Spannende Zeiten im Banking – APIs auf allen Ebenen
Es war eine äußerst spannende Banking-Woche: Zuerst der beeindruckende Start der solarisBank, dann die Ankündigung der Sutor Bank gemeinsam mit PASS, mehr denn je auch Technik-Provider zu sein, zudem die anstehende 40 Mio. Runde von number26, um selber eine Banklizenz zu beantragen und last but not least die Übernahme einer Banking-Kerntechnologie durch figo. Wir haben den führenden Kopf der FinTech-Szene und das “Rat Pack” um ihre Einschätzung gebeten.
von André M. Bajorat & “Rat Pack”
Wenn man sich als Kenner der Branche kurz zurücklehnt, kann man eigentlich nur schmunzeln: Online Banking Schnittstellen, Multibanking, Zahlungsverkehr, Abwicklungsprozesse, On-Boarding, Treuhandkonten, Real-Time, KYC, Kernbanksystem, PSD2, XS2A, … Dieser jahrelang langweilige Kram ist plötzlich spannend? Ja scheinbar! Und warum?API´s sind einer der entscheidenden Schlüssel zum Erfolg an der digitalen Kundenschnittstelle”
“Langweiliger Kram” ist plötzlich spannend
Coole und schöne neue Frontends zu bauen, ist sicher nicht einfach, aber doch möglich. Im Banking geht es allerdings um mehr als nur das Frontend. Und genau das wird aktuell deutlich. Es geht um solche langweiligen Dinge, die Banker wohl “Fachlichkeit” nennen und zudem um eine aufsichtsrechtlich saubere Lösung für neue Modelle. Und genau das zu liefern, ist Ziel der neuen Projekte wie solarisBank und auch figo. Und welche Aufgaben übernehmen die verschiedenen Player dabei? Man muss wieder unterscheiden zwischen White Label Bank wie solarisBank oder reinem API Provider wie figo:
White-Label Bank
1. passende Prozesse für die digitale Welt
2. neue Bankprodukte
3. einfache Integration in Geschäftsmodelle
4. Regulatorik im Sinne einer Bank
API Provider
1. Verbindung zur bestehenden Welt der Kunden
2. bestehende Bankprodukte
3. Datenaggregation
4. Regulatorik im Sinne der PSD2
Schön zu sehen, dass sich die beiden Ansätze weitestgehend nicht überschneiden, sondern eine perfekte Ergänzung darstellen.
Personal – aus der Szene, ergänzt um sinnvolle neue Skills
Spannend zu sehen ist, dass die meisten der neuen Banking Infrastrukturprojekte nicht von Newbies sondern von Menschen aus der Szene gestaltet werden, die sich aber zudem Know-How aus anderen Bereichen wie der Mobile- oder eCommerce-Welt hinzuholen. Also aus Industrien, in denen die Digitalisierung schon weiter vorangeschritten ist. Ist das nun schon das Ende der kurzen Liebe zwischen Banken und FinTechs, wie t3n im Zusammenhang mit dem solarisBank Start fragt?
Nein auf keinen Fall. Auch hier muss man wieder unterscheiden in der Art der Zusammenarbeit zwischen Banken und FinTechs. Ich habe es vor einigen Monaten schon einmal versucht klar zu machen – es gibt unterschiedliche Arten der “Kooperation”. solarisBank reiht sich so konsequent wie bisher keiner ein in die Riege der bestehende Player wie Wirecard, biw, Sutor oder Fidor. Diese Unternehmen bieten FinTechs bereits heute ihre Dienste unter anderem auch als White-Label an.
Viele andere Zusammenarbeiten zwischen Banken und FinTechs, wie wir sie weiter mehr und mehr sehen, bleiben davon unberührt. Im Zweifel wird die Dynamik gar noch erhöht.
Was sagt das FinTech “Rat Pack” zum API-Banking-Boom?
