ALLGEMEIN12. September 2024

Sofortzahlungen und bargeldlose Transaktionen als Treiber im Zahlungsverkehr

World Image / Bigstock

Capgemini Research Institute stellt den World Payments Report 2025 vor, der den Zahlungsverkehr analysiert und aufzeigt, dass sich die Branche mit Konto-zu-Konto-Zahlungen und Sofortüberweisungen neu erfinden wird, aber teilweise auch noch schwer tut. Der Report, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen feiert, prognostiziert, dass Instant Payments bis 2028 weltweit ein Fünftel aller bargeldlosen Transaktionen ausmachen werden (22 Prozent).

 Die rasante Zunahme bargeldloser Transaktionen markiert einen Wendepunkt für Banken und Zahlungsdienstleister, wie Nils Jung, Head of Payments bei Capgemini Invent Deutschland, erklärt. Der stetige Wandel hin zu einem Echtzeit- und offenen Zahlungsverkehrssystem sei unausweichlich. „Unserer Meinung nach hängt der Erfolg entscheidend von der Zusammenarbeit zwischen dem privaten und öffentlichen Sektor ab“, betont Jung. Die Konsumenten verlangen heute nach schnellen und unkomplizierten Zahlungslösungen, während Unternehmen bereit sind, für innovative Lösungen, die ihre Geschäftsprozesse optimieren, tiefer in die Tasche zu greifen.

Seit der Veröffentlichung des ersten World Payments Report (WPR) im Jahr 2004 hat sich die Zahlungsverkehrsbranche grundlegend verändert. Digitale Technologien wie Mobile Wallets, Peer-to-Peer-Zahlungen (P2P) und kontaktlose Transaktionen haben den Markt erobert. Diese Entwicklung wurde nicht nur von der Technologie, sondern auch von regulatorischen Änderungen wie der europäischen Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 vorangetrieben, die als Grundlage für das heutige Open-Banking- und Open-Finance-Ökosystem dient.

Auch wenn einige Finanzinstitute ihr bestehendes Zahlungsverkehrszentrum aufrüsten oder die gemeinsame Infrastruktur von Banken anzapfen, bleibt die Tatsache bestehen, dass die Verbraucher ein unmittelbares Zahlungserlebnis verlangen und Unternehmen bereit sind, für innovative Lösungen, die echte Geschäftsprobleme lösen, einen Aufpreis zu zahlen.

Nils Jung, Head of Payments bei Capgemini Invent Deutschland

A2A-Zahlungen auf dem Vormarsch – Gefahr für Kartensysteme?

Das Zahlungsverkehrsvolumen hat 2023 weltweit 1.411 Milliarden Transaktionen erreicht und wird voraussichtlich bis Ende des Jahres 1.650 Milliarden überschreiten. Der asiatisch-pazifische Raum (APAC) steht dabei an der Spitze, mit einem erwarteten Wachstum von 20 Prozent im Jahr 2024. Der E-Commerce wird von 77 Prozent der Branchenexperten als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung gesehen. Bis 2028 könnte das globale Volumen bargeldloser Zahlungen auf 2.838 Milliarden ansteigen.

capgemini

Eine der interessantesten Entwicklungen im Zahlungsverkehr ist der Aufstieg der Konto-zu-Konto-Zahlungen (A2A). Diese bieten eine schnellere und kostengünstigere Alternative zu traditionellen Kartenzahlungen, indem sie teure Zwischenschritte der Kartennetze umgehen. Laut Capgemini könnte diese Entwicklung das Wachstum des Kartenzahlungsvolumens um bis zu 25 Prozent mindern und stellt somit eine potenzielle Bedrohung für etablierte Kartensysteme dar. Bis 2027 wird in Europa ein Rückgang der Kartentransaktionen um bis zu 37 Prozent erwartet, was den Druck auf traditionelle Zahlungsdienstleister erhöht, sich anzupassen.

Sofortzahlungen als Treiber für den Zahlungsverkehr

capgemini

Trotz der offensichtlichen Vorteile von Instant Payments – schnellere Abwicklung und Liquiditätsoptimierung – sind viele Banken noch nicht ausreichend vorbereitet. Nur 53 Prozent der Institute sind in der Lage, sowohl Sofortüberweisungen zu senden als auch zu empfangen. Viele Banken zögern noch, Sofortzahlungen vollständig zu implementieren, da sie Sicherheitsbedenken haben und den Mangel an soliden Betrugsschutzmaßnahmen fürchten. Hinzu kommen Liquiditätsprobleme, die einige Banken dazu veranlassen, Instant Payments lediglich zu empfangen, nicht aber zu senden.

Diese langsame Anpassung könnte jedoch zu einem ernsten Problem werden. Die EU-Verordnung über Sofortzahlungen (Instant Payment Regulation, IPR) tritt im Oktober 2025 in Kraft und verpflichtet alle Banken in der EU, vollständige Sofortzahlungsfunktionen anzubieten. Der Druck auf die Finanzinstitute wächst, da nur 5 Prozent als vollständig bereit gelten, um die Einführung von Sofortzahlungen voranzutreiben.

capgemini

Auch in der Unternehmenswelt birgt die Einführung von Sofortzahlungen enormes Potenzial, insbesondere im Bereich der Treasury-Systeme. Laut dem Bericht arbeiten mehr als 80 Prozent der Unternehmen noch immer mit manuellen, papierbasierten Prozessen in der Kontenabstimmung. Dies führt dazu, dass bis zu 7 Prozent der Unternehmenseinnahmen in der Wertschöpfungskette gebunden sind. Echtzeitlösungen wie Instant Payments könnten Unternehmen hier einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie den Cashflow verbessern und Milliarden freisetzen, die sonst im System feststecken.

Open Finance: Der nächste große Schritt?

Open Finance, eine Weiterentwicklung des Open Banking, könnte der nächste große Umbruch im Finanzwesen sein. Länder wie Australien, Brasilien, Indien und Singapur treiben Initiativen voran, um den Datenaustausch für Einzelpersonen und Unternehmen zu erleichtern. Dennoch stehen Banken vor großen Herausforderungen: nicht standardisierte APIs, mangelnde Kontrolle über die Datennutzung und fehlende Anreize zur Datenfreigabe bremsen die Einführung von Open Finance.

capgemini

Laut dem World Payments Report 2025 befinden sich nur 17 Prozent der Banken in einem fortgeschrittenen Stadium der Einführung von Open-Finance-Produkten, während fast 40 Prozent noch in der Planungsphase sind. Die Regulierung von Open Finance steckt weltweit noch in den Kinderschuhen, sodass viele Finanzinstitute zögern, vollständig in diese Richtung zu gehen.

Der World Payments Report 2025 verdeutlicht den massiven Wandel, der sich im Zahlungsverkehr vollzieht. Digitale und offene Zahlungssysteme bieten enorme Chancen, bringen aber auch Risiken für traditionelle Akteure. Banken und Zahlungsdienstleister stehen vor der Herausforderung, sich schnell an veränderte Kundenerwartungen und regulatorische Anforderungen anzupassen. Besonders Sofortzahlungen und Open Finance könnten die Zahlungslandschaft in den nächsten Jahren radikal umgestalten. Unternehmen, die sich frühzeitig auf diese Veränderungen einstellen, könnten entscheidende Vorteile im Wettbewerb erzielen.

Der World Payments Report 2025 kann hier kostenlos heruntergeladen werden.tw

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert