Lagarde: „Wir werden einen digitalen Euro haben“
EZB-Chefin Christine Lagarde ist sich sicher, dass die EU ihre gemeinsame Währung auch in einer elektronischen Variante auf den Markt bringen wird. Die endgültige Entscheidung zum E-Euro soll zur Jahresmitte fallen. In China laufen derweil letzte Vorbereitungen zum Start eines digitalen Yuan.
Mit einer Rekordbeteiligung ist die öffentliche Anhörung der EZB zum digitalen Euro zu Ende gegangen. Bürger, Unternehmen und Akteure der Finanzmärkte konnten in den vergangenen drei Monaten unter anderem darlegen, wie sie einen digitalen Euro nutzen würden, welche Rolle Banken und Finanzdienstleister einnehmen sollen, und welche Erwartungen an eine digitale Währung geknüpft werden.
Hohes Interesse
Über 8.200 Stellungnahmen nahm die EZB entgegen, verriet Christine Lagarde auf der Online-Veranstaltung „Reuter Next“ – für sie ein Zeichen für das hohe Interesse an der digitalen Währung. Am wichtigsten war den Teilnehmern der Datenschutz bei Zahlungen (41 Prozent) sowie Sicherheit (17 Prozent) und eine europaweite Reichweite (10 Prozent). Ein vollständiger Bericht über die eingegangenen Antworten wird in den kommenden Monaten vorgestellt.
In einer ausführlichen Stellungnahme (PDF) begrüßt die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) die Initiative der Zentralbank, die Alternativen eines digitalen Euro zu sondieren und Lösungen für die technischen Herausforderungen zu finden. Auf der einen Seite sieht der Verband – abhängig von der Ausgestaltung der digitalen Währung – die Chance zu besserer Wettbewerbsfähigkeit Europas, auf der anderen Seite aber auch die Gefahr, die Geometrie des europäischen Bankensystems grundlegend zu verändern.
Die DK spricht sich grundsätzlich zugunsten der Einführung des digitalen Euros aus. Jedoch drängt der Verband darauf, dass die Funktionsfähigkeit des zweistufigen Bankensystems aus Europäischer Zentralbank (EZB) und den Geschäftsbanken in keinem Fall in Frage gestellt werden dürfe. Auf eine zügige Einführung drängt zudem der IT-Verband Bitkom in seiner Stellungnahme. Europa dürfe bei digitalen Währungen nicht abgehängt werden, sondern müsse den Vorsprung aufholen, den andere bereits haben.
Der weitere Fahrplan
Die Ergebnisse der Konsultation fließen in weiteren Beratungen des EZB-Rates ein, dazu weitere Analysen und Studien. Mitte 2021 wird das Gremium dann eine Vorentscheidung treffen, ob die Einführung eines E-Euro vorangetrieben werden soll oder nicht.
„Ich weiß, dass wir auf die Nachfrage in Europa antworten müssen, und wir haben eine Nachfrage.“
Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank
Zumindest Lagarde scheint sich bereits festgelegt zu haben. „Wir werden einen digitalen Euro haben“, sagte sie bei ihrem Auftritt bei Reuters Next. Das sei „nicht für morgen“, das wird einige Zeit benötigen, um sicherzustellen, dass es etwas gibt, was sicher ist, führte sie weiter aus. Mit Verweis auf China, das seit 2016 an einer digitalen Währung arbeitet, nannte sie eine Frist von fünf Jahren bis zu einer möglichen Einführung. Zudem bekräftigte sie die bereits mehrfach getätigte Aussage, dass ein digitaler Euro lediglich als ergänzendes Zahlungsmittel eingeführt werde und Bargeld nicht ersetzen solle.
Vorbild China?
Tatsächlich mehren sich die Anzeichen, dass in China der Start es E-Yuan näher rückt. Bereits im vergangenen Jahr wurden in mehreren Großstädten Pilotversuche durchgeführt. Diese sollen in diesem Jahr ausgeweitet werden, unter anderem auch in Peking und der angrenzenden Provinz Hebei. Dort liegen die beiden Wintersportorte Yanqing und Zhangjiakou, die neben Peking als Austragungsorte für die Olympischen Winterspiele 2022 fungieren.
Bereits im August hatte Sun Guofeng, Leiter der geldpolitischen Abteilung der chinesischen Zentralbank (People’s Bank of China, PBoC), in einem Interview ausgeführt, dass es zwar noch keinen endgültigen Zeitplan für die Einführung des E-Yuan gebe. Jedoch gebe es Überlegungen, den E-Yuan bereits während der Olympiade, die im Februar 2022 stattfinden soll, zu nutzen.
So könnte zum nächsten Jahreswechsel der E-Yuan als zweite digitale Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC) an den Start gehen. Zum einen will die kommunistische Zentralregierung möglichst schnell ein offizielles Gegengewicht zu privaten Zahlungsplattformen, beispielsweise den einheimischen Anbietern WeChat Pay und Alipay, sowie Kryptowährungen wie Bitcoin und Facebooks Diem (ehemals Libra) einführen. Zum anderen könnte der E-Yuan im Rahmen des Projekts „Neue Seidenstraße“ dazu beitragen, sich international vom Dollar zu emanzipieren.
Den ersten Platz haben sich übrigens die Bahamas gesichert. Die führten im vergangenen Oktober den „Sand Dollar“ (Website) als lokale CBDC ein. hj
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