Maik Klotz
Maik Klotz
Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment und Retail. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Aktuell ist er als Senior Consultant bei der KI-Finance GmbH aktiv. Er ist Organisator der Reinventing Workshops (www.reinventing.events). Twitter: @klotzbrocken
Maik Klotz ist Berater, Sprecher und Autor zu den Themen Banking, Payment und Retail. Seit vielen Jahren berät Maik Unternehmen zu kundenzentrierten Innovationsmethoden und der Fokussierung auf den Nutzer. Aktuell ist er als Senior Consultant bei der KI-Finance GmbH aktiv. Er ist Organisator der Reinventing Workshops (www.reinventing.events). Twitter: @klotzbrocken
Seitdem es digitales Banking gibt, gibt es den Versuch, Banking zu verbessern. Schon die ersten Online-Banking Software Produkte Mitte der 90er Jahre hatten den Zweck, das traditionelle Online-Banking zu verbessern. Die Möglichkeiten, die Produkte der Banken zu korrigieren, waren gering. Mit APIs wie sie von figo angeboten werden oder Tools von White Label Banken wie die solarisBank ändert sich das. Beide bieten auf ihre Art die Möglichkeit für neue Anwendungsfälle, und das ist auch dringend notwendig. Banking muss nicht langweilig oder dröge sein und Produkte wie Number26, die im Grunde nichts anderes sind als ein Aufsatz auf ein Bank-Produkt, zeigen das.
Auch Produkte wie ein Kontowechselservice wären vor 10 Jahren nicht denkbar gewesen und sind dank APIs endlich möglich. APIs sind nichts anderes als die Öffnung von Diensten. Wer APIs anbietet, sagt: Kommt her, lasst uns neue Produkte kreieren und alle haben was davon. Diese Denkweise gibt es in der Welt der traditionellen Banken viel zu wenig. Das Problem an einer Strategie der Abkapselung liegt auf der Hand: irgendwann kommt jemand und findet einen Weg. Unternehmen wie figo und auch solarisBank demonstrieren das auf unterschiedliche Weise. Fortschritt und Innovation kann man nicht aufhalten oder bremsen. Ist es ein Erdbeben? Nein. Aber der Himmel wird dunkler über Frankfurt.
Kilian Thalhammer
“Es ist nicht das Ende der ‘Liebe’, sondern der Beginn der ‘Party’, zu der zum ersten Mal beide Seiten eingeladen sind. Wer sich dabei am Schluss findet und wer alleine bleibt, ist die spannende Frage über die nächsten Jahre. Sicher bleiben welche ‘über’ und die Modelle der Zusammenarbeit sind mannigfaltig und noch nicht final geklärt. Für eine langfristige Beziehung müssen aber alle noch ein Stück ‘zusammen gehen’. APIs vergrößern die Möglichkeiten in diesem Spielfeld, aber es ist nicht nur die Technologie, sondern auch das MindSet der handelnden Personen, die im Endeffekt den Mehrwert bringen. Am Schluss ist es nicht die Technik alleine, sondern die Kombination von Sichtweisen, Strategien und Einstellungen. Der schnelle Ramp Up der Solaris Bank zeigt auch, dass sich auch hier etablierte Player (BaFin) durchaus nicht immer als ‘Bremsklotz’ erweisen, sondern auch, wenn richtig eingebunden, mitspielen.”
Jochen Siegert
Jochen SiegertJochen Siegert ist Unternehmer, Speaker, Podcaster und Mentor im FinTech- und Payment-Umfeld. Er schaut zurück auf 15 Jahre Erfahrung und Führungspositionen im Zahlungsverkehr (MasterCard, PayPal, Bigpoint und KarstadtQuelleBank). Aktuell ist er Vorstand/COO der traxpay AG sowie im Advisoryboard bei Figo, FinLeap und Savedroid aktiv. Twitter: @jochensiegertAuch wenn man in den Frankfurter Türmen wohl eher schmunzelt als ein Erdbeben (wie vom IT-Finanzmagain dargestellt) auch nur im Ansatz spürt – vieles wiederholt sich: Genauso wie die aktuellen Entwicklungen von FinTechs teilweise bis heute weggelächelt werden – obwohl zeitgleich mehr und mehr ehemalige Top-Banker bei FinTech StartUps anheuern, wie man das Phänomen PayPal als rein US-amerikanische Entwicklung abtat, da wir in Europa im Zahlungsverkehr vieeeel weiter entwickelt seien und angesichts Lastschrift und Online-Banking Payment gar kein Kundenbedarf bestünde etc.
