Disruption durch den digitalen Euro: Ein Paradigmenwechsel in der Zahlungsverkehrsinfrastruktur!
Die bevorstehende Einführung des digitalen Euro, einer digitalen Zentralbankwährung (CBDC) unter der Leitung der Europäischen Zentralbank (EZB), stellt einen Wendepunkt für die Eurozone dar. Diese digitale Revolution verspricht, die Zahlungsverkehrslandschaft grundlegend zu verändern, und erfordert einen starken strategischen Ansatz, um mögliche technische Herausforderungen und Datenschutzfragen zu lösen.
von Prof. Dr. Alexander Schroff und Sabyasachi Ghosh, beide Publicis Sapient
Die EZB prüft derzeit aktiv die Konzeption des digitalen Euro und dürfte dabei aus Implementierungssicht besonders den Datenschutz der Nutzer als Voraussetzung in den Fokus rücken.Die Entscheidung zwischen einem zentralisierten Modell und der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) ist hierbei von entscheidender Bedeutung, da die DLT verbesserte Datenschutz- und Sicherheitsmerkmale wie Pseudonymität bietet. Die Implementierung eines zweistufigen Verteilungssystems, bei dem die EZB den digitalen Euro an Geschäftsbanken zur weiteren Verteilung ausgeben würde, baut auf der bestehenden Infrastruktur auf und gewährleistet gleichzeitig die aufsichtsrechtliche Kontrolle. Wichtig ist, dass in jeder Phase Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre ergriffen werden können.
Die Blockchain-Technologie könnte sich dabei als Schlüsseltechnologie erweisen, die beispiellose Möglichkeiten für Innovationen bietet, insbesondere um die Anonymität der Nutzer zu wahren.”
Der Einsatz anspruchsvoller Modelle wie UTXO (Unspent Transaction Output) würde die Privatsphäre auf Transaktionsebene weiter verbessern und nahtlose Peer-to-Peer-Transaktionen ermöglichen. Dies ebnet den Weg für die Entwicklung programmierbarer Geldanwendungen, die konventionelle Prozesse revolutionieren und gleichzeitig den Datenschutz bewahren. So können beispielsweise automatisierte Zahlungen herkömmliche Arbeitsabläufe neu definieren, indem sie die Offenlegung von Daten minimieren und gleichzeitig die betriebliche Effizienz maximieren und Kosten senken.
Herausforderungen der IT-Implementierung im europäischen Bankensystem
Prof. Dr. Alexander Schroff ist Financial Services Lead DACH bei Publicis Sapient (Website). Er verantwortet Financial Services Practice in der DACH-Region. Der promovierte und habilitierte Branchenexperte verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung. Seine Expertise sammelte er während seiner beruflichen Stationen auf Bankenseite in den Bereichen Investment Banking, Treasury und Global Markets sowie als Berater für hochkomplexe Transformationsprojekte im Kapitalmarkt- und Handelsumfeld.
In Vorbereitung auf die Einführung des digitalen Euro und zur Sicherstellung der Bereitschaft zur Unterstützung von Zentralbank-Digitalwährungen (CBDCs) sollten die europäischen Banken eine Reihe von technischen Voraussetzungen schaffen.
Ein wichtiger Schritt wäre der Einsatz hochleistungsfähiger Transaktionsverarbeitungssysteme, die in der Lage sind, hohe Transaktionsvolumina schnell und effizient mit minimalen Latenzzeiten zu verarbeiten und so Echtzeitabwicklungen zu ermöglichen.”
Zudem ist eine skalierbare Infrastruktur notwendig, die es den Banken ermöglicht, sich dynamisch an Schwankungen des Transaktionsvolumens anzupassen, ohne die Leistung zu beeinträchtigen, so dass auch in Spitzenzeiten eine unterbrechungsfreie Abwicklung gewährleistet ist. Eine nahtlose Integration in bestehende Zahlungsverkehrsnetze wäre ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um Echtzeitabwicklungen über verschiedene Plattformen und Systeme hinweg zu ermöglichen, wobei die Einhaltung standardisierter Nachrichtenformate und -protokolle wie ISO 20022 oder SWIFT für die Interoperabilität gewährleistet sein muss.
Darüber hinaus würde der Einsatz fortschrittlicher Datenverarbeitungstechnologien wie Echtzeit-Analytik und künstliche Intelligenz die Geschwindigkeit und Effizienz der Transaktionsverarbeitung erhöhen und damit schnellere Abrechnungen ermöglichen.”
