KYC-Identifikation auf Basis von Bankdaten
Identifizierung mit dem Online Banking, wie BankID (Schweden) oder NemID (Dänemark), ist in den nordischen Ländern gängige Praxis. In Deutschland dagegen gibt es für das Verfahren direkt noch keine Freigabe. Ein Kunstgriff macht den Einsatz in bestimmten regulierten Bereichen aber trotzdem möglich.
von Rudolf Linsenbarth
Zum Beispiel wird für die Identifikation gemäß dem „Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“ auch Geldwäschegesetz genannt, eine Qualifizierte Elektronische Signatur (QES) als Identifikationsmedium zugelassen. Da eine QES innerhalb der EU verpflichtend anerkannt werden muss, liegt es also nahe, einmal zu abzufragen, ob es dort nicht Vetrauensdiensteanbieter (QTSP = Qualified Trusted Service Provider) gibt, die eine QES auf Basis eines Logins im Online Banking erstellen können.Das Verfahren muss man sich ungefähr so vorstellen, der Kunde meldet sich über einen 3. Anbieter, wie man das von den Kontoinformationsdiensten bereits kennt, in seinem Online Banking an. Auf Basis der dann fließenden Daten wird die Identität des Nutzers ermittelt. Frei nach dem Motto: “Wer sich in das Bankkonto von Rudolf Linsenbarth einloggen kann, ist Rudolf Linsenbarth.”
…und hier: one more thing
„Einfach Digitalisieren –
Clubhouse Thursday Lunch“
(nur mit Apple-Geräten)
Wenn es ein spannendes Digitalisierungsthema aus den Bereichen Identity – Payment oder angrenzend gibt, wollen wir das am Donnerstag zwischen 12:00 und 13:00 Uhr mit Gästen diskutieren. Der erste Clubhouse Thursday Lunch hat entsprechend das Thema:
Identifikation mit Bankdaten
Mit diesem Link geht’s zum Event – Wir hören uns dann am Donnerstag!
Das ist soweit valide, nichts anderes passiert ja auch, wenn z.B. Verimi meine Identität bestätigt. Allerdings gibt es dabei einen feinen Unterschied. Während Verimi meine zusätzlichen Identitätsdaten vorab eingesammelt hat (z.B. durch ein Video Ident oder eine eID-Ausweisverifikation), liefert das Einloggen bei der Bank nur meinen Namen und die Kontonummer (IBAN). Während aber “Rudolf Linsenbarth” mit einiger Sicherheit weltweit eindeutig ist, trifft das auf “Peter Müller” schon nicht mehr zu. Außerdem müssen für beide noch Adresse, Geburtsdatum und auch der Geburtsort hinzugefügt werden. Bevor betrachtet werden soll, wie diese Datenanreicherung vonstatten gehen könnte, zunächst ein Blick auf die Player im deutschen Markt.
1. Klarna2. Solarisbank
3. Swisscom
4. yes.com
Klarna ident und Solarisbank Bankident setzen hierbei auf die Swisscom als QTSP. Die Swisscom wiederum kooperiert mit Klarna, um ihr eigenes Identifikationsverfahren Smart Registration Service (SRS) Bank in Deutschland auf den Markt zu bringen. yes das Ident Verfahren der yes.com ist für alle QTSP-Dienste offen, derzeit dabei sind InfoCert und Namirial.
Wie wird nun aus der Kombination von IBAN und Kontonutzer eine QES und damit eine digitale Identität? Man kann annehmen, dass diese beiden Datenpunkte aus gesicherten Verfahren ermittelt worden sind. Prinzipiell liegen die fehlenden Informationen natürlich bei der kontoführenden Bank. Ansonsten ist die Schufa in Deutschland immer der nächste Verdächtige, der in der Lage ist, die Daten weiter anreichern zu können.
