Blockchain-Studie: Realitätscheck – bleibt sie aufgrund inhärenter Hürden ein Rohrkrepierer?
Euphorie weicht Realismus” der Cofinpro in Zusammenarbeit mit dem IT Finanzmagazin.
von Adam Zgraja und Jens Hübbers, Manager Cofinpro
Wie groß die Erwartungen und das Potenzial der Blockchain-Technologie für die Branche sind, zeigen folgende Zahlen: 68 Prozent sehen in der Technologie grundsätzlich eine Chance für Finanzdienstleister, ebenso viele halten sie für relevant. Die Zahlen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch eine gewisse Ernüchterung eingetreten ist. Damit folgt die Blockchain beispielhaft dem Gartner-Hype-Zyklus.Dies spiegelt sich auch darin wider, dass die Erwartungen an die Transformationswirkung zurückhaltender sind als in unserer Vergleichsstudie 2016:
Nur noch 43 Prozent sprechen der Blockchain das Potenzial zu, bestehende Geschäftsmodelle zu ersetzen (2016: 73 Prozent).”
Der Marktkonsens macht damit deutlich, dass die Technologie bestehende Finanzprozesse verbessern kann, eine Disruption aber aktuell als unwahrscheinlich gilt.
Die Technologie wird erwachsen
Auch wenn die große Revolution ausbleibt: Die Erwartungen sind hoch, denn die Technologie ist ein geeignetes Instrument, um kritische Herausforderungen im Bankensektor anzugehen. So erhoffen sich drei Viertel derjenigen, die die Blockchain-Technologie als relevant für ihr Unternehmen ansehen, Effizienzsteigerungen. Zwei Drittel sehen die Möglichkeit, ihr Produktangebot zu erweitern. Auch eine positivere Außenwahrnehmung, Wettbewerbsvorteile und eine höhere Prozesssicherheit werden als Vorteile genannt.
Diesen Erwartungen stehen jedoch noch große Herausforderungen gegenüber: Fehlende Anwendungsmöglichkeiten bzw. Marktreife, hohe Investitionskosten, regulatorische Unsicherheiten und nicht vorhandenes Know-how sind wesentliche Hemmnisse.
Die häufigsten Kritikpunkte in der Studie sind das Fehlen eines konkreten Anwendungsfalls für die Blockchain-Technologie im Unternehmen und mangelnde Standards bzw. ein fragmentierter Markt.
Doch gerade der Blick auf diese Punkte zeigt, welche Fortschritte Branche und Gesetzgeber in den vergangenen Jahren – oft fast unbemerkt – bereits erzielen konnten:So haben sich die Bedenken wegen fehlender rechtlicher Regelungen von 2016 bis heute von 66 auf 32 Prozent halbiert.”
Und auch fehlende Standards oder durch die dezentrale Struktur erschwerte Zulassungsverfahren haben deutlich an Relevanz verloren. Das zeigt: Die Technologie wird erwachsen und entwickelt sich zu einem unverzichtbaren Instrument im Werkzeugkasten der Finanzwirtschaft.
Er blickt auf eine mehrjährige Berufserfahrung in der Wirtschaftsprüfung von Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften zurück.
Jens Hübbers, Manager, ist seit 2022 bei Cofinpro (Website). Er berät Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften mit Fokus auf den Bereich Wertpapier. Als Berater begleitet er Projekte im Umfeld von Wertpapier- und Investmentprozessen bei Banken und Kapitalverwaltungsgesellschaften. Er blickt zudem auf eine mehrjährige Berufserfahrung im Banken- und Finanzdienstleistungsbereich zurück und befasst sich seit über zehn Jahren mit den Auswirkungen der Blockchain-Technologie.
Um mit neuen Lösungen möglichst marktbreit und über Unternehmensgrenzen hinweg agieren zu können, wechseln immer mehr Marktteilnehmer von Insellösungen in der Private Chain zu interoperablen oder hybriden Lösungen in der Public Chain. Diese Entwicklung schafft neue Synergien und ermöglicht innovative Geschäftsmodelle – auch für traditionelle Finanzinstitute.
Die Ideen sind da, sie müssen nur umgesetzt werden
Um bestehende Geschäftsmodelle zu modernisieren oder neue Ideen zu realisieren, bietet die Blockchain-Technologie ideale Möglichkeiten. Aktuell besonders im Fokus: die Tokenisierung alternativer Assets und die Etablierung von Kryptowährungen als regulierte Finanzprodukte. Die Chancen für eine gezielte Modernisierung und die Schaffung grundlegend neuer Produktwelten sind enorm.
Wie schnell sich diese Transformation vollziehen kann, zeigen die Erwartungen der befragten Experten:
Die Mehrheit erwartet, dass die Blockchain-Technologie sowohl die Wertpapierbranche als auch den Zahlungsverkehr in den nächsten zehn Jahren grundlegend verändern wird.”
Die Institute sind nun gefordert, diese Potenziale aktiv für sich zu nutzen.
Denn 15 Jahre nach der ersten Blockchain-Transaktion – 2009 wurde mit einer Bitcoin-Transaktion erstmals eine konkrete Anwendung realisiert – geht es nicht mehr um das „Ob“, sondern darum, wie die Blockchain-Technologie in die etablierten Finanzsysteme integriert wird. Und darum, wie es den Instituten gelingt, die technologiespezifischen Vorteile in einen echten Mehrwert für Kunden und Nutzer zu verwandeln.
Über die Blockchain-Studie
Im Oktober 2024 führte die Cofinpro AG gemeinsam mit dem IT Finanzmagazin die Umfrage zum Thema „Blockchain-Technologie“ durch. Es wurden 82 Expertinnen und Experten von deutschen Finanzdienstleistern befragt. Die Studie steht hier zum Download bereit.Adam Zgraja und Jens Hübbers, Cofinpro
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