Die digitale Zukunft des europäischen Zahlungsverkehrs – Rede von Burkhard Balz
Auf auf dem Zahlungsverkehrssymposium 2022 „Zahlungsverkehr und Wertpapierabwicklung in Europa – heute und morgen –” sprach Bundesbanker Burkhard Balz über die Zukunft im europäischen Zahlungsverkehr und betonte drei Aspekte, die ihn grundlegend verändern werden. Eine Zusammenfassung seiner Rede.
Die Digitalisierung im Zahlungsverkehr hat neue Ideen angestoßen und innovative Veränderungen ermöglicht. Seit einigen Jahren werden bargeldlose Zahlungen immer beliebter und der Zugang zu klassischen Bezahlverfahren durch smarte Geräte erleichtert. Neue Technologien wie Biometrie oder NFC (Near Field Communication) vereinfachen das Bezahlen. Neue Anbieter versuchen, ihre Plattformen durch nahtlose Integration von Zahlungsoptionen noch attraktiver zu gestalten.Dadurch sind interessante Zahlungslösungen entstanden. die auf dem Bankkonto und der vorhandenen Zahlungsverkehrsinfrastruktur aufbauen und den traditionellen Instrumenten – Karte, Überweisung, Lastschrift – lediglich weitere Schichten (Layer) hinzufügen.
Einen anderen Ansatz verfolgen Krypto-Token und Stablecoins, welche die Distributed-Ledger-Technologie nutzen. Auf dieser Grundlage hat sich ein ganz neues Finanzökosystem entwickelt.
Wurden dem Krypto-Markt bisher „Wild-West“-Manieren nachgesagt, werden auf der ganzen Welt nun die Regulierer aktiv. Dies wird eine Professionalisierung einleiten, die es einem breiteren Publikum ermöglichen wird, in den Markt zu investieren. Die steigende Seriosität könnte auch ein Anreiz für Unternehmen sein, sich stärker mit der zugrundeliegenden Technologie auseinanderzusetzen und damit zukunftsträchtige Anwendungen zu schaffen. Welche Anwendungen wirklich zukunftsträchtig sind, wird sich noch zeigen müssen.
Zukunft im Zahlungsverkehr
Das Eurosystem und die Europäische Kommission entwickelten die „Retail Payments Strategy“. Wesentliche Säulen sind Echtzeitzahlungen und ein verstärkter Fokus auf effizientere grenzüberschreitende Zahlungen.
Ich möchte heute bewusst eine Zukunftsvorstellung entwickeln, die weiter reicht. Meines Erachtens haben wir aktuell die Chance, den Zahlungsverkehr in Europa von Grund auf zu verändern. Lassen Sie mich dazu drei Thesen formulieren:
- Bezahlvorgänge werden schneller abgewickelt. Mit Hilfe von Banking Apps sollte man Echtzeitzahlungen ohne Einbeziehen weiterer Dienstleister auslösen können. Somit rückt die Beziehung zur Bank wieder stärker in den Fokus.
- Der Bezahlprozess wird einfacher. Statt fragmentierter Silo-Lösungen werden sich solche etablieren, die im ganzen SEPA-Raum und für eine Vielzahl von Anwendungen genutzt werden können. Ziel ist, dass der Verbraucher nur noch eine Bezahl-App benötigt.
- Digitales Zentralbankgeld wird ebenso selbstverständlich für jedermann nutzbar wie Bargeld. Digitales Bezahlen kann so reibungsloser und automatisierter in Wirtschaftsprozesse und den Alltag integriert werden, als dies heute möglich ist.”
Instant Payments
Schon heute besteht die Möglichkeit, Zahlungen in Echtzeit abzuwickeln, die auf dem europäischen SEPA Instant Credit Transfer, SCT inst-Standard, basieren. Viele Menschen können Echtzeitzahlungen per Onlinebanking nutzen. Sie sind bereits Grundlage für den Geldsenden-Service zwischen Privatpersonen bei giropay in Deutschland oder bei Bizum in Spanien.
Es fehlt jedoch an drei Dingen, damit Echtzeitzahlungen von der breiten Bevölkerung genutzt werden. Erstens müssten alle Zahlungskonten im SEPA-Raum grundsätzlich dafür erreichbar sein. Zweitens müssten alle Zahlungsdienstleister aktiv SCT inst als Standard-Zahlungsinstrument anbieten. Bisher werden erst knapp 13 Prozent der Euro-Überweisungen in Echtzeit ausgeführt.