Der QTSP muss also in dem Land, wo der Vertrauensdienst betrieben wird, sein Identifikationsverfahren den dortigen Aufsichtsbehörden vorstellen. Also die Swisscom in Österreich und InfoCert sowie Namirial in Italien. Erhält das Identifikationsverfahren eine Vertrauensniveaubewertung von mindestens substanziell, darf darauf aufbauend eine QES erstellt werden. Die wiederum kann im Rahmen einer GWG-Identifikation z.B. für eine Kontoeröffnung verwendet werden. Der deutsche Regulator verlangt dann aber noch zusätzlich die sogenannte Referenzüberweisung von einem Konto, das der zu identifizierenden Person zugeordnet werden kann.
Interessant wäre jetzt zu erfahren, wie die einzelnen Parteien diese Vorgaben im Detail umgesetzt haben. Daher gingen die folgenden Fragen an Solarisbank, Swisscom und yes.com:
1. Wie erfolgt die Anreicherung der Daten, nachdem man eine bestätigte Namen-IBAN Kombination erhalten hat? Aus welcher Quelle kommen die fehlenden Daten?2. Wie erfolgt die Zuordnung zur signierenden Person bei einem Gemeinschaftskonto? Wie wird unterschieden, wer hier signiert hat?
3. Können Sie sicherstellen, dass kein Verfügungsberechtigter im Namen des Kontoinhabers Signaturen erstellt?
Dazu muss man wissen, es gibt für einen Dritten in Deutschland derzeit mehrere Methoden, auf das Konto zu schauen. Wird zum Beispiel eine Schnittstelle gemäß PSD2 verwendet, dann bekommt der Kontoinformationsdienst bei einem Gemeinschaftskonto alle Kontoinhaber zurück geliefert und kann nicht sicher sein, welcher davon jetzt die Transaktion angestoßen hat. Auch ist über die PSD2-Schnittstelle nicht erkennbar, ob der Kontoinhaber oder ein Verfügungsberechtigter am anderen Ende sitzt. Es wird immer nur der Name des Kontoinhabers geliefert.
Etwas anders sieht es aus, wenn der Kontozugriff mittels Screen Scraping erfolgt. Diese derzeit für die meisten Banken in Deutschland noch zulässige Methode liefert dann deutlich mehr Informationen. Hier nun die Antworten zu unseren Fragen:
Solarisbank
Die regulatorisch geforderten Daten kommen aus einer weiteren Quelle. Die Frage, ob es sich hierbei um die Schufa handelt, wurde mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis weder verneint noch bestätigt. Falls von der „externen Quelle“ keine Daten zur Verfügung gestellt werden, kommt es zum Abbruch der Identifikation. Bei Gemeinschaftskonten ist eine Identifikation nicht möglich.
Fälle, in denen ein Verfügungsberechtigter sich als Kontoinhaber ausweist, würden ebenfalls abgebrochen werden. IT Finanzmagazin liegt aber ein Fall aus einer vertrauenswürdigen Quelle vor, wo es einem Verfügungsberechtigten gelungen ist, sich als Kontoinhaber zu identifizieren.
Swisscom
Auch hier gab es keine Information, aus welcher Quelle die Datenanreicherung erfolgt. Es wäre nur eine verschwindend geringe Anzahl an deutschen Bankkonten, für die man nach dieser Methode keine QES erstellen könne. Allerdings würden sowohl bei Swisscom als auch bei Klarna die Nutzer eines Gemeinschaftskontos zuverlässig auseinandergehalten werden können. Auch sei sichergestellt, dass ein Verfügungsberechtigter keine QES im Namen des Kontoinhabers erstellen kann.
yes.com
yes sei von den beschriebenen Problemen nicht betroffen, weil bei den ca. 1000 teilnehmenden Banken im yes Scheme eine von PSD2 unabhängige Schnittstelle zusammen mit einem geeigneten Prozess implementiert worden ist. Hierüber werden alle notwendigen Identitäts- und Legitimationsdaten an den QTSP geliefert. Standardschnittstellen für Kontoinformationsdienste gemäß PSD2 würden dabei nicht verwendet. Bei am yes-System teilnehmenden Banken entfällt daher auch das Login bei den eingangs genannten 3. Anbietern. Details zum Verfahren findet man unter dem folgenden Link.
