Mehr Transparenz bei PRIIPs KIDs – per automatisiertem Reporting Kosten senken
Die Regulierungsdynamik am Kapitalmarkt bleibt auch in den kommenden Jahren ungebrochen: 2022 treten nach Freigabe der Europäischen Kommission und des Parlamentes die neuen technischen Regulierungsstandards (RTS) für Basisinformationsblätter (KIDs) von verpackten Anlageprodukten (PRIIPs) mit einer überarbeiteten Performance-Bberechnung und verschiedenen Methoden zur Berechnung der Transaktionskosten in Kraft. Gleichzeitig wird die zweite Stufe der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) mit der notwendigen Bereitstellung von vorvertraglichen und jährlichen ESG-Dokumenten wirksam. Um allen Anforderungen gerecht zu werden und im dynamischen Regulierungsumfeld trotz erhöhten Reporting-Aufwands wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für Asset Manager und ihre Dienstleister jetzt an der Zeit, ihr Datenmanagement und Reporting ganzheitlich aufzustellen.
von Gerhard Jovy, Gründer, CEO acarda
Im Detail stellen die neuen Regulierungsstandards Asset Manager vor folgende Herausforderungen: Sie müssen ihr Datenmanagement, ihre Kostenstrukturen und Distributionskanäle so anpassen, dass sie Produkte mit möglichst geringen Reaktionszeiten anpassen, steuern, optimieren und verkaufen können. Dabei gilt es, die Konsistenz zwischen Produktbeschreibungen der PRIIP KIDs und den SFDR-Vorlagen zu gewährleisten sowie PRIIPs Updates mit den Nachhaltigkeitsindikatoren im Rahmen der periodischen SFDR-Berichterstattung abzustimmen. Wem das gelingt, der kann sowohl die Änderungen der PRIIPs als auch die SFDR nutzen, um sein Kundenportfolio um nachhaltige Produkte zu erweitern, Angebote transparenter und attraktiver zu gestalten und so das Vertrauen der Kunden zu stärken.Verständliche Kosteninformationen und realistische Performance-Szenarien
Bei der Überarbeitung der Basisinformationsblätter rücken vor allem Anlageprodukte mit anhaltender positiver Marktperformance in den Fokus.
Im Sinne maximaler Transparenz sollen die neuen RTS verhindern, dass Kleinanleger mit übermäßig positiven Renditeaussichten in die Irre geführt werden. Sie sehen daher die Offenlegung zusätzlicher Details zu den Annahmen vor, die zur Erstellung der Performance-Szenarien führen.”
So solle laut des Reports der EIOPA das Risiko verringert werden, unangemessene Erwartungen hinsichtlich möglicher zukünftiger Erträge zu wecken. Ein weiterer Hebel auf dem Weg zu mehr Transparenz liegt in der angepassten Darstellung von Kosteninformationen, angelehnt an die Darstellungen bei MiFID II. Bei verpackten Anlageprodukten, die eine Reihe von Anlageoptionen anbieten, sollen zukünftig eindeutige Kosteninformationen (z. B. costs over time, composition of costs) dabei helfen, das Verständnis der Kleinanleger für die Kostenauswirkungen dieser verschiedenen Anlageoptionen zu verbessern.
Die überarbeiteten RTS sehen zudem eine Änderung der Berechnung des Performance-Szenarios von der Cornish Fisher-Methode hin zu einer Backtest-Methode vor, die eine direkte Schätzung auf Basis der Preise der PRIIPs einführt. Wie schon bei den Basisinformationsblättern geht es dabei in erster Linie darum, unangemessen positive Performance-Szenarien in Anlegerinformationen zu vermeiden. Insbesondere für sogenannte Non-Stress-Szenarios sehen die neuen Standards daher einen erweiterten Datenerhebungszeitraum vor. Bei der Berechnung der historischen Performance müssen zukünftig bis zu zehn Jahre zurückliegende Daten und nicht realisierte oder potenzielle Verluste berücksichtigt werden. Die Ergebnisse müssen dann in für Kleinanleger leicht verständlichen Balkendiagrammen ausgewiesen werden.
