ANWENDUNG4. Juli 2023

Postbank sieht finale IT-Umstellung als Erfolg

In einer vierten Runde des Transferprojektes „Unity“ wurden die letzten Kundendaten und -Verträge der Postbank in die IT-Systeme der Deutschen Bank übertragen. Auch wenn das große Chaos ausblieb, lief es wieder nicht reibungslos. Doch auch weiterhin ist noch viel zu tun – der neue Chef gibt bereits die Linie vor.

Nach 14:00 h sollten die Systeme wieder funktionieren. Bei der vorangegangenen Umstellung war die Zahl der Meldungen zehn mal so hoch. <Q>allestörungen.de
Nach 14:00 h sollten die Systeme wieder funktionieren. Bei der vorangegangenen Unity-Umstellung war die Zahl der Meldungen zehn mal so hoch. allestörungen.de

 

Die Postbank und der Mutterkonzern Deutsche Bank haben sich sichtlich bemüht, ein weiteres Umstellungs-Chaos wie zum Jahreswechsel und nochmals zu Beginn der Osterferien zu vermeiden. Erneut wurden Kunden auf verschiedenen Wegen angesprochen, per Brief, Presseveröffentlichungen, Anzeigen in Social-Media-Plattformen und den eigenen Online-Kanälen. Eigens wurde auf mehrsprachige Informationsseiten verwiesen. Auch die Kunden von Fyrst, der Digitalbank im Deutsche-Bank-Konzern, wurden in die Kommunikation mit einbezogen.

Die letzte Etappe des Umzugsprojektes „Unity“ umfasste den Datentransfer von rund vier Millionen Verträgen von zwei Millionen Kunden, deutlich weniger als bei der letzten Welle zum 1. April. Zudem wurden für 1,9 Millionen Kunden die Zugänge zum neuen Online- und Mobile-Banking freigeschaltet. Statt des Finanzassistenten wird auf Smartphones nun die im vergangenen Dezember gestartete Postbank-App benötigt.

Kreditkarten: Jetzt aber wirklich…?

Im Vorfeld der Umstellung hatte die Postbank kommuniziert, dass die Funktion der Geldausgabe-Automaten diesmal voraussichtlich nicht eingeschränkt sei. Doch das Gegenteil war der Fall – mehrere Kunden klagten, dass die Automaten in ihrer Postbankfiliale am Wochenende eine Auszahlung verweigerten. Ebenso kam es zu Störungen beim Einsatz der EC-Karte am Point of Sale.

Blick nach vorne – oder auch zurück zu bislang ungelösten Problemen?<Q>Facebook
Blick nach vorne – oder auch zurück zu bislang ungelösten Problemen? Facebook

Bereits eine Woche vor der Umstellung am vergangenen Wochenende tauchten zudem Postbank-Anzeigen auf, mit denen Kreditkarteninhaber adressiert wurden. Es könne vorkommen, dass die Karte bei Online-Zahlungen nicht akzeptiert wird. Ab dem 3. Juli sollte alles wieder „wie gewohnt“ funktionieren. Ob damit nur Probleme zur neuen Umstellungswelle gemeint waren, oder damit auch Kreditkarteninhaber angesprochen wurden, die nach der April-Umstellung fortgesetzt Probleme hatten, ist nicht eindeutig erkennbar.

Überschaubare Probleme

Eigentlich sollten die Systeme am Montagnachmittag ab 14:00 Uhr wieder laufen. Anders als vor sechs und vor drei Monaten, wo es zu weiteren Abschaltungen und nächtlichen Wartungsarbeiten bis Mitte der Woche kam (IT-Finanzmagazin berichtete hier und hier), scheint es diesmal keine technischen Probleme gegeben zu haben. Doch erneut hielten die Systeme dem Ansturm der Kunden nicht Stand und brachen unter der Last der zahlreichen Anmeldeversuche immer wieder zusammen. Bis in den Abend hinein beklagten sich Nutzerinnen und Nutzer, dass es einem Lotterie-Spiel gleiche, ob man Zugang zum Online- bzw. Mobil-System erhält oder die angelegten Aufträge ausgeführt werden. Auch am Dienstagvormittag gab es noch vereinzelte Beschwerden über Probleme bei Login oder Auftragsfreigabe.

Wohl eher ein Einzelfall – trotzdem ärgerlich für die Betroffenen. <Q>Facebook
Wohl eher ein Einzelfall – trotzdem ärgerlich für die Betroffenen. Facebook

Wenn man den Berichten unter anderem in sozialen Medien glauben darf, gab es zumindest am Montagnachmittag auch einen Rückstand bei den angezeigten Konteninformationen. So bemängelten einige, dass der Gehaltseingang noch nicht verbucht sei, oder dass Überweisungen und Daueraufträge noch nicht ausgeführt seien. Ein Kunde beschwerte sich zudem, dass beim Transfer uralte Kundendaten aktiviert worden seien – nicht nur ein ehemaliger Wohnort, sondern auch eine seit 25 nicht mehr existierende E-Mail-Adresse.

