Allensbach: In unsicheren Zeiten ist Bewährtes gefragt – auch bei Finanzen
Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Krisen beschäftigen sich Bürgerinnen und Bürger in Deutschland intensiver mit ihrer finanziellen Situation als sonst, so die Ergebnisse einer Allensbach-Umfrage. Ein Fazit lautet, dass die Kunden auch künftig eher auf bewährtes setzen – wie Girocard und Bargeld.
Die jährliche Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme (IDZ) stellt unter anderem die Frage nach dem Zahlungsmittel der Zukunft, genauer: der Präferenz in fünf Jahren. Tatsächlich steht dort nicht mehr Bargeld an erster Stelle, sondern die Girocard. 78 Prozent der Befragten (1.038 Einwohner ab 16 Jahre, repräsentativer Querschnitt) geht davon aus, dass die Plastikkarte dann für die meisten Bezahlvorgänge zum Einsatz kommt. Erst auf dem zweiten Platz folgt Bargeld (57 Prozent) und danach die digitale Girocard (36 Prozent), die damit immer noch Kreditkarten (33 Prozent) überflügelt. Abgeschlagen folgen digitaler Euro (8 Prozent) und Krypto-Währungen (5 Prozent).Für die Initiative Deutsche Zahlungssysteme als Auftraggeberin der Studie sind das sicherlich gute Nachrichten – kocht doch die Diskussion um die Zukunft der Girocard umso höher, je näher das Ende des Maestro-Systems rückt (IT-Finanzmagazin berichtete). Zwar konnte die Girocard auch im ersten Halbjahr 2022 wieder höhere Umsätze und Transaktionszahlen verbuchen, doch Debitkarten könnten ihre Position bedrohen. Schon heute gibt es Banken, die Kundinnen und Kunden eher eine Debit-Kreditkarte als eine Girocard ausgeben. Stand heute haben 97 Prozent der Deutschen eine Girocard.
Bargeld verliert
Welche Karte das Rennen machen wird, muss die Zukunft zeigen. Ausgemacht ist jedoch, dass Bargeld auf dem Rückzug ist. In diesem Jahr gaben 48 Prozent der von Allensbach Befragten an, dass sie eher mit Karte bezahlen, bevorzugt fürs Bargeld entschieden sich dagegen nur 46 Prozent, auf Smartphone und Smartwatch verwiesen 7 Prozent. Auffällig ist, dass nicht nur bei den Unter-30-Jährigen, sondern auch in der Altersgruppe von 30 bis 44 Jahre der Anteil der Barzahler unter 30 Prozent liegt. Die beiden folgenden Altersgruppen kommen dagegen auf 42 Prozent (45 bis unter 60) und 70 Prozent (ab 60 Jahre).
Fragt man nicht nach den tatsächlichen Zahlvorgängen, sondern nach der Präferenz, kommt Bargeld meist auf einen geringfügig besseren Anteil, nicht jedoch in der jüngsten Bevölkerungsgruppe. Die 16- bis 29-Jährigen würden gerne seltener mit Bargeld zahlen, als sie es tatsächlich tun – womöglich ein Effekt durch mangelnde Akzeptanz von Smartphone- und Kreditkarten-Zahlungen an einem Teil der Verkaufsstellen.
Senioren nicht abgehängt
Die Vermutung liegt nahe, dass dies insbesondere Händler betrifft, bei denen in der Regel nur geringe Summen beglichen werden. Doch auch hier zeigt die Allensbach-Umfrage eine deutliche Entwicklung weg vom Bargeld. Bei Zahlungen von weniger als 50 Euro gaben im vergangenen Jahr noch 63 Prozent die Präferenz Bargeld an, in diesem Jahr waren es sechs Prozent weniger (57 Prozent). In den beiden jüngsten Konsumentengruppen war der Rückgang noch deutlicher: von 47 auf 34 Prozent bei den U30, von 51 Prozent auf 37 Prozent bei den 30- bis 44-Jährigen.
Umgekehrt zeigen sich auch die älteren Befragten nicht als Technik-Verweigerer. So fragte Allensbach auch in diesem Jahr wieder die Nutzung des kontaktlosen Bezahlens ab. Das war vor fünf Jahren noch kaum verbreitet: 7 Prozent der Gesamtbevölkerung, nur ein Prozent der Bevölkerungsgruppe ab 60 Jahren hatten damals bereits praktische Erfahrungen gesammelt. In den Folgejahren gab es einen schnellen Anstieg mit einem besonders hohen Sprung im ersten Corona-Jahr 2020. Inzwischen haben 68 Prozent der Deutschen bereits einmal kontaktlos bezahlt. In der ältesten Gruppe trifft dies für 49 Prozent zu, weitere 12 Prozent können es sich vorstellen.
Europa first?
Neben den Präferenzen der eigenen Finanzen fragte Allensbach auch nach den Einstellungen in Bezug auf den größeren Rahmen des Finanzsystems. Dabei gaben 45 Prozent an, sie fänden es wichtig, dass europäische Bezahlsysteme den amerikanischen Payment-Systemen Paroli bieten. 31 Prozent waren unentschieden, für 24 Prozent ist dieser Umstand nicht wichtig.
Für 61 Prozent spielt in dieser Frage die Unabhängigkeit von den USA eine Rolle, 57 Prozent meinen, dass die EU als Währungsunion einen entsprechenden eigenen Anbieter haben sollte. Darüber hinaus spielt auch das Vertrauen in den strengeren Daten- und Verbraucherschutz Europas für mehr als die Hälfte der Befragten eine wichtige Rolle. Weitere Details der Allensbach-Umfrage liefert das Exposé, das auf der Webseite der Initiative Deutsche Zahlungssysteme zum kostenlosen Download bereitsteht. hj
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