulay auf den Punkt.
Die GFT stellt zur Studie auch noch eine Infografik im PDF-Format bereit, die Sie bei uns hier abrufen können.aj
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