Mainframe-Abhängigkeit: Technische Schuld – aber muss es wirklich die Cloud sein?

Senacor Technologies
von Boris Bathow und Philipp Koch, Partner bei Senacor Technologies
Eine Mainframe-Migration ist definitiv ein komplexes, mehrjähriges Projekt, das sorgfältig geplant werden muss.
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Der erste Schritt ist immer eine genaue Analyse der aktuellen Herausforderungen und der Ziele, die mit der Migration erreicht werden sollen.
Erst mit diesen genau definierten Zielen lässt sich ableiten, ob eine Migration sinnvoll ist und welche Strategien infrage kommen. Das ist entscheidend, um zu vermeiden, dass langjährige Migrationsprojekte am Ende nicht die gestellten Erwartungen erfüllen und „versunkene“ Kosten entstehen.
Die Wahl der Migrationsstrategie bestimmt auch, welche Betriebsoptionen für die migrierten Anwendungen geeignet sind.”
Dabei sind neben den genannten Herausforderungen auch nicht-funktionale Anforderungen, wie Performance, Skalierbarkeit und Datenkritikalität, zu berücksichtigen – Faktoren, die bei Mainframe-Anwendungen oft eine zentrale Rolle spielen.
In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf einen typischen Anwendungsfall: die Wiederherstellung der Zukunftssicherheit durch eine Mainframe-Migration, um die Innovationskraft und Agilität für die Entwicklung neuer digitaler Produkte zu steigern.
Bestehende Herausforderungen eines Mainframes und Ziele der Migration müssen definiert werden
Um die Ziele einer Mainframe-Migration zu definieren, müssen wir zunächst einen Blick auf die bestehenden Herausforderungen werfen. Basierend darauf lassen sich die jeweiligen Herausforderungen bewerten und individuell Ziele daraus ableiten. Typische Herausforderungen einer bestehenden Mainframe-Anwendung sind:
- Hohe Betriebskosten
- Fachkräftemangel
- Mangelnde Agilität und Innovationskraft
- Integration in die Moderne IT-Landschaft
- Sicherheit und Compliance-Risiken
- Zukunftssicherheit
Dreht man diese Herausforderungen eines Unternehmens um, ergeben sich für uns folgende Ziele für eine Migration:
- Kostenreduzierung
- Steigerung der Agilität
- Zugang zu modernen Technologien
- Fachkräftesicherung
- Zukunftssicherheit
Diese Ziele müssen hinsichtlich ihrer Priorität individuell bewertet werden.
Bei unseren Kunden beobachten wir vor allem die Treiber Zukunftssicherheit, Fachkräftesicherung, Innovationskraft und Agilität.”
Die Wahl des passenden Migrationsansatzes ist das Fundament für eine nachhaltige Lösung
Für die Wahl der richtigen Strategie sind die individuellen Ziele und deren Priorität maßgeblich. Im Folgenden werden die verschiedenen Strategien aufgezählt und kurz beschrieben. Wir betrachten folgende Strategien:
- Rehosting (Lift-and-Shift): Wechsel in eine virtuelle Mainframe-Umgebung oder Outsourcing
- Performance-Optimierung: Effizienzsteigerung zur Senkung der Betriebskosten
- Replatforming (Code-Transformation): Automatische Code-Umstellung, z. B. von Cobol zu Java
- Refactoring (Re-architecting): Manuelle Optimierung zur besseren Wartbarkeit
- Rebuild (Neuentwicklung): Vollständige Neuentwicklung der Anwendung
- Replacement (Ersatz durch Kaufprodukt): Standardsoftware statt individueller Entwicklung
Entsprechend der zuvor definierten Ziele muss nun die passende Strategie gewählt werden. Eine stark vereinfachte Entscheidungshilfe bietet diese tabellarische Übersicht (Sie ersetzt natürlich keine spezifische Analyse und Beratung):

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Eine schrittweise Migration erleichtert die Anpassung von Betriebsprozessen

