ARCHIV14. Februar 2023

Apples Finanz-Services: Große Pläne, Start ungewiss

<Q>Apple / IT-Finanzmagazin
Apple / IT-Finanzmagazin

Das von Apple angekündigte Tagesgeldkonto ist bereits überfällig, doch bislang gibt es keine Informationen, wann es tatsächlich startet. Der IT-Konzern hat noch weitere Pläne für Finanzdienstleistungen und will wohl eine eigene Finanzplattform entwickeln. Die BNPL-Funktion ist bereits im Betatest – bald könnte „Apple Pay Later“ live gehen.

Eines der wichtigsten Finanzangebote des kalifornischen IT-Konzerns ist Apple Pay (Website). Der 2014 gestartete Zahlungsdienst ist in mehr als 70 Ländern überall auf der Welt verfügbar, bald auch im Samsung-Mutterland Südkorea. Apple Cash (2018) und die Apple Card (2019) markierten weitere Schritte in den Finanzmarkt. Doch seitdem gab es keine wesentlichen Fortschritte.

Mark Gurman, der in der Regel sehr gut vertraut ist mit Apple-Internas, machte nun in seiner Bloomberg-Kolumne öffentlich, dass Apple einerseits an einem größeren Wurf arbeitet, andererseits anscheinend auf unerwartete Hindernisse getroffen ist.

Umfangreiche Pipeline

Schon seit der Einführung der Apple Card in Kooperation mit Goldman Sachs wartet die Fachwelt gespannt, wann die konzerneigene Kreditkarte in weitere Märkte ausgerollt wird. Bis heute ist sie jedoch ausschließlich in den USA erhältlich. Die Expansion in weitere Länder steht aber sicherlich auf der To-Do-List.

Daneben ist ebenso unklar, wann – und wo – das im Oktober angekündigte „ertragsstarke Sparkonto“ erhältlich sein wird, das an die Apple Card gebunden ist. Der Zugriff soll sehr einfach erfolgen: über die Wallet, die Teil des Smartphone-Betriebssystems iOS ist (IT-Finanzmagazin berichtete).

Bereits seit zwei Jahren gibt es darüber hinaus Gerüchte, dass Apple ein Leasingprogramm für seine iPhones aufsetzen werde. Bei Preisen von über 500 bis mehr als 2.000 Euro für das Spitzenmodell könnten integrierte Finanzierungsangebote den Absatz nochmals ankurbeln. Jüngste Veröffentlichungen deuten darauf hin, dass es – entweder alternativ zu einem Leasing-Modell oder zusätzlich – ein Hardware-Abo geben könnte, das nicht allein auf Smartphones beschränkt ist. Nach Insiderberichten sollen Kunden die Geräte befristet mieten können. Nach Ablauf der Vertragszeit fällt die Hardware an Apple zurück und kann vom Konzern selbst vermarktet werden. Angesichts des großen Marktes für gebrauchte Apple-Hardware und deren hoher Wertstabilität könnte dies ein lukratives Geschäftsmodell darstellen.

Gurman verweist darüber hinaus auf ein eigenes „Apple Pay Later“-Angebot, das ebenfalls in Vorbereitung sein soll. Nach seinen Angaben sind davon sogar zwei Varianten geplant. Eine Aufteilung des Kaufpreises in vier Raten, von denen die erste sofort fällig ist, die weiteren im Abstand von je zwei Wochen folgen, hatte der iPhone-Hersteller bereits im Juni vergangenen Jahres vorgestellt. Darüber hinaus werde an der Möglichkeit einer Finanzierung über einen längeren Zeitraum gearbeitet. In dem Fall würden dann auch Zinsen anfallen.

Eigene Finanzplattform geplant

Bislang arbeitet Apple mit einer ganzen Reihe von Partnern im Finanzbereich zusammen. Neben Goldman Sachs sind unter anderem CoreCard und Green Dot zu nennen. Die drei übernehmen unter anderem Aufgaben bei der Kreditvergabe, einige Kundendienstaufgaben und Bonitätsprüfungen sowie die Handhabung von Transaktions- und Zahlungshistorien. Sie sind allerdings jeweils auf den US-Markt fokussiert. 