Online- und Mobile-Banking kritisiert

Wie bereits zuvor gab es erneut Probleme bei der Umstellung von der bisherigen App „Finanzassistent“ zur neuen Anwendung, die schlicht „Postbank“ heißt. Wieder einmal dürfte ein Teil der Betroffenen überlesen haben, dass erst die neue App installiert werden muss, bevor die alte gelöscht wird. Nur so ist – zumindest in der Theorie – ein reibungsloser Übergang möglich, weil die neue App durch das Autorisierungsverfahren der alten App freigeschaltet werden kann. Aber auch das klappt nicht immer.

Auch scheint es erneut Fälle gegeben zu haben, in denen plötzlich das BestSign-Verfahren nicht mehr funktioniert. Wenig hilfreich ist es da, wenn der Postbank-Service die Kunden, die dringende Überweisungen machen müssen, auf die Alternative Online-Banking per Webbrowser verweist. Denn am Ende muss auch da die Freigabe durch BestSign erfolgen – und ist damit nicht möglich.

Nach wie vor leiden sowohl Online-Banking als auch Mobile-App unter einem reduzierten Funktionsumfang. So fehlt beispielsweise die Übersicht „Anstehende Umsätze“ oder der Button zum Rückholen von Lastschriftaufträgen. Die Postbank hatte zwar mehrfach angekündigt, dass der Funktionsumfang mittels monatlichen Updates kontinuierlich erweitert werden soll, die bisherige Praxis ist aber eher enttäuschend.

So erschien Ende April die neue Version 2.5.0 der Postbank-App. Hier wurden neben Bugfixes eine Anpassung des Gesamtsaldos und die Ansicht von aktiven Daueraufträgen implementiert. Die im Mai fällige Version 2.6.0 ist nie erschienen. Mitte Juni folgte dann Version 2.7.0. Hier beschränkte sich die einzige Neuerung abseits der Fehlerbereinigungen auf das Löschen von Daueraufträgen. Man kann nur hoffen, dass nach dem Abschluss des Unity-Projektes nun mehr Ressourcen für die Weiterentwicklung frei werden und der Ausbau des Funktionsumfangs in der zweiten Jahreshälfte schneller voranschreitet.

Millioneneinsparungen geplant

Stefan Peschke, Co-Projektleiter von „Unity“ und IT-Chef der Consumer-Sparte, in der Privatkunden der Marken Deutsche Bank und Postbank gebündelt sind, erwartet erhebliche wirtschaftliche Vorteile aus dem Projekt, das nach Angaben der Bank nun erfolgreich abgeschlossen ist. Die Daten von sieben Millionen Deutsche-Bank-Kunden und 12 Millionen Postbank-Kunden liegen nun in einer gemeinsamen IT-Infrastruktur, die neben den eigenen Rechenzentren auch Cloud-Services umfasst.

Die IT-Systeme der Postbank werden nun schrittweise abgeschaltet und die Rechenzentren zurückgegeben. Bereits 2023 würden dadurch Einsparungen realisiert, die 2024 ausgebaut werden. Wenn zum Jahreswechsel 2024/2025 alle Verträge abgewickelt sind, sollen sich die IT-Einsparungen auf 300 Mio. Euro jährlich summieren.

Fokus auf mehr Digitalisierung

Der neue Vorstand und Leiter der Privatkundenbank Claudio de Sanctis <Q>Deutsche Bank
Der neue Vorstand und Leiter der Privatkundenbank Claudio de Sanctis Deutsche Bank

Doch das nächste Projekt ist schon in Arbeit. Zum 1. Juli übernahm Claudio de Sanctis vorzeitig die Aufgaben des Vorstandsmitglieds Karl von Rohr als Leiter der Privatkundenbank. De Sanctis kündigte an, die bisher getrennten Bereiche des deutschen Privatkundengeschäfts sowie das internationale Privatkundengeschäft und das Wealth-Management enger miteinander zu verzahnen und dabei die Führungsebenen zu straffen. Mehr Geld soll dagegen in eine leistungsfähige IT fließen.

Als Priorität sieht er, den Privatkunden-Bereich weiter zu digitalisieren und in zusätzliche Dienstleistungen zu investieren, auch solche von FinTechs, so Claudio de Sanctis. Er wolle sich, anders als seine Vorgänger, auf wenige, große Investitionen konzentrieren, die das Angebot deutlich verbessern und für viele Kunden relevant sind. hj

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