CBDC/ Digitaler Euro: Szenarien, Designoptionen und Auswirkungen – von Bundesbanker Burkhard Balz
Vor wenigen Tagen sprach Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, bei der Düsseldorfer Fachtagung und dem Forum „Die digitale Zukunft des Zahlungsverkehrs“ der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Nordrhein-Westfalen. Er betonte Motive, Optionen und Design eines digitalen Euro. Die Zusammenfassung seiner Rede.
von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank
Im Kern geht es um eine grundsätzliche Frage:Wie wollen wir als Gesellschaft die digitalen Möglichkeiten nutzen?”
Manche avantgardistischen Ideen scheinen jetzt Wirklichkeit zu werden: autonom fahrende Autos, Geschäfte ohne Kassen, Banking ohne Banken. Und der frische Wind des Wandels stellt zunehmend auch unser Verständnis von Geld und seiner Rolle in Frage.
Motive für einen digitalen Euro
Neue technische Möglichkeiten wie das Bezahlen mit Smartwatches und Smartphones oder Instant Payments vereinfachen unser alltägliches Leben. Wartezeiten verkürzen sich und Waren aus Onlineshops werden in einigen Fällen sogar taggleich ausgeliefert.
Für einen zusätzlichen Digitalisierungsschub sorgte die Corona-Pandemie. Vor allem die Möglichkeit, kontaktlos zu bezahlen, dürfte maßgeblich zum Rückgang der Bargeldnutzung beigetragen haben. Digitales, direkt von der Notenbank herausgegebenes Geld existiert derzeit für alltägliche Zahlungszwecke nicht. Gleichzeitig kann aber die mehr als 350 Jahre alte Banknote in vielen digitalen Bezahlsituationen gar nicht eingesetzt werden.
BigTechs verändern Prozesse und revolutionieren das Kundenerlebnis. Sie schaffen Plattformlösungen, die sämtliche Schritte des Kaufprozesses und der Lieferketten integrieren. Aufgrund ihrer nahezu unbegrenzten Reichweite können BigTechs mit bequemen, maßgeschneiderten Lösungen Nutzerzahlen in Millionen- oder gar Milliardenhöhe generieren. Staatsgrenzen verlieren zusehends an Bedeutung. Global operierende Unternehmen können vermehrt eigene Standards und Regeln durchsetzen.
BigTechs haben viel Erfahrung darin, Produkte konsequent auf den Nutzerbedarf auszurichten und Daten mit dem Ziel eines verbesserten Kundenerlebnisses auszuwerten. Dies gibt ihnen an mancher Stelle einen nicht zu unterschätzenden Vorsprung.
Für besondere Aufmerksamkeit haben Ideen aus dem BigTech-Bereich gesorgt, den Zahlungsverkehr mit Hilfe von sogenannten Stable Coins zu revolutionieren.”
Dabei handelt es sich um Krypto-Token, deren Wertentwicklung zum Beispiel an den US-Dollar oder den Euro gebunden ist.
Als Zentralbank haben wir einen anderen Fokus als privatwirtschaftliche Akteure. Als Hüterin der Währung stehen wir für das Vertrauen und die Stabilität unserer gemeinsamen Währung, dem Euro. Zusätzlich stehen wir für die Sicherheit und Effizienz des Zahlungsverkehrs. Wir müssen deshalb relevante Marktentwicklungen aufmerksam verfolgen und im Rahmen unseres Mandats darauf reagieren.
Digitaler Euro – Optionen und Design
Die Diskussionen im Eurosystem rund um das Thema digitales Zentralbankgeld sind nun in das Projekt digitaler Euro gemündet. Der Bericht der High-Level Task Force der EZB skizzierte mögliche Szenarien, die die Einführung eines digitalen Euro erforderlich machen könnten.
Technische Experimente zeigten bereits, dass einer Einführung keine größeren technischen Hindernisse im Wege stehen würden. Sowohl konto-basierte Systeme als auch blockchain-basierte Alternativen konnten nachweislich mehr als 40.000 Transaktionen pro Sekunde verarbeiten. Auch zentrale und dezentrale Elemente lassen sich kombinieren.
