Vom Datensumpf zum Goldschatz: Daten sind die neue Schlüsselwährung für Banken
Die automatisierte Datenanalyse und -verarbeitung gilt als Herzstück der digitalen Transformation in der Finanzindustrie. In Zukunft werden diejenigen Unternehmen zu den Gewinnern gehören, denen es gelingt, Rohdaten automatisiert in Informationen und Wissen umzuwandeln. Doch die Ergebnisse einer aktuellen Expleo-Studie sind ernüchternd: Den meisten Unternehmen gelingt es nicht, einen relevanten Nutzen aus den vorhandenen Daten per KI & ML zu ziehen.
von Luca Stassar – Head of Banking, Financial Services & Insurances Germany, Expleo
Die Art und Weise, wie Unternehmen Daten sammeln, speichern, verarbeiten und daraus Schlüsse ziehen, hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Die neue Datenwelt beeinflusst Geschäftsprozesse, Kundenservice, Personalisierung und Entscheidungsfindung.Wie offensiv bereitet sich die Finanzindustrie auf die Daten-Zukunft vor?
Nach aktuellen Zahlen des Business Transformation Index 2023 von Expleo (zum Whitepaper) sehen 39 Prozent der deutschen Banken und Finanzdienstleister dabei Machine Learning (ML) und Künstliche Intelligenz (KI) als Kernthemen für die digitale Transformation ihres Unternehmens.
Obwohl KI das große Thema dieses Jahres ist, haben noch längst nicht alle Akteure der Finanzindustrie ihre Datenstrategie entwickelt. Ziel muss es sein, die verfügbaren Daten auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden zuzuschneiden. Davon profitieren beide Seiten: Der Kunde erhält das passende, personalisierte Produkt, und der Finanzdienstleister profitiert von einer höheren Konversionsrate und einem besseren Verständnis der Kundenpräferenzen.
Auf dem Weg dorthin sehen sich die Unternehmen jedoch mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert:
Umfassende Nutzung von KI und maschinellem Lernen | 66% |
Daten auf dem neuesten Stand halten | 65% |
Nutzung von Daten zur Schaffung neuer umsatzfördernder Dienste | 64% |
Genauigkeit der Daten | 64% |
Gemeinsame Nutzung von Daten zwischen Systemen und Abteilungen | 64% |
Verknüpfung von Daten und Erkenntnissen mit der Geschäftsstrategie | 63% |
Datenwissenschaftliche/analytische Fähigkeiten | 62% |
Datenverwaltung und -kontrolle | 60% |
Datenkonformität und Datenschutz | 60% |
Datensicherheit | 59% |
Speicherung und Verarbeitung von Daten in großem Umfang | 59% |
Trotz dieser Stolpersteine lohnt sich ein verstärkter Einsatz von KI und ML, da in fast allen Bereichen Vorteile erzielt werden können, wie z.B:
- Automatisierung von Prozessen und Kundeninteraktionen
- Einführung digitaler Geschäftsmodelle
- Senkung der Betriebskosten
- Ermöglichung einer stärkeren Personalisierung des Produktportfolios
- Erfüllung regulatorischer Anforderungen und Unterstützung bei der Betrugserkennung
- Bessere Entscheidungsunterstützung für Kunden und Mitarbeiter
In den folgenden vier Bereichen können ML beziehungsweise KI ihre Stärken besonders ausspielen:
1. Chatbots stehen Rede und Antwort
In der direkten Kundeninteraktion wird die KI mittels Chatbot für den Kunden unmittelbar erlebbar. Moderne Sprachmodelle unterscheiden sich grundlegend von den FAQ-basierten Bots der ersten Generation. Dank neuer Konversationstechnologien können Kunden ihre Fragen nun einfacher und beschreibend formulieren. Der KI-gestützte Chatbot versteht unterschiedlichste Anfragen und antwortet schnell, verständlich und auf Wunsch auch erklärend.
Dank neuer Softwarelösungen ist die Implementierung in der stark regulierten Finanzbranche auch unter Effizienzgesichtspunkten schnell umsetzbar, indem Chatbot-Standardlösungen für spezifische Anwendungen angepasst werden – quasi eine Maßanfertigung aus dem Baukasten. KI-gesteuerte Chatbots übertreffen menschliche Mitarbeiter in Bezug auf Geschwindigkeit, Genauigkeit und nahtlose Automatisierung zum Teil deutlich. Durch die verstärkte Einbindung verschiedenster Datenquellen wird zudem eine digitale und stark personalisierte Finanzberatung möglich.
