STRATEGIE19. Februar 2025

Vision für morgen: Die Rolle von CBDCs im digitalen Finanzökosystem Europas

CBDC/ Digitaler Euro: Szenarien, Designoptionen und Auswirkungen – von Bundesbanker Burkhard Balz
Deutsche Bundesbank

Auf der Frankfurt Digital Finance Conference sprach Bundesbankvorstand Burkhard Balz über die künftige Rolle von CBDCs im Finanzsystem Europas sowie deren beabsichtigen Zweck. Zudem erläuterte er Entwicklungen bei Wholesale CBDC. Eine Zusammenfassung seiner englischen Rede, die Sie hier vollständig im Original nachlesen können.

von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank

Die Digitalisierung des Finanzsektors ist nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Neue Technologien halten im Zahlungsverkehr Einzug und neue Geldformen wie digitale Zentralbankwährungen und Stablecoins entstehen als Alternativen zum physischen Bargeld.

All diese Entwicklungen stellen die Notenbanken vor neue Herausforderungen. Letztlich müssen sie gemäß ihrem Mandat weiterhin sichere und effiziente Zahlungsströme gewährleisten. Zudem nüssen sie ihre Rolle in einer zunehmend digitalisierten Welt neu definieren, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in unser Währungssystem aufrechtzuerhalten.

Genau deshalb verfolgen wir im Eurosystem einen proaktiven Ansatz, um die Zukunft des digitalen Finanzökosystems Europas aktiv mitzugestalten.

Was bezwecken wir mit der Einführung eines digitalen Euros?

In einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft müssen wir uns an die veränderten Bedürfnisse und Anforderungen der Verbraucher anpassen und unsere Zahlungsdienste überdenken.

Die drei Hauptmotive hinter einem digitalen Euro fassen wir gerne mit Widerstandsfähigkeit, Autonomie und Effizienz zusammen.”

Widerstandsfähigkeit: Die Grundlage einer unabhängigen und effizienten Geldpolitik ist die Einführung und Nutzung des Euro. Indem wir unsere gemeinsame Währung in ihrer Form als gesetzliches Zahlungsmittel und als moderne digitale All-in-One-Zahlungslösung bereitstellen, ebnen wir ihr den Weg ins digitale Zeitalter und machen sie zukunftssicher und bedarfsgerecht für eine zunehmend digitalisierte Gesellschaft.

Der digitale Euro würde dazu beitragen, die Erfüllung der geldpolitischen Kernfunktionen des Euros aufrechtzuerhalten und den Euroraum durch die Wahrung der Ankerfunktion des Zentralbankgeldes vor konkurrierenden Fremdwährungen und ausländischen Stablecoins zu schützen.

Autonomie: Derzeit ist die europäische Zahlungslandschaft stark von außereuropäischen Anbietern abhängig. Fast 25 Jahre nach der Einführung des Euros verfügen wir noch immer nicht über eine digitale Zahlungslösung, die im gesamten Euroraum genutzt werden kann und auf einer europäischen Infrastruktur läuft. Aus meiner Sicht ist das nicht mit dem Konzept eines europäischen Binnenmarktes vereinbar.

Der Zahlungsverkehr in Europa ist stark von internationalen Systemen abhängig, vor allem von denen in den USA. Gegenwärtig werden knapp zwei Drittel aller Kartenzahlungen im Euroraum von außereuropäischen Anbietern abgewickelt. Ich glaube, dass Europas Abhängigkeiten wahrscheinlich noch zunehmen werden, wenn wir die Dinge nicht selbst in die Hand nehmen.

Effizienz: Durch ein paneuropäisches Zahlungssystems in technisch moderner Form würden wir Wettbewerb und Innovation im Zahlungsverkehr in ganz Europa fördern. Das ist unserer Ansicht nach der beste Weg zu mehr Effizienz im Zahlungsverkehr. Die heutigen Zahlungsinitiativen wie BIZUM oder WERO könnten den digitalen Euro in ihre Zahlungsanwendungen integrieren und so unmittelbare Reichweite in ganz Europa erlangen.

Was würde ein digitaler Euro für den einfachen Bürger bedeuten?

Ich glaube, dass der digitale Euro den Zahlungsverkehr verbessern und das Leben der 350 Millionen Einwohner des Euroraums erleichtern würde. Er würde als zusätzliches Zahlungsmittel neben Bargeld dienen. Als digitales Upgrade von Banknoten und Münzen wäre er eine „All-in-One-Zahlungslösung“. Das heißt, er könnte in fast allen alltäglichen Zahlungssituationen eingesetzt werden, darunter an der Kasse im Einzelhandel, bei Transaktionen unter Freunden und Familie, bei Online-Einkäufen und bei Zahlungen an oder von Behörden.