Der EZB-Rat hat im Sommer entschieden, den digitalen Euro in ein konkretes Projekt zu überführen. Die Untersuchungsphase hat am 1. Oktober 2021 begonnen und soll zwei Jahre dauern. Darin müssen wir bestimmen, welche Einsatzmöglichkeiten für einen digitalen Euro zuallererst in Frage kämen und welche Ausgestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.
Fest steht, dass der digitale Euro vom Eurosystem selbst ausgegeben würde und von allen Privatpersonen und Unternehmen genutzt werden könnte. Er würde demnach den Zugang zu ausfallsicherem Zentralbankgeld auch in digitaler Form sicherstellen und als Ergänzung zum Bargeld die Auswahl an Zahlungsmitteln vergrößern.”
Ein großer Vorteil wäre, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen künftig auch im digitalen Raum mit Zentralbankgeld zahlen könnten. Dabei sollte ein möglichst hoher Schutz der Privatsphäre gewährleistet werden.
Weiterhin sollten mögliche Synergien mit dem Privatsektor genutzt werden. An der Schnittstelle zum Kunden verfügen Kreditinstitute und andere Zahlungsdienstleister über hohe Expertise hinsichtlich kundenfreundlicher Bezahllösungen.
Der Privatsektor könnte die Ausgabe an den Endkunden übernehmen, entsprechende Zahlungsprodukte schaffen und sogar aufbauend auf dem digitalen Euro neue Anwendungen im Internet der Dinge ermöglichen. Denkbar wären etwa vollständig automatisierte Zahlungen mittels Smart Contracts, die sowohl für die Industrie als auch für den Finanzsektor von großem Interesse sein dürften.”
Alle Überlegungen zum digitalen Euro stehen unter der Prämisse, ein marktfähiges und breit akzeptiertes Produkt zu entwickeln, das nicht zu einer Verdrängung privater Akteure führt. Daher bleibt die Bundesbank im Verlauf der anstehenden Untersuchungen im Dialog mit den relevanten Marktakteuren. Gelingt es uns europaweit, die Interessen und Anliegen sämtlicher Akteure zu verstehen und zu berücksichtigen, könnte der digitale Euro einen echten Mehrwert schaffen.
Zugleich müssen wir Risiken für den Zahlungsverkehr, das Finanzsystem und die Realwirtschaft im Auge behalten und sorgsam abwägen. Zu den möglichen Gefahren zählt ein Szenario, in dem Kunden ihre Einlagen in größerem Umfang in digitale Euro umschichten. Dies könnte die Rolle der Banken im Finanzsystem grundlegend verändern und Auswirkungen auf die Kreditvergabe haben. Solche Risiken müssen begrenzt werden. Denkbare Ansätze zum Gegensteuern wären etwa Höchstbeträge oder Gebühren, die ab einer bestimmten Höhe bei Haltung des digitalen Euros anfielen.
Der EZB-Rat entscheidet aber erst nach Abschluss der Untersuchungsphase, ob ein digitaler Euro eingeführt wird. Anschließend könnte eine dreijährige Phase der Realisierung und Markteinführung folgen.
Das Vertrauen in die Währung ist das wohl höchste Gut aus Sicht einer Zentralbank. Ein digitaler Euro könnte zu mehr Wettbewerb und sinkenden Transaktionskosten beitragen. Um auch die europäische Souveränität im Zahlungsverkehr zu stärken, sollten wir vorbereitet sein.”
Es ist unsere Aufgabe, innerhalb unseres Mandates die notwendigen Rahmenbedingungen für die Digitalisierung im Geldwesen und Zahlungsverkehr zu schaffen. Ein solcher Rahmen muss so beschaffen sein, dass privatwirtschaftliche Akteure zu Innovation angeregt werden. Nur, wenn wir als Zentralbanken auf dem neuesten Stand der Technik sind, werden wir auch künftig das stabile Grundgerüst eines effizienten und sicheren Zahlungsverkehrs in einer digitalisierten Welt bieten und das große Vertrauen in unsere gemeinsame Währung sichern können.
Die vollständige Rede können Sie hier nachlesen.pp
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