Low Code für mehr Agilität in der Produktentwicklung
Low-Code-Plattformen sind aktuell im Trend. Der Einsatz einer solchen Entwicklungsumgebung allein führt jedoch nicht zwingend zum Erfolg. Vielmehr kommt es auf ein flexibles Zusammenspiel mit klassischen Programmierwerkzeugen an, um geschäftskritische Applikationen von Finanz- und Versicherungsinstituten effizient und erfolgreich umsetzen zu können.
von Andreas Balsiger, Head of Product Management Axon Ivy
So oder ähnlich lautet die typische Antwort, wenn IT-Abteilungen eines Finanz- oder Versicherungsinstituts gefragt werden, ob Sie sich derzeit mit der Entwicklung neuer Applikationen oder Services beschäftigen. Dies zeigt ein Problem deutlich auf:Wir sind beinahe mit der Modernisierung der Standard-ERP-Software fertig. Nächsten Monat sollten wir so weit sein.“
IT-Abteilungen sind mit der Pflege und Modernisierung bestehender Systeme bereits ausgelastet und verfügen nicht über die nötige Kapazität, neue Lösungen für die sich ständig verändernden Anforderungen zu entwickeln.”
Der klassische IT-Ansatz reicht hier nicht mehr aus, denn die IT muss heute „bimodal“ organisiert sein. Das heißt, die Verwaltung von Standardsoftware und die schnelle Entwicklung neuer, agiler Anwendungen für Kunden und Partner existieren als Hauptaufgaben der IT nebeneinander und müssen gleichermaßen abgedeckt werden. Das erfordert in Zukunft eine nahtlose Symbiose von traditioneller und agiler IT. Low-Code-Applikationen werden hier zum entscheidenden Bindeglied für die Finanzbranche, führen aber nur richtig angewendet zum gewünschten Erfolg.
Low-Code-Plattformen allein reichen nicht aus
Alles oder nichts – so lautet die Devise vieler Low-Code-Anbieter. Das heißt, sie bieten ausschließlich Low-Code-Funktionalitäten und keinerlei zusätzliche Möglichkeiten zur Programmierung an. Das macht die Technologie nur eingeschränkt einsetzbar und für die Entwicklung komplexer Anwendungen uninteressant. In Kombination mit einer Prozessautomatisierungsplattform kann Low Code hingegen ein viel größeres Potenzial entfalten. Dabei spielen Prozessausführung, Aufgabenzuweisungen, Stellvertreterregelungen mit Delegationen sowie die Anbindung von Backend-Systemen über Standard-Konnektoren bis hin zu Software-Robotern (Robotic Process Automation, RPA) eine zentrale Rolle. Die IT wird so bei der Programmierung von Basisfunktionen durch Low Code entlastet, ohne die Möglichkeit zu verlieren, komplexere Java-Programme oder Web-Oberflächen selbst zu schreiben. Die Prozessautomatisierungsplattform übernimmt dabei die Orchestrierung.
Low-Code-Plattformen erleichtern die Produktentwicklung
Agile Prozesse, wie sie bei der Entwicklung von Finanzprodukten zum Einsatz kommen, eignen sich besonders gut für den Einsatz von Low-Code-Plattformen. Der Entwicklungsprozess umfasst typischerweise viele Einzelschritte und erstreckt sich über viele Beteiligte und Abteilungen hinweg.
In der Umsetzung ist deshalb Agilität, wie sie Low Code bietet, elementar, um jederzeit Transparenz und einfache Anpassbarkeit des Prozesses – auch selbstständig durch die Fachabteilung – sicherstellen zu können.”
Neben dieser durch Low Code ermöglichten Agilität muss bei der Auswahl der richtigen Prozessautomatisierungsplattform aber auch auf flexible Entwicklungsmöglichkeiten für User-Interfaces sowie Integrationsmöglichkeiten in die bestehende IT-Infrastruktur und die damit verbundenen DevOps-Prozesse geachtet werden. Nur so kann eine Anwendung über den, durch Low Code gebotenen, Standard-Rahmen hinaus erweitert werden. Weiter lassen sich dadurch komplexe Themen wie die Source-Code/Projekt-Verwaltung, die Einhaltung von Applikationsentwicklungs- und Compliance-Richtlinien, sich häufig ändernde Web-/HTML-Standards, Datenspeicherung, Testprozesse und -automatisierung abdecken.