2. Unterstützung bei Betrugsaufdeckung und -prävention
Aufgrund ihrer Fähigkeit, Muster und Unregelmäßigkeiten in großen Datenmengen zu finden, eignen sich KI- und ML-Techniken sehr gut für die Aufdeckung betrügerischer Aktivitäten. Die Auswertung verschiedener Datenquellen zu Transaktionen, ungewöhnlichen Geldbewegungen und externen Informationen ist für den Menschen aufgrund der schieren Menge an Informationen oft nicht möglich. Der Computer hingegen erkennt in dieser Datenflut Muster und Auffälligkeiten und erstellt ein Gesamtbild des Kundenverhaltens. Dies hilft Unternehmen und Behörden, verdächtige Aktivitäten zu entdecken, die aus einer einzelnen Datenquelle nicht ersichtlich wären.
Zudem ist eine Überwachung in Echtzeit möglich, indem Transaktionsdaten zum Zeitpunkt der Ausführung analysiert werden. So wird Betrug von vornherein verhindert.
3. Predictive Analytics statt Blick in die Glaskugel
Die KI-gestützte Datenanalyse bildet auch die Grundlage für neue Predictive-Analytics-Systeme in der Finanzdienstleistungsbranche. Im Wertpapierhandel hilft Predictive Analytics beispielsweise, Prognosemodelle für den Handel zu entwickeln und diese innerhalb von Millisekunden auszuführen. Diese Modelle analysieren große Mengen historischer Daten sowie Echtzeit-Marktdaten, um Muster zu erkennen und zukünftige Bewegungen am Aktienmarkt vorherzusagen.
Im Privatkundengeschäft übernimmt KI zunehmend Aufgaben der intelligenten Bonitätsprüfung und der proaktiven Kundenbetreuung, wozu in Zukunft auch die Sentimentanalyse gehören kann. Dabei interpretiert KI Verhaltensauffälligkeiten und Muster des Kunden im Beratungsgespräch und erkennt versteckte Signale, die dem Bankmitarbeiter normalerweise verborgen bleiben. Ähnlich wie heute schon bei der Erkennung von Kreditrisiken übertrifft KI bei der Indizienerkennung den menschlichen Spürsinn, weil sie versteckte oder unscheinbare Verhaltensänderungen schneller deuten kann. Wichtig dabei: Die KI weist die Bankmitarbeiter lediglich auf mögliche Auffälligkeiten hin. Die Entscheidungskompetenz bleibt beim Menschen.
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Für den Blick in die Zukunft nutzt KI Predictive-Analytics-Methoden und analysiert beispielsweise Kontodaten, Verhaltensänderungen und Ziele des Kunden. Auf dieser Datenbasis können präzise Vorhersagen über zukünftiges Verhalten getroffen und personalisierte Empfehlungen gegeben werden. Die Bank kann damit Kundenbedürfnisse besser antizipieren und optimal personalisierte Anlageempfehlungen erstellen.
Fazit: Mensch und Maschine in Interaktion
KI und ML prägen und verändern den Banken- und Finanzdienstleistungssektor grundlegend. Aber: Die Technologie ist Werkzeug und Hilfsmittel, sie ersetzt die Mitarbeiter nicht vollständig. Kreativität und Emotionalität bleiben die Domäne des Menschen. Erst im Zusammenspiel von Mensch und Maschine kann der Computer seine Vorteile bei der Analyse und Wissensbereitstellung voll ausspielen. Richtig eingesetzt, entstehen so moderne Lösungen, die Effizienz, Sicherheit und Schnelligkeit für jedes denkbare Geschäftssystem in der Finanzbranche vereinen.
Auf dem Weg zu einer zielführenden KI-Strategie ist daher ein unternehmensspezifischer Ansatz mit fundiertem Fachwissen, praktischen Lösungen auf mehreren Plattformen und einem Netzwerk von Nischenpartnern erforderlich. Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern bietet viele Vorteile, da KI eine komplexe Technologie ist, die alle Prozesse und Abteilungen eines Unternehmens betrifft.Luca Stassar, Expleo
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