Eine Payment-Welt ohne Maestro – die Folgen für girocard, andere europäische Banken und EPI (Teil 1)
Die Ankündigung von Mastercard, das Payment Scheme Maestro zu Mitte 2023 komplett einzustellen, hat wie eine Bombe eingeschlagen und durchkreuzt möglicherweise die Planungen der Zahlkartenstrategie einiger Banken. Heute – im ersten Teil – beleuchtet Payment-Experte Rudolf Linsenbarth die Auswirkungen für die girocard. Im zweiten Teil dann die Kartenstrategie anderer Banken in Europa sowie die Auswirkungen auf das geplante Payment Scheme EPI.
von Rudolf Linsenbarth
Bisher hat nahezu jede girocard ein CoBadge der beiden großen US Karten-Schemes Mastercard und VISA. Dadurch kann der Kunde auch zumindest im europäischen Ausland überall Bargeld beziehen und in den dortigen Geschäften mit Karte zahlen.Girocard ohne CoBadge – das ist auch innerhalb von Deutschland relevant!
Aber auch in Deutschland vereinfacht das CoBadge die Kartenzahlung. Denn mittlerweile akzeptiert nicht mehr jeder Händler die girocard.”
Aber auch in Deutschland vereinfacht das CoBadge die Kartenzahlung. Denn mittlerweile akzeptiert nicht mehr jeder Händler die girocard.”
Beispiele sind der Modehändler Primark oder die vielen kleinen Händler, die ein sogenanntes mPOS-Terminal (z.B. SumUp) haben. Das merkt der Kunde aber nicht, da die Zahlung genau wie im Ausland über das CoBadge Maestro oder VPay abgewickelt wird.
In Zukunft wird man immer öfter vor der Frage stehen, welche Karte wird denn hier akzeptiert. Der Handel wird in solchen Fällen seine Kommunikationsstrategie an der Kasse verbessern müssen. Wahrscheinlicher wird er sich aber auch den anderen Zahlarten öffnen.
Neben dem Handel müssen aber auch die Banken überlegen, wie sie mit der neuen Situation umgehen. Wird es in Zukunft ein anderes CoBadge-System geben und wenn ja, welches? Oder folgt man einer 2-Karten-Strategie, was auf Dauer eine Schwächung der girocard nach sich zieht.
Am einfachsten wäre es natürlich, Maestro durch VPay zu ersetzen. Technisch ist hier der Aufwand am geringsten und für die meisten Karten-Prozessoren eine bekannte Fingerübung. Nur so hart wie Mastercard und VISA am Markt im Wettbewerb stehen, in grundsätzlichen strategischen Fragen ist sich das Duopol einig.
Eine Debit-Kartenstrategie, mit dem Ziel, das Haupt-Brand im Markt zu verbreiten, hat auch VISA auf der Agenda. Ein VPay CoBadge würde einer Bank wahrscheinlich nur kurzfristig Luft verschaffen.”
Ein CoBadge mit einem anderen Brand wie JCB (Japan), China Union (China) oder Diners (USA) sprengt meine Vorstellungskraft und wäre zudem ein Offenbarungseid, den sich keine Bank antut. Zumal hier die technischen Herausforderungen ebenfalls immens wären. Die einzelnen Lösungen werden sehr wahrscheinlich entlang der jeweiligen Bankenverbände recht unterschiedlich ausfallen.
- Sparkassen
Die Sparkassen sind auf den ersten Blick diejenigen, die sich am besten vorbereitet haben. Seit knapp zwei Jahren ist ein girocard CoBadge mit einer Debit-Mastercard im Angebot. Allerdings haben erst 19 Sparkassen den Schritt vollzogen. Das sind gut 5 % der Institute. Wenn jetzt in 1,5 Jahren alle anderen die Umstellung angehen wollen, ist das selbst für eine so schlagkräftige Gruppe wie den DSGV eine Herkulesaufgabe. - Privatbanken
Im Lager der Privatbanken scheinen die Würfel gefallen zu sein. Das Kommittent zur girocard? Es war nie so hoch wie bei den Genossen und den Sparkassen. Der Rollout für eine Debit-Karte von Mastercard (Deutsche Bank, Commerzbank, OLB) oder VISA (Comdirect, DKB, HVB) läuft. Vielleicht sieht man hier im Ende von Maestro sogar einen Vorteil. Eine im Funktionsumfang reduzierte girocard könnte beim Kunden leichter auf die zweite Position im Wallet rutschen. - Volksbanken
Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, im genossenschaftlichen Lager hat man sich verzockt. Vor gut 5 Jahren waren die Volks- und Raiffeisen Banken noch die Lokomotive für die girocard. Im Alleingang wurde die girocard in das kontaktlose Zeitalter gerettet. Doch seither ist jeglicher Elan erschlafft. Die genossenschaftliche girocard ist nicht in Apple Pay und meilenweit davon entfernt, online-fähig zu werden. Der BVR hat zwar in einer DPA-Meldung am 21.10.2021 verkündet, man würde das CoBadge einfach austauschen. Hier bleibt aber nur VPay von VISA als einzige realistische Option.
Wie geht es weiter?
Wenn Mastercard den Banken nicht doch noch mit einer „Fristverlängerung“ entgegenkommt (Motto. Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird), werden wir ab Mitte 2023 eine etwas buntere Debit-Karten-Welt erleben.
Aus Kundensicht erscheint dabei eine girocard mit einem CoBadge in Form einer Mastercard oder VISA-Karte am attraktivsten.”
Die Karte kann weiterhin vor jedes Terminal gehalten werden, ohne überlegen zu müssen, welche Zahlart der jeweilige Händler bevorzugt.
Die Banken müssen sich überlegen, was wohl teurer ist, jedem Kunden zwei Karten auszuhändigen und zu verwalten, oder die Entwicklungskosten für ein neues CoBadge. Bei den Sparkassen ist die Frage bereits beantwortet und auch die Privatbanken scheinen sich entschieden zu haben. Die Genossen müssen sich nun überlegen, wie viele Jahre sie der girocard noch geben. Derzeit spricht jedenfalls nichts dafür, dass Entwicklungen in die Zukunft der girocard, in einem wie auch immer gearteten europäischen Nachfolgeprodukt, weiterverwendet werden können.
Für den Handel hat die neue Karte im wahrsten Sinne zwei Seiten. Am POS werden die Gebühren steigen, da die neuen Debit-Produkte mehr Intermediäre haben, die ebenfalls ein Stück vom Kuchen wollen. Außerdem fehlt ohne girocard die Option, an der Kasse eine Lastschrift zu ziehen. Im Online-Bereich dagegen könnte es günstiger werden. Die Gebühren einer Online-Kartenzahlung liegen eindeutig unter denen von PayPal.
Mit den Debit-Karten von Mastercard und Visa hätten die deutschen Banken dann endlich den kompetitiven Herausforderer gegen Paypal.”
Im zweiten Teil werden wir das Maestro-Ende im europäischen Kontext einschließlich der Auswirkungen auf EPI betrachten.Rudolf Linsenbarth
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