Etwas anders sieht es aus, wenn ein Kunde sich über eine nicht am yes-Ökosystem teilnehmende Bank identifizieren möchte. Dann wird die erste Identifizierung zwar über die PSD2-Schnittstelle vorgenommen, aber nachgelagert kommt eine weitere Identifizierung mittels Personalausweis zum Tragen.
Allerdings hat yes auch nach mehreren Jahren den Launch für die QES-basierte Identifikation noch immer nicht vollzogen.
Zu guter Letzt wollten wir natürlich von der BaFin noch erfahren, wie eine KYC auf Basis von Onlinebanking-Zugriffen aus regulatorischer Sicht bewertet wird. Folgende Fragen wurden dazu gestellt:
1. Ist die „Referenzüberweisung für jede Identifikation auf Basis einer QES gemäß EU-Verordnung Nr. 910/2014 erforderlich oder nur für QES-Verfahren, die auf einer Bankidentifikation beruhen?2. Ist ein Verfahren, das auf der Kombination von QES und „Referenzüberweisung“ basiert, automatisch qualifiziert oder gibt es für die einzelnen Varianten noch eine Abnahme durch die BaFin?
3. Warum gibt es die „Referenzüberweisung“? Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass jede QES ja eine Identifizierung auf dem Level substanziell benötigt und damit schon eine starke Authentifizierung erfolgt ist. Eine Überweisung liefert hier keinen neuen Erkenntnisgewinn und damit eine höhere Sicherheit? Oder wird hier der Tatsache vorgebaut, dass der europäische Markt im Bereich der Vertrauensdienste noch nicht hinreichend harmonisiert ist?
4. Wenn ich es richtig verstehe, soll mit der „Referenzüberweisung“ der Nachweis erbracht werden, dass die zu identifizierende Person Zugriff auf ein Konto hat, welches auf ihren Namen lautet. Genügt hierbei die reine Bestätigung des Namens (z.B. Peter Müller) oder müssen im Rahmen dieser Überweisung noch weitere Datenpunkte verifiziert werden?
Zu meiner zweiten Frage antwortete die BaFin, dass sie keine Zertifizierungsstelle sei und auch ganz konkret nicht für eine etwaige Abnahme des Identitätsüberprüfungsverfahrens nach § 10 Absatz 1 Nr. 1 i.V.m. § 12 Absatz 1 Nr. 3 GwG in irgendeiner Form zuständig ist. Die Einhaltung der BaFin-Vorschriften wird also eher nachgelagert überprüft.
Die Identifikation: Fazit
Das Thema Bank-Identifikationsverfahren wird wahrscheinlich noch weiter Stoff für zukünftige Artikel liefern.”
Das Thema Bank-Identifikationsverfahren wird wahrscheinlich noch weiter Stoff für zukünftige Artikel liefern.”
Die politisch gewollte Gleichstellung von nicht harmonisierten eIDAS-Verfahren innerhalb der EU birgt Konfliktpotenzial. Der deutsche Regulator hat alle Eier zum Thema digitale Identität in den Korb Personalausweis gelegt. Der Markt verlangt aber mehr Flexibilität. Obwohl politisch nicht gewollt, hat sich bereits das VideoIdent für die GWG KYC-Authentifizierung durchgesetzt. Mit der Identifizierung über das Bankkonto setzt jetzt ein weiteres Verfahren zum Sprung an. Das wird nicht das Letzte sein. Das Auto Ident Verfahren mit dem Personalausweis sitzt bereits in den Startlöchern. Eine Referenzüberweisung macht die QES-Identifizierung auf jeden Fall umständlicher, ob sie dadurch sicherer wird, wage ich zu bezweifeln!
Der Gesetzgeber ist jetzt in der besonderen Verantwortung, endlich eine digitale Identifizierungsstrategie aus einem Guss zu erarbeiten!Rudolf Linsenbarth
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