ALDI und LIDL: „le sans contact“ – der ohne Kontakt!
In Frankreich verwendet man für neue Technologien gerne eigene Wortkreationen in französischer Sprache. Das schnöde Übernehmen von Anglizismen ist bei unseren Nachbarn nicht angesagt. Ein PC heißt beispielsweise „Ordinateur“ oder ein Walkman „Balladeur“. Das NFC basierte Bezahlen wird daher als „le sans contact“ (der ohne Kontakt) bezeichnet. Mit “ohne Kontakt” kann man jetzt bundesweit in allen ALDI Filialen (Nord und Süd) und ab dem ersten Februar 2016 auch bei LIDL bezahlen.
von Rudolf Linsenbarth
NFC ist nach der Kreditkartenakzeptanz der zweite konsequente Schritt der beiden Discounter Riesen auf dem Weg hin zu Mobile Payment. Mit dem Einschalten der NFC Schnittstelle an den POS Terminals ist auch der Weg frei, dort mit dem Handy zu bezahlen, wie es z.B. die Mobilfunkunternehmen anbieten.Der zögerliche Weg dahin zeigt aber auch wie schwer sich der Lebensmitteleinzelhandel mit den neuen Bezahlverfahren tut. Der Paradigmenwechsel in der Payment Strategie dieser beiden äußerst preissensiblen Discounter hat seinen Ursprung in der am 9. Dezember 2015 in Kraft getretenen Regulierung der Interbankenentgelte. Damit rücken die Gebühren für Kreditkarten in Schlagweite der in Deutschland dominierenden Girocard. LIDL und Kaufland (beide Schwarz Gruppe), ALDI und der zur EDEKA gehörende Discounter Netto verkündeten im Sommer diesen Jahres von nun an auch Kreditkarten zu akzeptieren.
Für Insider: Das Timing war besonders interessant
Begonnen hatte ALDI Nord mit der Ankündigung dort ab sofort kontaktloses Bezahlen zu ermöglichen. Die Akzeptanzverträge für MasterCard und VISA Kreditkarten waren aber noch nicht unterschrieben. Somit konnte man zu diesem Zeitpunkt nur VPay und Maestro, der Mobilfunkunternehmen, sowie eine nicht mehr aufgelegte Maestro Karte von Payback einsetzen. Während alle Welt noch rätselte warum ALDI das macht, kam knapp zwei Wochen später von Kaufland die Information, dass man in Zukunft auch Kreditkarten akzeptieren würde. LIDL, ALDI SÜD und Nord zogen am selben Tag mit Ihren Pressemeldungen im Stundentakt hinterher.
Wer jetzt glaubte mit der Kreditkarte würde gleichzeitig auch das kontaktlose Bezahlen aktiviert, wurde enttäuscht.
Obwohl die Terminalinfrastruktur bei allen vier Unternehmen vorhanden war, konnten die Kunden dies nur bei ALDI Nord einsetzen. Bei den anderen Unternehmen Schweigen im Wald. Man arbeite intensiv an der Umsetzung hieß es. Wobei man sich fragte, was es da noch zu tun gäbe. Die POS Terminals entsprechen dem allgemeinen Standard, die Acquirer von ALDI und LIDL bieten kontaktloses Bezahlen bereits für viele andere Händler an. An den Tankstellen ist es schon seit mehreren Jahren im Einsatz und auch bei ALDI Nord gab es keine Meldungen über größere Probleme. Eigentlich muss man nur dem Kassenpersonal erklären wie es funktioniert und dann den Schalter umlegen. Aber vielleicht war das genau das Problem. Gerade erst hatte man die Kreditkartenakzeptanz eingeführt. Die Frage ob eine Unterschrift fällig ist, oder die PIN reicht, hat dabei schon zu einiger Verwirrung geführt.
Ende des Jahres: erste Lebenszeichen von Kaufland
Im Raum Dresden wurde die kontaktlose Technik pilotiert. Anscheinend ohne größere Probleme. Beim nachfolgenden stillen Rollout wurde aber wohl das Kassenpersonal nicht immer instruiert, was zu einigen Unmutsäußerungen in den sozialen Netzwerken führte. Die Unstimmigkeiten konnten schließlich aus dem Weg geräumt werden. Damit kann Kaufland für sich in Anspruch nehmen als erster Lebensmittel Discounter bundesweit das kontaktlose Payment von VISA und MasterCard eingeführt zu haben.
Nach Kaufland, war beim ebenfalls zur Schwarz Gruppe gehörenden Schwesterkonzern immer noch vorsichtiges Abwarten das Gebot der Stunde. Obwohl LIDL zum Beispiel in Spanien seit einem Jahr die Technik kennt. Irgendwie hatte man Angst den Deutschen Kunden oder das Kassenpersonal zu überfordern. Dafür pirschte sich Netto still heimlich und leise an das Thema kontaktlos heran. Ohne großes Aufsehen wurden die Terminals getauscht und die NFC Funktion aktiviert. Dass die Reflexe von LIDL auf den siamesischen Zwilling ALDI noch funktionieren, zeigte sich etwas später. Auch ALDI Süd hatte am 10.12.2015 die Umstellung mittlerweile abgeschlossen und bekannt gemacht. Umgehend zog LIDL anscheinend eine vorbereitete Pressemitteilung aus dem Hut in der stand, dass man bei LIDL spätestens ab dem 1. Februar 2016 kontaktlos bezahlen kann.
Zu welchem Erkenntnisstand führt dieser Hickhack?
Die Schwergewichte im deutschen Lebensmittelhandel führen neue Bezahlverfahren nur sehr dosiert ein. Selbst so kleine Änderungen an einer Kartenzahlung wie Vorhalten statt Stecken und der Verzicht auf eine PIN oder Unterschrift bis zu einem gewissen Betrag, ist ein Staatsakt. Allerdings wenn die oben genannten Unternehmen einer technischen Innovation ihren Segen geben, hat dies eine enorme Signalwirkung! Jeder Kunde wird durch mehrmalige Nutzung pro Woche mit der Handhabung schnell vertraut.
… und wer ist nicht dabei?
Interessant auch welche unter den Top 10 Lebensmittelhändler nicht dabei sind. Lässt man mal den Spezialfall Lekkerland außen vor, so sind das mit REWE, der Metro Gruppe und dm Drogeriemarkt allesamt Händler die am Bonus Programm PayBack teilnehmen. Ob diese Unternehmen dem mobilen Bezahlsystem des Kundenbindungsprogramms keinen Startnachteil bescheren wollen, oder ob die kontaktlos Abstinenz von Dauer sein wird, sehen wir wahrscheinlich in 2016.rl
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