Darüber hinaus wäre er die erste digitale Währung, die sowohl online als auch offline genutzt werden könnte, also auch bei einem Ausfall des Internetempfangs. Die Ausgestaltung des digitalen Euros würde sicherstellen, dass er den größtmöglichen Grad an Privatsphäre für die Nutzer bietet, vergleichbar nur mit Bargeld. Kein anderes digitales Zahlungsmittel in Europa bietet derzeit all diese Funktionen.”

Wir müssen sicherstellen, dass der digitale Euro den höchsten Datenschutzstandards entspricht, widerstandsfähig gegen Cyberbedrohungen ist und sich nicht negativ auf die Finanzstabilität auswirkt.

Wholesale CBDC

Wir müssen digitale Transaktionen mithilfe neuer und innovativer Technologien wie der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) in Zentralbankgeld abwickeln können. Rund um die Tokenisierung von Wertpapieren entwickelt sich derzeit ein ganzes Ökosystem, das alle Teile des Finanzsystems einbezieht. Die Vorteile der DLT, wie die automatisierte Abwicklung mittels Smart Contracts und der geringere Abstimmungsbedarf, liegen auf der Hand.

Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, benötigen wir einen innovativen Abwicklungsmechanismus für die Geldseite, der Transaktionen in Zentralbankgeld abwickelt. Wir arbeiten daher an der Entwicklung von CBDC-Großhandelslösungen, die es Banken ermöglichen, DLT-basierte Finanzmarkttransaktionen in Zentralbankgeld abzuwickeln.

Das Eurosystem hat kürzlich eine Untersuchungsphase abgeschlossen, in der wir verschiedene neue Technologien für die Abwicklung von Zentralbankgeld im Großhandel anhand realer Transaktionen getestet haben. Auch die Bundesbank hat sich mit ihrer „Trigger-Lösung“ beteiligt, die eine Brücke zwischen DLT-Plattformen und dem herkömmlichen Zahlungssystem TARGET schlägt. Die Rückmeldungen, die wir bisher aus dem Markt erhalten haben, waren sehr positiv. Man kann schon jetzt sagen, dass die Untersuchungsphase ein voller Erfolg war.

Die Vorteile von DLT liegen im Potenzial, die derzeitigen Mängel des Ökosystems wie Fragmentierung, Komplexität, Überintermediation und technologische Ineffizienzen anzugehen und zu überwinden, die das Wachstum einer digitalen Kapitalmarktunion behindern.

Durch die Entwicklung eines neuen Ökosystems von Grund auf könnte dieses besser integriert und harmonisiert werden. Es könnte über ein „gemeinsames Schienensystem“ verfügen – ein gemeinsames Hauptbuch oder ein Netzwerk vollständig interoperabler Hauptbücher –, das Erreichbarkeit, offenen Zugriff und Kompatibilität zwischen den Diensten aller Teilnehmer gewährleisten würde.

Unser Hauptaugenmerk liegt nun auf einer kurzfristigen Großhandelslösung, um den unmittelbaren und wachsenden Anforderungen des Marktes gerecht zu werden. Dies verschafft uns die nötige Zeit, um an einer Vision für eine langfristige Lösung für CBDC im Großhandel zu arbeiten. Eine Lösung, die letztlich Hand in Hand mit dem sich entwickelnden Ökosystem der Finanzmärkte gehen muss.

Zahlungen zwischen Unternehmen (B2B)

Gemeinsam mit dem Eurosystem richtet die EZB ihren Fokus auf Zahlungen zwischen Unternehmen, kurz B2B-Zahlungen. Im vergangenen Oktober veranstaltete die EZB einen speziellen Workshop zu Innovationen im B2B-Zahlungsverkehr und der Rolle, die Zentralbankgeld dabei spielen könnte.

Dieser Workshop bot eine einzigartige Plattform, um mehr über die potenziellen Anwendungsfälle auf dem Markt zu erfahren. Angesichts des großen Interesses am ersten Fokus-Workshop bin ich sicher, dass dies nicht der letzte dieser Art sein wird.

Ausblick

Die Einführung des digitalen Euros und die Erforschung von CBDC- und B2B-Anwendungsfällen im Großhandel sind ein klares Bekenntnis zur Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit Europas. Es ist entscheidend, dass wir weiterhin zusammenarbeiten und unsere Ressourcen und unser Fachwissen bündeln, um die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen und ein starkes, stabiles und zukunftssicheres digitales Finanzökosystem für Europa zu schaffen.pp

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