“Mach Schluss mit Deiner alten Bank”, “Banking aber besser”, “Das würde Deine Bank niemals tun” – Sprüche, die suggerieren sollen, das Banken überflüssig seien. Ist dem so? Oder ist das nur Taktik und hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun?
Keuper: Die Tage der Banken sind offensichtlich gezählt. Wozu brauchen wir überhaupt noch Banken?
Jürschick: Du willst doch jetzt nicht allen ernstes behaupten, dass wir keine Banken mehr brauchen?
Keuper: Natürlich. Banking is neccessary, banks are not.
Jürschick: Nur weil Bill Gates das gesagt hat, muss es nicht wahr sein. Was wir uns wünschen sind vielleicht etwas modernere Banken – möglicherweise ohne Krawatten. Aber natürlich brauchen wir Banken – also Menschen, die sich verantwortungsvoll um alle Geldangelegenheiten kümmern, bei denen nicht jeder Leistung fragmentiert irgendwo anders zu besorgen ist. Kredit hier, Tagesgeld dort, Girokonto nochmal woanders – und wo war noch gleich das Depot?
Keuper: Das ist richtig. Andersherum aber gilt auch: Nur weil wir es uns (noch) nicht vorstellen können, muss es nicht falsch sein. Das eigentliche Problem ist, dass in Folge technologischer und sozialer Innovationen die Rolle der Banken in der Wirtschaft infrage gestellt wird. Es sind auf einmal Alternativen da, wo vorher keine waren. Bankless Banking ist keine Utopie mehr. Zwar ist es richtig, dass die Kunden nicht mit zehn verschiedenen Anbietern in Kontakt treten wollen, allerdings ist es mehr als vorstellbar, dass die digitalen Ökosysteme oder Plattformen ein breites Spektrum an Leistungen und Produkten vorhalten können. Die klassische Universalbank wird damit überflüssig. Banken werden wortwörtlich in den Hintergrund gedrängt.
Jürschick: Du übersiehst etwas: Die Banken haben Geld, das sie in die Zukunft ihrer Unternehmen investieren wollen. Das Problem: Von den sehr vielen Startups weiß man nicht, welche relevant sind und welche sich am Markt durchsetzen werden. Also machen die Banken das, was jeder gute Jäger macht: Man wartet auf den richtigen Moment und schießt sich dann die richtig Guten. So investiert man Geld seriös. Eine kluge Taktik – siehe Sparkassen und Payone, Commerzbank und traxpay, DBK und Cringle, …
Keuper: Oder sie bekommen nur noch die Ladenhüter vor die Flinte ;-) Die richtig Guten warten nicht darauf, von den Banken entdeckt zu werden. Die machen ihr eigenes Ding. Jürschick: Welche sind das? Startups reizen die Banken doch nur, weil die Exit-Strategie heißt: aufkaufen lassen.
Keuper: Für die Mehrzahl der Startups trifft das wohl zu. Nur, es kommt auf die wenigen an, die den Durchbruch, die Skalierung schaffen, also auf die neuen “Googles”. Also weniger die “Optimierer”, sondern die “Disruptoren”, wenngleich letzterer Begriff deutlich überstrapaziert ist. Jürschick: Ralf, Du eierst rum. Sag doch mal Namen.
Keuper: Zum Beispiel Number26, Holvi und Stripe aus dem “klassischen” Banking, Ehtereum und Codius/Ripple aus dem Umfeld Bitcoin/Blockchain. Allerdings: FinTechs alleine werden es nicht schaffen, die Banken zu ersetzen. Da müssen noch andere mit ran. Jürschick: Selbst wenn, würden die Startups exakt die gleichen Probleme bekommen, die die Banken und Sparkassen heute schon haben: Auflagen, Regulierung, absurde Dokumentationspflichten, verpflichtende Stukturen, Reportings und das alles mit erdrückenden Zusatzkosten – und vorbei ist es mit den Non- und Near-Banks (F4/F5). Um das zu schaffen brauchen sie allesamt Banken – die in der Zwischenzeit genügend Zeit haben um die entsprechenden Benutzerschnittstellen (neusprech: UX – User Experience) zu bauen – und darum geht es doch im Grunde genommen eigentlich nur. Keuper: Es stimmt zwar, dass die FinTech-Startups, oder andere Herausforderer, wenn sie als Vollbank auftreten wollen, eine Banklizenz benötigen und ihr eigentlicher Vorteil dann verloren geht und sie denselben Restriktionen unterliegen wie die Banken. Nur – das vermeiden viele von ihnen; insbesondere die großen Internetkonzerne, wie PayPal, Apple und Google haben großes Interesse daran, die Infrastruktur der Banken zu nutzen, solange sie selber nicht der Regulierung unterliegen. Banken werden zu reinen Infrastrukturanbietern. Jürschick: Aber Ralf, es ist genau anders herum: FinTechs und Internetkonzerne werden zu Dienstleistern der Banken und Sparkassen. Sie können nicht ohne. Letztendlich werden sie Banken und Sparkassen nur neue Kunden zuführen. Während die Institute diese mit zusätzlichen Leistungen langfristig binden. Und wie schon erwähnt: Die Geldinstitute werden sich zur passenden Zeit die erfolgreichsten FinTechs zu kaufen. Dabei muss nicht mal bankeigenes Kapital zum Einsatz kommen. Keuper: Das sehe ich in der Tat anders: Entscheidend wird sein, wer die Kunden auf seine Plattform lenken kann und binden kann; und da haben die großen Internetkonzerne, die digitalen Ökosysteme einen entscheidenden Vorteil. Sie sind die Gatekeeper, an denen kein Weg mehr vorbei führt. Sie halten die Kunden so lange auf ihrer Plattform und beglücken sie dabei mit Zusatzangeboten, dass für die Banken nur der Rest, d.h. die Abwicklung übrig bleibt. Jürschick: Ganz im Ernst: Ich glaube an Banken und an FinTechs. Es wird auf eine Symbiose hinauslaufen. In einigen Bereichen werden die FinTechs den Banken die UX voraus haben (wobei es auch einzelne Banken gibt, die das wirklich gut können) und die Banken werden über die persönlicher Betreuung die Beziehung pflegen – und wer weiß: Möglicherweise werden ja die Bankberater zu App- und Mobil-Experten in flexiblen In-Shop-Filialen. Vertrauen und Modernität könnten eine perfekte Symbiose bilden.
In jedem Fall haben Banken Zukunft. Ganz sicher.
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