Office_neo: digitale Kommunikation wird neu aufgestellt – Interview mit Dr. Schröter, Finanz Informatik
Der zentrale IT-Dienstleister der Sparkassen-Finanzgruppe, die Finanz Informatik (FI), stellt die digitale Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb der Institute und auch im Verbund neu auf. Im Zentrum steht Office_neo. Die Community-Cloud-Lösung basiert auf Exchange, SharePoint, Skype for Business und den Office-Lösungen von Microsoft und wird in den FI-Rechenzentren betrieben. Dr. Marcus Schröter, Geschäftsbereichsleiter End-2-End Workplace der Finanz Informatik, erklärt im Interview mit dem IT Finanzmagazin das Einführungsprojekt und den Technologie-Stack der neuen Lösung.
Herr Dr. Schröter, warum hat sich die FI beim Aufbau der neuen Collaborations- und Kommunikationsplattform für die Microsoft Office-Lösungen als technologische Grundlage entschieden? Kamen andere Lösungen nicht in Betracht?
Der Technologiewahl gingen eine umfassende Marktanalyse und intensive Gespräche mit den in Frage kommenden Anbietern voraus. Grundlage für die Gespräche waren konkrete Anforderungen, die wir zuvor in einem Strategieprojekt festgelegt haben. Wir haben nach einer mandantenfähigen Lösung gesucht, die die unterschiedlichen Anforderungen der einzelnen Institute an die Kommunikation und Zusammenarbeit abdeckt.Diese Lösung sollte als On-Premises-Cloud in den Rechenzentren der FI produziert werden. Das ist ein wichtiger Aspekt, da wir auf diese Weise sicherstellen, dass die regulatorischen Vorgaben eingehalten werden, da die Lösung nahtlos in das Sicherheitsmanagement, das Benutzermanagement sowie die SIEM-Prozesse der FI eingebunden werden kann.”
Insgesamt übernehmen wir die End-to-End-Verantwortung für sämtliche Komponenten wie Server, Netzwerk und Speicher. Durch diese Vorgaben hat sich die Anzahl der in Frage kommenden Lösungen recht schnell reduziert. Microsoft konnte unsere Anforderungen erfüllen und im Verbund gab es auch schon gute Erfahrungen mit der Lösungs-Suite.
Wie sieht die Architektur aus? Kommt mit Office auch die Azure-Cloud zum Einsatz?
Wir nutzen die Standard-Komponenten von Microsoft als Grundlage für unsere eigene, Sparkassen-Finanzgruppen-spezifische Produktfamilie Office_neo. Diese ergänzt unser umfangreiches Basisangebot um die Komponenten und Funktionen, die für eine zeitgemäße Kommunikation und Collaboration fehlen.
Die FI betreibt Office_neo auf Basis standardisierter Hardwarekomponenten nach dem Scale-out-Ansatz in einer dedizierten On-Premises-Cloud.”
Für unsere Kunden setzen wir auf einen georedundanten Betrieb in allen vier Rechenzentren. So erfüllen wir die hohen Anforderungen an die Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit der neuen Lösung. Microsoft Azure kommt derzeit nicht zum Einsatz.
Welche Security-Aspekte erfüllt Office in Bezug auf MaRisk/BAIT besser als andere? Wie kann die FI sicherstellen, dass keine Daten im Rahmen von FISA oder Cloud-Act in die USA abfließen?
Durch unser Betreibermodell haben wir sämtliche Security-Aspekte gelöst: Office_neo ist eine Cloud-Lösung „Made in Germany“, die wir in unseren Rechenzentren betreiben.”
Sicherheit und Datenschutz genießen bei der FI allerhöchste Priorität. Unsere Rechenzentren unterliegen regelmäßigen und strengen Kontrollen diverser Aufsichts- und Prüforganisationen. Auf diese Weise stellen wir sicher, dass alle gesetzlichen, regulatorischen und auch datenschutzrechtlichen Aspekte eingehalten werden.
Wird – um das ganze System flexibler zu gestalten – Virtualisierung eingesetzt?
Die Serverumgebung, auf der Office_neo produziert wird, ist auf Basis von Microsoft Hyper-V hochgradig virtualisiert.”
Die Prozesse, etwa für neue Serverinstanzen, der Softwareversorgung und für das Patchmanagement wurden und werden kontinuierlich weiter automatisiert, so dass die Bereitstellung sehr effizient erfolgen kann.
Wie viele Lizenzen sind im Einsatz? Und wie erfolgt das Lizenz-Management?
Aufgrund der spezifischen Anforderungen der FI sind die lizenzrechtlichen Fragen individuell vereinbart. Die Regelungen schließen den flächendeckenden Rollout von Office_neo in der Sparkassen-Finanzgruppe ein. Aktuell nutzen rund die Hälfte aller 378 Sparkassen die Funktionen von Office_neo.