Mehr Flexibilität bei Berechnung von Transaktionskosten
Autor Gerhard Jovy, acarda Gerhard Jovy, Gründer und CEO von acarda (Webseite). Der Finanzexperte verfügt über mehr als 30 Jahre Berufserfahrung als Unternehmer sowie Berater von Asset-Management-Firmen mit den Schwerpunkten regulatorisches Reporting, Datenmanagement, Risikoüberwachung und Systemkonzeption. Vor der Gründung des RegTech-Unternehmens acarda, das seit September 2020 der LPA-Gruppe angehört, war Jovy u. a. beim internationalen Technologieunternehmen IBM sowie als Berater bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC tätig.
Während die Beschaffung historischer Daten alle Asset Manager im Rahmen der Performance-Szenarios vor neue Herausforderungen stellt, vereinfachen die geänderten Regulierungsstandards die Berechnung der Transaktionskosten erheblich. Die Anwendung des bislang schwer ermittelbaren Marktpreises (Arrival Price) bei der Ordererteilung von Investments lässt sich zukünftig flexibler gestalten. Ab 2022 kann, wenn der exakte Arrival Price nicht verfügbar ist, der zuletzt verfügbare Preis für die Berechnung der Transaktionskosten oder alternativ ein über eine Drittpartei berechneter vertretbarer unabhängiger Preis verwendet werden. Das ist auch als Absage einer permanenten Verwendung der Half-Spread-Methode zu verstehen, die bislang den Marktstandard bei national tätigen Asset Managern bildet. Ein Aufschub der neuen Berechnungsstandards bis 2024 ist zwar möglich, jedoch nicht unbedingt empfehlenswert. Asset Manager sollten bereits heute mit der Evaluation des Marktpreises anhand der Arrival-Price-Methode beginnen, um durch kontinuierliche Erfassung die ab 2024 erforderliche dreijährige Datenhistorie aufzubauen und zum Übergangszeitpunkt hohe Abweichungen sowie abrupte Kostensprünge zu vermeiden.
Der Konkurrenz einen Schritt voraus: Asset Manager profitieren von frühzeitigen Anpassungen
Mit Blick auf die angestrebte Transparenz bei der Ausweisung der Kennzahlen gegenüber Kleinanlegern besteht das Risiko, Kunden durch zu langes Aufschieben der Anpassungen und den dadurch ausgelösten sprunghaften Kostenerhöhungen zu verärgern oder an Wettbewerber zu verlieren.
Eine frühzeitige Auseinandersetzung mit den Herausforderungen aber auch Chancen der neuen technischen Regulierungsstandards ermöglicht es Asset Managern nicht nur, sich mit attraktiven Angeboten am Markt zu positionieren, sondern zudem, sich bei Anbietern für Marktdaten und -analysen die besten Konditionen zu sichern.”
Ob PRIIPs KIDs, MFID oder SFDR – die anhaltend hohe Regulierungsdynamik lässt sich am besten mit einer modularen und zentralen Reporting-Plattform steuern, die Asset Managern, ähnlich wie bei einem Cockpit im Flugzeug, einen Überblick über alle notwendigen Parameter verschafft und als Cloud-Lösung kontinuierliche und individuelle Anpassungen der Kalkulationen, des Monitorings sowie der notwendigen Dokumente im Rahmen der Compliance ermöglicht.
Trotz der von Branchenverbänden, allen voran EFAMA, BVI, CFA Institute und Better Finance, vorbereiteten Schreiben zur Verlängerung und Rücknahme der PRIIPs RTS sollten sich alle Finanzmarktteilnehmer auf die finale Zustimmung der Europäischen Kommission und des EU-Parlaments in den kommenden Monaten einstellen. Es muss also im Interesse eines jeden Unternehmens sein, mit der Berechnung der Vergleichszahlen zu beginnen, Kosten und Qualität der Daten zu optimieren und die notwendige Historie und Expertise aufzubauen.Gerhard Jovy, acarda
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