Starke Cybersicherheitsmaßnahmen, einschließlich Verschlüsselungsprotokollen und kontinuierlichen Überwachungssystemen, sind zum Schutz vor potenziellen Bedrohungen im Zusammenhang mit Echtzeittransaktionen elementar. Die Einhaltung strenger regulatorischer Standards ist nach wie vor maßgeblich und erfordert die Implementierung von Kontrollen und Prüfpfaden zur Überwachung und Kontrolle von Transaktionen.
Sabyasachi Ghosh Banken ist Senior Product Manager bei Publicis Sapient (Website). Zuvor war er bei namhaften Unternehmen wie RS Software oder Visa. Im Laufe seiner über 15jährigen Karriere war der Branchenexperte an diversen Initiativen zur Modernisierung des Zahlungsverkehrs und an digitalen Transformationsprogrammen für Klienten in den USA, Europa und im asiatisch-pazifischen Raum beteiligt. Seine Erfahrung reicht vom Software Engineer und Test Analyst bis hin zum Product Owner und Technical Consultant.
Darüber hinaus sind zuverlässige und schnelle Verbindungen für die Übertragung von Transaktionsdaten in Echtzeit zwischen Banken und Zahlungsdienstleistern unerlässlich, was den kritischen Bedarf an stabilen Netzwerkverbindungen zur Unterstützung unterbrechungsfreier Abwicklungen verdeutlicht. Wenn die europäischen Banken die genannten technischen Anforderungen ganzheitlich angehen, können sie eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung eines effizienten und sicheren Betriebs des digitalen Euro spielen.
Nahtlose Integration in bestehende Finanzinfrastruktur
Der Erfolg des digitalen Euro hängt potenziell auch von seiner Fähigkeit ab, sich nahtlos in die bestehende Finanzinfrastruktur zu integrieren und dabei die Privatsphäre zu wahren.”
Die mögliche Anbindung des digitalen Euro an Initiativen wie die Europäische Zahlungsverkehrsinitiative (EPI), mit der ein einheitliches europaweites Zahlungsverkehrssystem geschaffen werden soll, könnte eine breite Akzeptanz erleichtern und die Fragmentierung innerhalb des Euroraums verringern. Während des Integrationsprozesses sollten jedoch Datenschutzaspekte berücksichtigt werden. Bestehende Sofortzahlungsinitiativen wie das SEPA Instant Payments Scheme (TIPS) können eine Grundlage für digitale Euro-Transaktionen in Echtzeit bilden. Ein Konzept für den sofortigen Umtausch von CBDC in Fiat-Währung könnte darin bestehen, bestimmte Konten der Geschäftsbanken bei der EZB zu definieren. Auf diese Konten würde im Voraus Geld in Fiat-Währung eingezahlt werden. Wenn ein Nutzer über eine Sofortzahlungsschiene wie TIPS einen Umtausch von digitalen Euro in Fiat-Währung veranlasst, kann die Geschäftsbank dem Konto des Nutzers sofort Fiat-Währung gutschreiben, indem sie den entsprechenden Betrag ihres vorfinanzierten Kontos bei der EZB abbuchen würde. Dieser nahezu sofortige Austausch nutzt die bestehende Infrastruktur und gewährleistet gleichzeitig eine Abwicklung in Echtzeit.
Aus Datenschutzgründen sollte jedoch sichergestellt werden, dass die Verbindung zwischen der digitalen Euro-Geldbörse des Nutzers und dem Fiat-Währungskonto anonym bleibt.”
Der digitale Euro als Katalysator für Innovation, Datenschutz und Transparenz
Da der digitale Euro in greifbare Nähe rückt, sollten die europäischen Banken proaktiv die technischen Anforderungen für eine erfolgreiche Umsetzung budgetieren und planen, um eine erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten. Dies erfordert die Bewältigung komplexer IT-Herausforderungen, den Einsatz leistungsfähiger Transaktionssysteme und die Verstärkung von Cybersicherheitsmaßnahmen. Es bietet jedoch auch die Möglichkeit, die bestehende Infrastruktur und die jeweilige Technologie (z.B. Blockchain) für eine nahtlose Integration und Echtzeitabrechnungen in einem datenschutzfreundlichen Ökosystem zu nutzen. Das richtige Gleichgewicht zwischen Innovation, Datenschutz und Sicherheit könnte nicht nur für den Erfolg des digitalen Euro, sondern auch für die Zukunft des Finanzwesens im Euroraum entscheidend sein. Prof. Dr. Alexander Schroff und Sabyasachi Ghosh, Publicis Sapient
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/209466
Schreiben Sie einen Kommentar