Interim Management: Mit externen Digitalisierungs-Experten anspruchsvolle Projekte stemmen
Die Digitalisierung neben dem Tagesgeschäft zu stemmen, ist für Banken und Finanzdienstleister die große Herausforderung. Interim Manager – also externe IT-Experten – können die Erfolgsquote anspruchsvoller Projekte heben. Das Plädoyer für externe Manager zur Umsetzung wichtiger Digitalisierungsprojekte
von Annette Neumann
Kundenanforderungen verändern sich oft schneller als Unternehmen. Gerade Banken müssen neue Online-Produkte auf den Markt bringen und ihren Mitarbeitern transparent machen, warum digitalisierte Kundenprozesse notwendig sind.„Der Trend zum Online-Banking-Geschäft mit der dazugehörigen Sicherheitsthematik ist eine große Herausforderung für die Banken, und die aktuelle Corona-Pandemie wirkt dabei wie ein Katalysator“, meint beispielsweise Kathrin Weber, Interim Managerin und Geschäftsführerin der IRM Interim-Risiko-Management. Weber ist spezialisiert auf Risiko- und Krisenmanagement und unterstützt unter anderem Finanzdienstleister bei digitalen Transformationsprojekten. Sie ist eine von deutschlandweit rund 11.250 Interim Managern, die als hochqualifizierte Honorarkraft auf Zeit anspruchsvolle Projekte managt, für deren Umsetzung im Tagesgeschäft meist keine Zeit bleibt.
Neben fehlender personeller Kapazitäten für komplexe Projekte treibt noch ein weiterer Grund die hohe Nachfrage nach den digitalen Experten:
Interim Manager verfügen über ein breites strategisches und operatives Erfahrungswissen, da sie als Experten oder Führungskräfte in Unternehmen unterschiedlicher Branchen unterwegs sind.“
Dr. Marei Strack, Vorstandsvorsitzende DDIM Dachgesellschaft Deutsches Interim Management
Klassische Einsatzfelder sind Geschäftserweiterungen, Markteintritte und Fusionen. Auch Restrukturierungsaufträge wurden jüngst zunehmend vergeben. Bei Kriseneinsätzen kommt die Qualität der Interim Manager zutage, „denn sie sind darin geübt, schnell Maßnahmen zu analysieren und umzusetzen.“
Alte Zöpfe abzuschneiden und Neues auszuprobieren, fällt ihnen leichter als Festangestellten, weil sie mit dem kritischen Blick eines Externen auf das Unternehmen schauen und keine Karriere in diesem verfolgen.”
Dr. Marei Strack, Vorstandsvorsitzende DDIM Dachgesellschaft Deutsches Interim Management
Waren Projekteinsätze vor Ort in der Vergangenheit die Regel, gestalten sie sich mittlerweile auch häufiger remote oder hybrid.
Rückhalt der Geschäftsführung ist entscheidend
Über die DDIMDie Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e.V. (DDIM, Website) ist die führende Branchenvertretung für professionelles Interim Management in Deutschland. Die Hauptaufgaben des Berufs- und Wirtschaftsverbandes sind die Wahrung der wirtschaftlichen Interessen ihrer rund 600 Mitglieder und die nachhaltige Förderung des Interim Managements in Deutschland. Die DDIM definiert die Berufsstandards, fördert die Qualitätssicherung und unterstützt den Wissenstransfer ihrer Mitglieder.Als selbstständige Unternehmerin akquiriert Kathrin Weber ihre Mandate selbst, oder sie werden über Interim Management-Provider vermittelt (siehe Kasten). Der Auftrag ihres jüngsten Projekts: Ein Konzept mit Lösungsmöglichkeiten für ein kontaktloses Bezahlsystem zu erarbeiten, das den Bankkunden ein hohes Maß an Sicherheit und eine möglichst einfache Authentifizierung beim Zugang und der Nutzung des Zahlungsverkehrs gewährleistet. Eine gute, transparente Zusammenarbeit und Kommunikation auf allen Ebenen ist für den Erfolg des Projekts das A und O. Kathrin Weber:
Als Externe das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und gleichzeitig den unabhängigen kritischen Blick zu bewahren, ist ein Tanz auf Messerschneide.“
Als Externe das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen und gleichzeitig den unabhängigen kritischen Blick zu bewahren, ist ein Tanz auf Messerschneide.“
Daher sei es wichtig, die Schlüsselpersonen, also die Abteilungsleiter, von Anfang an einzubeziehen und im zweiten Schritt die Produktmanager für die neue Lösung zu gewinnen, um diese dann gemeinsam mit ihnen und der IT umzusetzen. Ob die Mitarbeiter bereit sind, das Wissen anzunehmen, hängt vor allem von dem Rückhalt der Geschäftsführung ab: „Damit steht und fällt der erfolgreiche Projekteinsatz“, nennt Kathrin Weber einen weiteren kritischen Erfolgsfaktor.