Drittens braucht es einen europaweit funktionierenden Weg, solche Zahlungen in verschiedenen Situationen schnell auslösen zu können. Hier gilt es, den „one-click“- und den von Kontaktloszahlungen bekannten „one-tap“-Marktstandard aus dem Online- bzw. dem stationären Handel zu vereinen und auch Zahlungen zwischen Privatpersonen mit einzubeziehen.
Einfacher Bezahlprozess
Es gibt im europäischen Zahlungsverkehr eine Vielzahl von Anwendungen, einige sind nur national verfügbar, andere werden weltweit angeboten. Einige lassen sich nur im stationären Handel nutzen, andere auch im E-Commerce. Einige Wallets sind auf jedem Smartphone verfügbar, andere sind beschränkt auf ein bestimmtes Betriebssystem. Dabei müssen die Transaktionen auf dem Weg vom Zahler zum Empfänger zuweilen eine ganze Reihe an BigTech-Gatekeepern passieren.
Die European Payment Initiative (EPI) will diese Schmerzpunkte adressieren und sowohl das Initiieren der Zahlung vereinfachen, als auch den zugrundeliegenden Prozess entschlacken. Ziel der EPI ist es, eine Bezahllösung auf der Grundlage von SCT inst zu entwickeln, die universell im gesamten SEPA-Raum in den verschiedensten Bezahlsituationen einsetzbar ist.
Dies käme dem Wunsch der Menschen nach einer einfachen, schnellen „one-stop“-Bezahllösung entgegen. Der große Wunsch der Befragten im Euroraum war eine einzige, möglichst simple Lösung für bargeldlose Zahlungen. Eine solche Lösung würde auch helfen, die Fragmentierung im europäischen Zahlungsmarkt einzudämmen und die beteiligten europäischen Anbieter im Wettbewerb mit den BigTechs zu stärken.
Dieser Ansatz ließe sich relativ schnell realisieren: Die meisten Bausteine und Standards sind vorhanden. Eine voraussichtlich sehr wirkungsvolle Förderung der Migration hin zu SEPA-Echtzeitüberweisungen per Regulierung ist in Vorbereitung. Jetzt kommt es auf die beteiligten Marktteilnehmer an, diese Vorstellung Wirklichkeit werden zu lassen.
Digitales Zentralbankgeld (CDBC)
Gemäß einer Untersuchung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) beschäftigen sich bereits 90 Prozent der befragten Zentralbanken mit CDBC. Auch das Eurosystem untersucht seit einem Jahr die Chancen und Risiken eines digitalen Euro. So werden Optionen für die technische Ausgestaltung erarbeitet und verschiedene Einsatzgebiete erforscht. Dabei stehen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Hinblick auf Nutzerfreundlichkeit, Datenschutz und Sicherheit im Vordergrund. Außerdem werden die potenziellen Auswirkungen auf die Zahlungsinfrastruktur und die europäischen Zahlungsdienstleister analysiert. Auch mögliche Effekte auf die Finanzstabilität und die Geldpolitik werden im Projekt untersucht.
Es gibt noch eine gewisse Skepsis in Bezug auf den digitalen Euro. Einige fragen sich, wofür sie den digitalen Euro überhaupt bräuchten, weil es schon vielfältige Möglichkeiten im Zahlungsverkehr gebe.
Doch wissen wir jetzt schon, was morgen notwendig sein wird? Der digitale Euro könnte etwa eingesetzt werden, um digitale Geschäftsprozesse optimal zu unterstützen oder digitales Bezahlen im „Internet der Dinge“ oder für Zahlungen von Maschine-zu-Maschine zu ermöglichen. So werden wir in Zukunft viele Ladestationen für die Elektromobilität benötigen und bei jedem Ladevorgang an einer der Stationen könnte direkt automatisiert ein Bezahlvorgang ausgelöst werden. Dies könnte zum Beispiel mit dem digitalen Euro erfolgen.
Fazit
Wenn diese Zukunftsvorstellung – Instant Payments als neue Normalität, eine europäische Zahlungslösung, der digitale Euro – verwirklicht wird, wird dies den europäischen Zahlungsverkehr grundlegend verändern. Zahlungen können dann schneller, leichter und flexibler werden. Die Bedürfnisse der Menschen nach einer verständlichen, einfachen Bezahllösung würden erfüllt. Europäische Zahlungsdienstleister könnten auf Basis von Echtzeitzahlungen die Beziehung zu ihren Kunden intensivieren. Und sie könnten später auch den digitalen Euro nutzen, um innovative Anwendungen zu entwickeln.
Die vollständige Rede von Burkhard Balz finden Sie hier.pp
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