API-Banking ist eine klare Entwicklung nicht nur in Deutschland, denn FinTechs legen auf das “Tech” einen viel größere Schwerpunkt und nutzen dabei die Möglichkeiten, die sich bieten. Die Banklizenz ist für das FinTech ein “Commodity”, entweder ausgelagert an eine White-Label-Bank oder nach Skalierung selbst beantragt wie PayPal zeigte, wie eine Number26 es derzeit zeigt. Was bedeutet das für den Markt? McKinsey, Accenture, Roland Berger und Co. haben bereits umfangreiche Studien veröffentlicht, wieviel Prozent der Erträge der etablierten Banken durch FinTechs bedroht sind.
Das passiert nicht heute und nicht morgen, da FinTechs noch immer StartUps sind, die in Wachstum investieren, statt schon Geld zu verdienen. Was aber derzeit passiert, ist die Etablierung der Grundlagen für die neuen PayPals, und die White-Label Banken und API-Banking Service Anbieter sind das Öl im Getriebe dieser Entwicklung. Ob es FinTechs sind, die dann das Gaspedal treten oder die großen Online-Konzerne wie Facebook, Apple, Google und Co. oder eben auch die etablierten Banken, die hier Chancen nutzen, wird sich noch zeigen. Genauso wie “dieses Internet” und “dieses Mobil-dingens” nicht mehr “weggeht”, lassen sich die Entwicklungen im Banking nicht mehr aufhalten. Wir sehen daher derzeit eine Situation wie Anfang der 2000er im Online-Handel und noch sind die neuen Marktanteile nicht aufgeteilt.
Rafael Otero
Rafael OteroRafael Otero ist Unternehmer, Business-Angel und Mentor im Startup- und FinTech-Umfeld. Rafael schaut zurück auf über 10 Jahre Erfahrung im Payment Bereich, in denen er in Führungspositionen oder als Co-Founder aktiv war. Aktuell ist er Co-Founder bei payleven, der globalen Kartenakzeptanz-Lösung für KMUs. Twitter: @rotero
Banken und FinTechs werden sich auch weiterhin gegenseitig brauchen und hoffentlich mehr denn je “befruchten”. Bisher war diese Beziehung eine recht einseitige. Die FinTechs sorgten für neuartige Kundenakquisitionskanäle und “verpackten” althergebrachte Bankendienstleistungen in neue, “hübschere”, benutzbarere und zeitgemäßere Kleider. Die Banken waren oder sind bisher weiterhin der Zugang der FinTechs in die bestehende Zahlungs- / Bankeninfrastruktur. Das Aufkommen neuer White-Label-Banken, die mit dem Mindset der API-fizierung entstehen, stellen ein echtes Novum dar und eröffnen den FinTechs einen wesentlich feingranularen Zugang in die bestehende Infrastruktur. Nunmehr müssen FinTechs nicht mehr “alles” einer traditionellen Bank “einkaufen”, sondern können sich ihrem Bedarf entsprechend bei White-Label-Banken nur die benötigten Dienstleistungen einkaufen. Dies sollte den traditionellen Banken zu denken geben und hoffentlich ein Umdenken beschleunigen. Die Kundschaft FinTech braucht besseren Zugang zu Teilen der Infrastruktur und die bestehende Bankenlandschaft täte gut daran, sich als Öko-System-Enabler neu zu erfinden. Wenn nicht, werden FinTechs zu einigen wenigen API-fizierten White-Label-Partnern abwandern, und diese neuen Banken werden die Gewinner sein.
André M. Bajorat
API Banking wird in Zusammenspiel mit der PSD2 und XS2A das BANKING nachhaltig verändern. Mobile Banking war da nur ein Anfang und erst jetzt wird sich wirklich entscheiden, wer das digitale Frontend der Zukunft sein wird. Zudem wird Banking endlich in Prozesse integriert werden und sich daher mehr und mehr dem Payment anpassen.aj
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