Mit welchen Mengengerüsten rechnet die FI im Rollout von Office_neo?
Sparkassen können selbstständig über den Einsatz von Office_neo entscheiden. Bislang haben sich mehr als 99 Prozent aller Institute für eine Migration von Mail, Kalender und Aufgaben nach Office_neo bis Ende 2022 entschieden. Gleichzeitig erfolgt der Einsatz von Skype for Business in den Häusern. Darüber hinaus haben bereits erste Verbundpartner Office_neo mit den ersten Funktionen im Einsatz.
Als weitere strategische Plattform wurde 2019 SharePoint in der Sparkassen-Finanzgruppe bestätigt.”
Naturgemäß dauert hier die Durchdringung etwas länger, da weitere Funktionalitäten wie zum Beispiel bestimmte Workflows auf Basis von SharePoint erst geschaffen werden müssen. Hierzu hat die FI ein entsprechendes digitales Ökosystem etabliert, das es Marktpartnern erlaubt, diese Funktionalitäten auf einer einheitlichen technischen Plattform zur Verfügung zu stellen.
Gibt es spezielle Software-Anpassungen für Office_neo? Oder wird eine Out-of-the-Box-Version genützt?
Wir haben, wie gesagt, Office_neo an die spezifischen Anforderungen der Sparkassen-Finanzgruppe angepasst. Dazu wurde die neue Produktfamilie tief in das Gesamtangebot der FI integriert. Hierzu gehört zum Beispiel die Bereitstellung von Mail- und Kalenderfunktionen über das Gesamtbanksystem OSPlus einschließlich Terminvereinbarung, Nachrichtencenter, E-Mail-Archivierung in der Kundenakte und die Integration in IT-Service – also den digitalen Arbeitsplatz der Institute. Auch der Zugriff über im Management der FI befindliche mobile Endgeräte ist möglich, ebenso die Abbildung administrativer Prozesse über bestehende Werkzeuge, um zum Beispiel Stammdaten der Mitarbeiter wiederverwenden zu können.
Des Weiteren wurden Komponenten integriert, die für die Nutzung im Vertrieb bei den Sparkassen von besonderer Bedeutung sind.
So ist es – um ein Beispiel zu nennen – möglich, Audio-/Video-Verbindungen mit Endkunden über die Internet-Filiale der Sparkassen zu etablieren, ohne dass diese spezifische Hard- oder Softwarevoraussetzungen erfüllen müssen.”
Die Benutzer erhalten somit eine integrierte Gesamtlösung. Über diese können sie sich mit Kollegen, aber auch organisationsübergreifend über Chats, Messenger-Dienste und auch Videokonferenzen austauschen. Das eröffnet neue Formen der Kommunikation, der Zusammenarbeit sowie des Wissens- und Content-Managements.
Welche Herausforderungen gibt es bei dem Roll-out und wie lösen sie diese?
Viele Sparkassen und Verbundunternehmen haben über einen langen Zeitraum mit Notes und Domino gearbeitet. Dadurch wurde die Infrastruktur über die Jahre hinweg immer individueller.
Die so entstandenen heterogenen Strukturen lösen wir ab.”
Bei jedem Institut können sich dabei individuelle Herausforderungen ergeben. Deshalb ist es vor dem Einsatz von Office_neo nötig, dass die Institute über Auswirkungsanalysen die genauen Rahmenbedingungen für ihre individuelle Umstellung ermitteln.
Wenn das geschehen ist, unterstützen wir sie bei Integration, Einführung und Inbetriebnahme im Rahmen unseres Serien-Roll-outs. Dieser folgt einem stringenten Vorgehensmodell für die Migration. Wichtig ist, dass wir die Mitarbeiter bei diesem großen Change mitnehmen.
Daher unterstützen wir den Kulturwandel auch durch digitale Lernangebote. Dabei stellen wir den Mitarbeitern das Arbeiten mit der neuen Lösung vor. So sorgen wir bei ihnen für eine schnelle Akzeptanz.”
Auf diese Weise begleiten wir die Häuser eine gewisse Zeit. Denn nur, wenn die neuen Werkzeuge auch genutzt werden, werden die Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit in der Gruppe auch effizienter. Zur schnellen Akzeptanz trägt aber auch bei, dass Office_neo die Komplexität der Infrastruktur nachhaltig reduziert. Die Standard-Lösung ermöglichen zudem Skaleneffekte, was Kosten spart. Das ist aber weniger eine Herausforderung, sondern ein weiterer wesentlicher Nutzen, von dem die Institute profitieren und der dazu führt, dass die neue Lösung angenommen wird.
Herr Dr. Schröter, vielen herzlichen Dank für das Interview.aj
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