“Embedded-Finance-Markt boomt – Banken müssen jetzt schnell sein” – Interview mit dem Co-CEO von Credi2
Das Konsumverhalten ändert sich: Kunden erwarten heute flexible Finanzierungsmöglichkeiten, die nahtlos in den Kaufprozess eingebettet sind. Viele wollen zudem lieber mieten als kaufen. Lange habe sich Banken diese Entwicklung nur angeschaut. Christian C. Waldheim, Co-CEO von Credi2, erklärt im Interview, wie Finanzinstitute doch noch zum Big Player werden können.
Herr Waldheim, Embedded-Finance wird gerne als der neue große Trend verkauft. Aber ist es im Kern nicht so, dass sich Finanzinstitute damit vom Frontend verabschieden und das Feld den Händlern und Herstellern überlassen? Graben sich die Banken nicht selbst den Zugang zum Kunden ab?
Tatsächlich hat Embedded-Finance ein riesiges Potenzial. Bis 2025 werden Wachstumsraten von durchschnittlich 60 Prozent erwartet. Doch um sich vom Embedded-Kuchen ein dickes Stück zu sichern, müssen Banken sich bewegen. Sie müssen dorthin, wo der Kunde bezahlt und Teil der Customer Journey werden. Durch das Anbieten nahtloser Finanzierungsmöglichkeiten werden sie aber nicht zwangsläufig unsichtbar. White-Label-Lösungen wie sie beispielsweise Credi2 anbietet, ermöglichen es ihnen, einen individuellen Weg zu gehen. Nehmen Sie zum Beispiel die „Buy now, pay later“-Lösung „cashpresso“, hier arbeitet die Raiffeisen Bank International ganz gezielt mit dem eigenen Branding. Bei „FINANCE A BIKE“ hingegen bleibt die Volkswagen Bank im Hintergrund, nur der Händler ist sichtbar.Wenn sich Finanzinstitute von etwas verabschieden müssen, dann davon, ihre Dienstleistungen ausschließlich im traditionellen Bankenumfeld verkaufen zu wollen.”
Die großen Player im „Buy now, pay later“-Markt sind bisher internationale Zahlungsdienstleister, IT-Konzerne oder FinTechs. Sind die Banken nicht viel zu zögerlich?
Banken waren lange Zeit zu zögerlich und haben das Potenzial unterschätzt. Mittlerweile hat aber ein Umdenken eingesetzt. Credi2 hat vor kurzem eine Umfrage unter 140 Führungskräften deutscher Banken durchgeführt. 63 Prozent sind heute der Meinung, dass Embedded-Finance zu ihrem Geschäftsmodell passt. Und 9 von 10 Entscheidern wissen, dass sie jetzt schnell handeln müssen, um die Schnittstelle zum Kunden nicht zu verlieren und um vom boomenden Markt zu profitieren.
Der Marktführer Deutsche Bank mischt bereits mit. Ein Projekt ist die „Decoupled Wallet“, eine White-Label-Zahlungslösung.”
Der Bundesligist Eintracht Frankfurt bietet seinen Fans diese digitale Geldbörse in der vereinseigenen mainaquila-App an. Die Fans können damit unter anderem im Stadion zahlen.
Was sind die Vorteile der Banken, um jetzt noch beispielsweise bei BNPL einzusteigen? Welchen Nutzen können sie angesichts der Marktabdeckung von Paypal oder Klarna daraus ziehen?
Natürlich sehen die Banken die Gefahr durch Paypal und Klarna. Aber es gibt keinen Grund, ihnen bei BNPL das Feld einfach so zu überlassen. Wenn es darum geht, die Kundenschnittstelle zu besetzen, können die Institute Paroli bieten, denn sie bringen eine Menge mit.
Zum einen sind sie ebenfalls bekannte Marken. Zum anderen gelten sie als vertrauenswürdig und haben sich diesen Status in Familien zum Teil über Generationen aufgebaut.”
Sind Banken mit ihren bestehenden Legacy-Systemen überhaupt in der Lage, schnell in den Markt einzusteigen?
Viele Institute stehen hier vor wirklich großen Schwierigkeiten. Zum einen fehlen ihnen Fachleute und IT-Kapazitäten, zum anderen mangelt es am Know-how in Bezug auf Embedded-Finance. Zudem sind die Abläufe innerhalb der komplexen Organisationen oft langwierig. Das alles sind Gründe für das bisherige Zögern der Branche. Und sie sind keine gute Ausgangslage, denn jetzt kommt es darauf an, schnell an den Markt zu gehen.
Wirtschaftlich wird sich das Geschäft mit BNPL, Abo-Modellen oder Pay per Use für die Banken nur mit schlanken, automatisierten Prozessen rechnen.”
Acht von zehn Experten sind deshalb überzeugt, dass sie bei der Umsetzung externe Hilfe benötigen, zeigt die Studie. Hier bieten sich White-Label-Lösungen an, die von externen Embedded-Dienstleistern innerhalb weniger Wochen an die bestehende IT-Strukturen der Organisation angepasst werden.
Der Embedded-Finance-Markt besteht aber nicht nur aus Ratenkrediten in Form von “Buy now, pay later”. “Pay per use” oder Abo-Modelle gehören ebenfalls zu diesem vielschichtigen Markt. Apple hat jetzt angekündigt, seine Handys in den USA per Abo anzubieten. Sehen Sie das auch für Deutschland als Trend?
Als Credi2 wissen wir, dass der Trend hier schon angekommen ist, weil wir im Bereich Abomodelle mit Apple zusammenarbeiten. Aktuell bieten neun Händler in Deutschland ein Abo für Apple Produkte sowie das passende Zubehör an.”
Nach einer Mietzeit von zwei bis drei Jahren haben die Kunden die Möglichkeit, ihr Produkt gegen ein neues Modell auszutauschen. Die hohen Anschaffungskosten entfallen und die Monatsraten sind besonders günstig, da der hohe Restwert der Geräte nach Ablauf der Mietzeit bereits abgezogen ist.
Wie könnte ein Geschäftsmodell aussehen, in dem Banken vom Abomodell profitieren? Und wie müsste es technisch umgesetzt werden?
Das Konsumverhalten der Verbraucher ändert sich. Vor allem junge Menschen wollen heute lieber mieten als kaufen. Aber auch ältere Kunden wissen mittlerweile um die Vorteile sogenannter Subscriptions. Für Handel und OEMs sind Abos deshalb sehr attraktiv. Banken profitieren davon als Partner für die Finanzierung oder das Factoring, dabei agieren sie bislang im Hintergrund. Das muss nicht so bleiben.
Denn in dem sich jetzt entwickelnden Markt sollten Banken nicht zögern, eigene flexible Geschäftsmodelle anzubieten, um die Kunden zu binden.”
So können sie zum Beispiel ihre Produkte und Dienstleistungen interessanter machen, indem sie den Kunden die Möglichkeit bieten, Services auszusetzen oder nach Nutzung zu zahlen. Auch hier können externe Dienstleister bei einer schnellen Umsetzung helfen.
Herr Waldheim, vielen Dank für das Gespräch.aj
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