Spezialgebiet: Anspruchsvolle Aufgaben
Auch Wilhelm Kapell, der unter anderem als Experte für Prozessoptimierung bei Finanzdienstleistern im Einsatz ist, betont, wie wichtig der Aufbau einer guten Kommunikation mit der Belegschaft ist, um vor Ort oder aus der Ferne erfolgreich agieren zu können. Bei seinem letzten Projekt hatte er den Auftrag erhalten, die digitale Transformation eines manuellen Prozesses hin zu einer automatisierten Robotics-Lösung mittels Künstlicher Intelligenz (KI) zu begleiten. Neben der Fähigkeit, empathisch mit Verunsicherungen und Widerständen der Mitarbeiter umzugehen und sie für die Veränderung zu gewinnen, sind eine hohe Problemlösekompetenz und Flexibilität gefragt. Kapell:
Bei dem agilen Projekt galt es, die Software mit den entsprechend verfügbaren Lösungen dem sich permanent verändernden Umfeld anzupassen und dabei immer das übergeordnete Ziel, also die Prozessoptimierung, im Blick zu behalten.“
Eine Herausforderung im Projekt war der Spagat, den Prozessflow abzubilden bei gleichzeitig wechselnden Offshore Programmierern (Indien) und deren zunächst geringer Prozessdokumentation. Hier musste erst Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Die geordnete Übergabe
Für den gewünschten Wissenstransfer ist eine geordnete Übergabe entscheidend. Ein Projekthandbuch mit detaillierter Beschreibung der einzelnen Tools und Prozessschritte ist ebenso wichtig wie die Übergabe an mindestens zwei Personen:
Es ist immer besser, die Übergabe auf mehrere Schultern zu verteilen, damit kein Know-how verlorengeht, falls ein Mitarbeiter zum Beispiel aus dem Unternehmen ausscheidet.“
Die Experten sind sich einig: Für alle Beteiligten muss klar sein, dass der Manager auf Zeit einen zeitlich begrenzten Auftrag erfüllt und sich nach der Projektübergabe überflüssig machen muss. Marei Strack:
Einen Interim Manager dauerhaft zu beschäftigen, ist weder im Sinne des Unternehmens noch des hochqualifizierten Selbstständigen, der die flexible Beschäftigungsform sehr bewusst gewählt hat.“
Immer wieder kommt es vor, dass Interim Manager im Anschluss an ein Mandat eine Festanstellung angeboten wird. Kathrin Weber: „Das ist ein großes Lob. Mich reizen jedoch nach wie vor die unternehmerische Tätigkeit sowie die objektive Unterstützung des Kunden unabhängig von politischen Zwängen.“Annette Neumann
- Einsatz:
Als Interim Manager wird eine Fach- oder Führungskraft bezeichnet, die als Honorarkraft auf Zeit ohne Anstellungsvertrag in einem Unternehmen arbeitet. Oft werden sie als Leiter großer Change-Projekte eingesetzt. Interim-Einsätze reichen von kleineren kurzfristigen Projekten von drei bis sechs Monaten bis hin zu langfristigen Aufträgen, die 12 bis 24 Monate dauern können.
- Aufgabenbereiche:
Change Management, darunter zunehmend digitale Transformationsprojekte, Prozessoptimierung und Projektmanagement sind die häufigsten Aufgaben, die Interim Manager übernehmen.
- Vermittlung:
Interim Management-Provider haben sich als Bindeglied zwischen den Managern und ihren Kunden im Markt etabliert. Deren wesentliche Leistungen bestehen in der Vorhaltung der Profile von bewährten Interim Managern aus dem Pool, der genauen Erfassung der Anforderungen im Kundenprojekt und der schnellen Auswahl und Vorstellung geeigneter Kandidaten.
- Vergütung:
Interim Manager sind durchschnittlich rund 160 Tage im Einsatz und erhalten einen durchschnittlichen Tagessatz von knapp über 1.200 Eur. Je nach Qualifikation, Erfahrung und Verantwortungsbereich sind auch Tagessätze von 2.500 € möglich.
Quelle: Dachgesellschaft Deutsches Interim Management (DDIM) (Webseite)
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