Die Apple Card und damit auch das geplante Tagesgeldkonto sind derzeit nur auf die USA beschränkt – das könnte auch an den Finanzpartnern liegen.<Q>Apple
Die Apple Card und damit auch das geplante Tagesgeldkonto sind derzeit nur auf die USA beschränkt – das könnte auch an den Finanzpartnern liegen.Apple

 

Laut Gurman wurde ihm von Informanten bestätigt, dass Apple sowohl an einer eigenen Zahlungsverarbeitungstechnologie als auch an einer eigenen Zahlungsinfrastruktur arbeitet. Letztlich wolle sich der Konzern von den externen Finanzpartnern zunehmend unabhängig machen sowie die Wertschöpfung aus Zinsen und Transaktionsgebühren in die eigene Kasse lenken. Eine bessere Kontrolle von Zahlungs- und Finanzierungsprozessen könnte zudem dazu beitragen, neue Optionen schneller einführen zu können und damit das Umsatzwachstum anzukurbeln. Damit würde Apple im Finanzbereich die gleiche Strategie wiederholen, die der Konzern auch im Bereich der Prozessoren-Entwicklung vorgemacht hat.

Für ein umfassendes Angebot von Finanzservices müssen jedoch noch sehr viel mehr Funktionen abgebildet werden wie eine Risikobewertung bei der Kreditvergabe, die Betrugsanalyse, die Bonitätsprüfung und zusätzliche Kundenservices wie etwa die Abwicklung von Streitigkeiten. Auch hier gibt es Anzeichen, dass der iPhone-Hersteller Schritte zu mehr Selbstständigkeit unternimmt.

Vor knapp einem Jahr erwarb Apple das britische Startup Credit Kudos, das Bankdaten verwendet, um Kreditentscheidungen zu treffen. Das FinTech könnte ein weiterer Baustein für das Projekt „Breakout“ geworden sein, mit dem der IT-Konzern angeblich eine komplette Plattform für die Abwicklung von Finanzservices schaffen will. Ein anderes Mosaiksteinchen ist die Konzerntochter Apple Finance LLC, die bereits mit den nötigen Lizenzen ausgestattet ist, um in den USA eine Finanzierung mittels Ratenkrediten anbieten zu dürfen.

Steht BNPL-Start kurz bevor?

Dass der Hersteller trotz der bereits bekanntgewordenen Schritte und der jüngsten Ankündigungen bislang noch keine neuen Finanzservices aktiviert hat, wertet der Bloomberg-Journalist als Zeichen, dass der interne Mehrjahres-Plan in Verzug geraten ist. Wann die genannten Services – Tagesgeldkonto, Pay Later, Hardware-Leasing/-Abo und die Expansion der Apple Card auf Märkte außerhalb der USA – realisiert werden, ist bislang offen.

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Apple / IT-Finanzmagazin

 

Die wichtigsten Voraussetzungen für das Tagesgeldkonto seien bereits geschaffen, so Gurman. Im Code von iOS seien die benötigten Funktionen seit Version 16.1 verankert (aktuell ist iOS 16.3.1). Auch habe Goldman Sachs bis Ende des Jahres 2022 das „Kleingedruckte“ der Kreditkarte entsprechend angepasst. Theoretisch könnte der Start also jederzeit erfolgen.

Einzig beim Pay-Later-Service ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Der Apple-Insider berichtet davon, dass bereits ein Betatest mit Unternehmensmitarbeitern angelaufen sei, in einem zweiten Schritt sei dieser Anfang Februar auch auf Mitarbeiter im Einzelhandel ausgeweitet worden. Bei der Einführung der Apple Card sei der Konzern ähnlich verfahren. Legt man den damaligen Ablauf zugrunde, sei mit einem Start des Apple-BNPL-Angebots im März oder April zu rechnen – zunächst aber voraussichtlich nur in den USA. hj

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