Philipp Koch ist Partner und Head des Cloud Chapter von Senacor Technologies (Website). Er verfügt über 18 Jahre Erfahrung in der Umsetzung komplexer IT-Transformationsprojekte in den Bereichen Banking, eCommerce und Logistik. Ursprünglich in der klassischen Java Backend-Entwicklung und Architektur verwurzelt, hat er seinen Fokus in den letzten Jahren zunehmend auf DevSecOps Engineering und Architektur verlagert, sowohl in privaten als auch in öffentlichen Cloud-Umgebungen. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Migration von On-Premises-Legacy-Systemen – einschließlich der aktuellen Mainframe-Migration – hin zu Cloud-nativen Anwendungen. Dabei verfolgt er verschiedene Cloud-Strategien. Innerhalb des Cloud Chapters untersucht Philipp mit seinem Team Innovationen mit Blick auf Markttauglichkeit.
Nachdem die Ziele definiert und sich für ein Lösungsansatz entschieden wurde, steht die Frage im Raum, welches Vorgehen für die Migration gewählt werden soll? Zwei Strategien kommen exemplarisch dafür in Betracht.
Generell ist zu empfehlen, eine Mainframe-Anwendung schrittweise zu migrieren und so einen Big-Bang zu vermeiden.”
Auch hier ist der Schlüssel zum Erfolg die Individualisierung der Vorgehensweise an die bestehende Mainframe-Anwendung. Die erste Variante ist die auf Modulen bzw. Komponenten basierte Migration. Dabei wird die Mainframe-Anwendung unterteilt in deren Cobol-Module bzw. Komponenten.
Dieser Ansatz ist mehr technisch getrieben und ist eher geeignet für das zuvor beschriebene Refactoring.
Ein anderer Ansatz ist die Nutzung des „Strangler Fig-Patterns“. Dies beschreibt aus der fachlichen Sicht die Unterteilung der Mainframe-Anwendung in deren fachliche Anwendungsfälle. Parallel zur bestehenden Mainfraime-Anwendung wird die neue Applikation aufgebaut. Über eine Migrationskomponente werden nach und nach einzelne Anwendungsfälle von der alten auf die neue Anwendung umgeleitet und dort verarbeitet.
Unser bevorzugter Ansatz ist die Verwendung des „Strangler Fig-Pattern“, da durch die Unterteilung nach Anwendungsfällen im Folgenden die Tests stärker aus der fachlichen Sicht betrachtet werden können.”
Basierend auf der Migrationsstrategie muss zudem eine individuelle Teststrategie entwickelt werden.
Eine individuelle Cloud-Strategie ist entscheidend für die zu Anfang gesetzten Migrationsziele
Die Migration von Mainframe-Anwendungen auf moderne Plattformen ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine strategische Entscheidung, die langfristige Auswirkungen auf die IT-Infrastruktur und die Geschäftsprozesse eines Unternehmens hat. Eine der zentralen Fragen dabei ist: Wo und wie soll die neue Umgebung gehostet werden? Aus unserer Sicht bietet eine „Cloud-artige“ Umgebung die besten Voraussetzungen, um die Vorteile von Agilität, Skalierbarkeit und Innovation zu nutzen.
Warum eine Cloud?
Cloud-Umgebungen ermöglichen schnelle Ressourcenbereitstellung, bedarfsgerechte Skalierbarkeit und Kosteneffizienz durch Pay-as-you-go-Modelle.”
Ein weiterer Vorteil ist der Zugang zu modernen Technologien wie KI und Big Data, die auf Mainframes schwer umsetzbar sind. Durch kontinuierliche Modernisierung ist für Zukunftssicherheit gesorgt.
Die Wahl der Hosting-Strategie ist entscheidend für die Zukunft eines Unternehmens. Eine Cloud-Infrastruktur bietet Agilität, Skalierbarkeit und Innovationskraft. Eine Auswahl der passenden Hosting-Strategie sollte hier stark an den Zielen und auch Anforderungen des Unternehmens ausgerichtet sein.
Aufgrund der aktuellen Politischen Lage kann es zudem sinnvoll sein, hier über Alternativen zu den großen Hyperscalern nachzudenken.
Im Bereich EU-Cloud und Private Cloud Providern gibt es in den letzten Jahren immer bessere Angebote.”
Um diese umfassende IT-Transformation erfolgreich bewältigen zu können, empfehlen wir die Etablierung eines starken Plattformteams.
Fazit
Die Migration von Mainframe-Anwendungen in die Cloud stellt eine bedeutende strategische Herausforderung dar, die Unternehmen vor essenzielle Fragen zu ihrer IT-Zukunft und Wettbewerbsfähigkeit stellt.
Um den Übergang erfolgreich zu gestalten, ist eine gründliche Analyse der bestehenden Herausforderungen sowie der definierten Migrationsziele unerlässlich.”
Die hohen Betriebskosten, der Fachkräftemangel, die mangelnde Agilität und die Integration in moderne IT-Landschaften sind nur einige der Aspekte, die betrachtet werden müssen.
Zudem ist die Implementierung einer individuellen Cloud-Strategie nötig. Cloud-Umgebungen bieten nicht nur Vorteile in Bezug auf Skalierbarkeit und Kosteneffizienz, sondern eröffnen auch Zugänge zu modernen Technologien, die für die Innovationskraft eines Unternehmens entscheidend sind. Bei der Auswahl der Verantwortlichkeiten für das Hosting ist es wichtig, die spezifischen Anforderungen und Ziele des Unternehmens zu berücksichtigen.Boris Bathow und Philipp Koch, Senacor Technologies
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