Flexible User Interface Entwicklung: Mehr als Design von der Stange
Autor Andreas Balsiger, Axon Ivy Seit über 15 Jahren ist Andreas Balsiger in der IT-Branche tätig und seit 2010 Head of Product Management der Schweizer Axon Ivy AG (Webseite). Er erkannte bereits früh, dass ihn die Schnittstelle zwischen IT und Fachabteilung interessiert. Dies führte ihn zum Studium der Wirtschaftsinformatik mit Diplomabschluss an der Fachhochschule Luzern sowie zum EMBA Studium General Management mit Diplomabschluss an der Berner Fachhochschule.
Um maximale Nutzerfreundlichkeit („Usability“) zu erreichen, genügt es nicht, ein modernes Webdesign „out of the box“ mit wenigen Klicks zu generieren. Eine Prozessautomatisierungsplattform muss auch die Möglichkeit geben, alle Bereiche und Elemente des User Interface punktgenau definieren zu können, sodass Anwendern nur die Informationen dargestellt werden, die sie benötigen. Zusätzlich sollten alle Dialoge und Eingabemasken auch mit Hilfe von vorgefüllten Auswahlfeldern (via Datenintegration/Shared Services) und umfassenden Validierungen von Eingaben hinsichtlich ihres Fehlerpotenzials optimiert werden. Als Ergebnis erhalten Anwender intuitiv benutzbare Benutzeroberflächen ohne großartige Schulungs- und Dokumentationsnotwendigkeit. Das erhöht Geschwindigkeit und Qualität und senkt gleichzeitig Prozess- und Personalkosten.
IT-Infrastruktur: Die Definition des Datenmodells als Grundlage
Basis für die agile und sinnvolle Individualisierung eines spezifischen Geschäftsprozesses wie der Produktentwicklung mittels einer Prozessautomatisierungsplattform ist die Definition eines Datenmodells, das sowohl für die Integration in die bestehende IT-Infrastruktur, die Darstellung im User Interface, als auch für die Datenspeicherung herangezogen wird. Die Daten-Persistenz-Funktionalität der Plattform sollte die nötige Flexibilität bieten, sowohl klassische relationale Normalfall-Szenarien (SQL) wie auch No-SQL und bestehende Data-Warehouse-Ansätze bedienen zu können. Shared Services schaffen die angestrebte zentrale Verwaltung und Wiederverwendbarkeit auch für Prozesse außerhalb der Produktentwicklung.
Dank Low-Code-Unterstützung bietet eine geeignete Prozessautomatisierungsplattform Standard-Konnektoren, wie Chat-/VOIP-Integration, E-Mail-/Office-Konnektoren, Verknüpfungen zu DMS-/Archivsystemen und ERP-Systemen sowie Identity Access Management und HR-Anbindungen. Diese sorgen dafür, dass Integrationsthemen wie Datenmapping, Datentransformation, Fehlerbehandlung, Testing und Caching schneller und einfacher umgesetzt werden können. Aber auch hier ist auf entsprechende technische Leistungsfähigkeit, offenen Architekturansatz inkl. Erweiterbarkeit durch Code und Unterstützung von wesentlichen Markt-Standards wie REST, SOAP, OpenAPI, OData, OAuth, zu achten.
Low Code als Teil des großen Ganzen
Für den langfristigen und strategischen Erfolg beim Einsatz einer Low-Code-Technologie ist entscheidend, dass IT-Fachkräfte und Entwickler nicht durch eine „Blackbox“-Plattform eingeschränkt oder ausgegrenzt werden, sondern die Low-Code-Umsetzung den klassischen IT-Ansatz ergänzt und unterstützt.”
Für den langfristigen und strategischen Erfolg beim Einsatz einer Low-Code-Technologie ist entscheidend, dass IT-Fachkräfte und Entwickler nicht durch eine „Blackbox“-Plattform eingeschränkt oder ausgegrenzt werden, sondern die Low-Code-Umsetzung den klassischen IT-Ansatz ergänzt und unterstützt.”
Dann kann die Technologie Finanz- und Versicherungsinstituten neuen Handlungsspielraum verschaffen. Als Teil einer Prozessautomatisierungsplattform birgt Low Code das große Potenzial, die Ansätze der bimodalen IT miteinander zu verbinden und die Grundlage für ein agiles und flexibles Arbeiten zu schaffen – sowohl für Fach- als auch für IT-Abteilungen.Andreas Balsiger, Axon Ivy
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