Wincor Nixdorf: Restrukturierung zwischen Um-, Auf- und Abbau
Die vor allem als Hersteller von Geldautomaten und Kassensystemen bekannte Wincor Nixdorf AG vollführt derzeit einen schwierigen Drahtseilakt. In den letzten Wochen sorgte das börsennotierte Unternehmen für einige Schlagzeilen. So war zunächst davon die Rede, das Unternehmen sei auf der Suche nach einem Investor bzw. erwäge selber den einen oder anderen größeren Zukauf, bis dann die Meldung kam, dass der Umsatz und Gewinn in diesem Jahr rückläufig sein werden. Um den Trend zu stoppen, sei eine Restrukturierung geplant, deren Einzelheiten demnächst veröffentlicht würden.
von Ralf Keuper, Blogger und Kolumnist
Ende letzter Woche gab Wincor Nixdorf Details bekannt, worüber das IT-Finanzmagazin in Wincor Nixdorf: Mehr Software, mehr IT-Services, mehr bargeldlos – plus Umbau von 1.100 Arbeitsplätzen berichtete.
Demzufolge ist in der Hardwareproduktion ein Stellenabbau geplant, der durch einen Aufbau von Stellen in etwa derselben Höhe ausgeglichen werden soll. Um künftig wieder mehr Wachstum und Gewinn zu erzielen, werde der Ausbau des Unternehmensbereiches Software & Services vorangetrieben. Die Unternehmenseinheit für Bargeldloses Bezahlen wird selbständig.
Kann diese Rechnung aufgehen?
Wincor Nixdorf kommt softwareseitig aus der Gerätesteuerung. Mit dem Endkunden hatte man bisher kaum direkten Kontakt. Hinzu kommt, dass das Unternehmen nach außen noch immer als Hardware-Hersteller und kaum als Softwareunternehmen wahrgenommen wird. Insofern ergibt die, wenn man so will, Ausgliederung der Sparte für Bargeldloses Zahlen Sinn. Die verschiedenen Initiativen in letzter Zeit, vor allem die Vorstellung von Albert, geben einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen könnte. Der Bereich Payment, der derzeit für 50 Millionen Euro Umsatz steht, soll auch durch Zukäufe wachsen.
Allerdings gibt nicht nur Invidis in Entlassungen bei Hardware- Einstellungen bei Software zu bedenken, dass Wincor Nixdorf im Bereich Payment schon spät dran ist und der Markt bereits von einigen großen Anbieter dominiert wird.
Mit Blick auf Apple mit Apple Pay, Google mit der Google Wallet API, Samsung mit Samsung Pay, facebook mit dem facebook messenger, PayPal mit Paydiant, Venmo und Braintree, Alibaba mit Paytm und Alipay, CurrentC sowie weitere sind die Aussichten tatsächlich nicht sonderlich günstig, hier noch eine relevante Rolle spielen zu können. Hinter jeder dieser Lösungen steht ein Konzern mit technologischen und finanziellen Möglichkeiten, an die Wincor Nixdorf nicht annähernd heran kommt.
Mobile Endgeräte werden künftig zahlreiche Funktionen abdecken, die bisher in die Zuständigkeit der Kassensysteme, AKTs und Geldautomaten fielen. Ganz abgesehen von den Marktveränderungen, die von digitalen Währungen, wie Bitcoin, ausgehen, sofern sie sich durchsetzen sollten.
Im Bereich Managed Services geht der Trend zunehmend in Richtung Cloud. Hier sind Unternehmen wie IBM, T-Systems, Atos und inzwischen auch SAP Mitbewerber. Die Margen dürften hier in den nächsten Jahren kaum wachsen. Verdrängungswettbewerb und Preisdruck werden eher noch zunehmen.
Die Zukunft wird zeigen, ob Wincor Nixdorf die Transformation vom Hardwarehersteller zum Softwareunternehmen gelingen wird. Dass dies alles andere als einfach wird, zeigt nicht zuletzt auch das Beispiel IBM, und das obwohl man dort immense Summen in neue Bereiche investiert und etliche Umorganisationen durchgeführt hat. Inzwischen sucht IBM sogar den Schulterschluss mit Apple.
Damit stellt sich die Frage, ob Wincor Nixdorf die Transformation noch aus eigener Kraft bewältigen kann.rk
Ralf Keuper ist Bank- und Diplomkaufmann und seit rund 15 Jahren in verschiedenen Positionen beratend im Bankenumfeld tätig. Er gehört zudem mit seinem Blog bankstil zu den Top10-Bloggern im FinTech-Bereich und berät Banken bei der digitalen Transformation sowie FinTech-Startups bei ihrem Markteintritt. Keuper hat unter anderem als Senior Consultant Banking bei der COR&FJA AG und Senior Consultant Banking & Financing bei Steria Mummert Consulting AG gearbeitet.
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