So war 2017; das wird 2018: Die FinTech-Welle ist vorbei – PSD2 trennt Spreu vom Weizen – fünf Experten
2017 ist Geschichte, 2018 läuft – und wie in jedem Jahr wollen wir (so wie voriges Jahr) kurz einen Blick auf die wichtigsten Ereignisse im vergangenen Jahr blicken und sehen, was uns 2018 erwartet. Was sind die Herausforderungen für FinTech und für Banken?
Um sinnvoll in die Zukunft (2018) sehen zu können, haben wir die Vergangenheit (2017) betrachtet und so fünf führende Vertreter der Branche gebeten, uns einen Einblick in ihre Erwartungen aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Finanzdienstleistungsbranche zu geben. In diesem Jahr fragten wir: 1. André M. Bajorat (CEO @ figo)2. Karsten Traum (Bereichsleitung Privatkunden @ DKB)
3. Florian Christ (CEO @ fino)
4. Rolf-Henning Hackel (Vorstand @ Finconomy)
5. Mariusz Bodek (Experte für Digital Transformation @ KPMG)
Auch in diesem Jahr blicken wir vor dem Ausblick für 2018 zunächst auf das vergangene Jahr 2017 zurück – bitte nennen Sie drei Schlagworte für die aus Ihrer Sicht wichtigsten Themen und Treiber aus 2017?
André M. Bajorat (CEO @ figo):
– Professionalisierung der Themen und der Kooperationen
– PSD2-Aktivitäten an vielen Stellen
– Bitcoin und Krypto
Karsten Traum (Bereichsleitung Privatkunden @ DKB):
– MiFID2, PSD2 und viele weitere große Regulatorikthemen
– Hype um Bitcoin
– Fintech-Shift auf B2B
Florian Christ (CEO @ fino):
– Mehr als reden: aus Panels zu Kooperationen werden Partnerschaften
– Hackathons: jeder braucht einen, unübertroffen bleibt das Original, danke André
– Schnellschüsse: nachdem Zugriff aufs Konto nicht mehr böse ist, wie verkaufe ich jetzt den Stromvertrag?
Rolf-Henning Hackel (Vorstand @ Finconomy):
– Kooperationen zwischen FinTechs und etablierten Finanzdienstleistern nehmen zu und gewinnen an strategischer Bedeutung
– Neue Regulatorik (MiFID II, PSD2) bedeutet für neue Player hohe Markteintrittsbarrieren, für schon „etablierte FinTechs“ große Wachstumschancen
– Erste prominente FinTechs verschwinden wieder vom Markt (Knip, Cashboard, etc.)
Mariusz Bodek (Experte für Digital Transformation @ KPMG):
– PSD2 wird endlich als Geschäftsmodell-Chance und nicht als x-te regulatorische Pflichtaufgabe betrachtet werden müssen
– Weitere Konsolidierung des FinTech-Hypes und ein stärkerer Fokus auf den B2B-Sektor durch FinTechs
– Banken widmen sich mehr dem dringenden Thema Digitale Transformation, bei der FinTechs zwar nur ein Baustein, aber auch ein guter Wegbereiter in die Köpfe der Bankentscheider sind
André M. Bajorat (CEO @ figo): An die große Revolution habe ich persönlich noch nie geglaubt, da ich sie nicht für zielführend halte. Stattdessen geht es um langfristige, grundlegende Veränderungen im Sinne der Evolution. Die am 13. Januar in Kraft getretene PSD2 spielt dabei eine große Rolle.
Sie [PSD2] wird verstärkt beweisen, dass FinTech keine Nische ist und ermöglicht ganz neue Geschäftsmodelle.”
FinTech-Unternehmen, die sich bisher kaum mit Regulierung auseinandersetzen mussten, stehen durch die PSD2 allerdings vor einer Herausforderung.
Karsten Traum (Bereichsleitung Privatkunden @ DKB): Auch ich glaube weiterhin nicht an eine Revolution, sondern ähnlich wie André, dass es sich hier um grundlegende und mittel- bis langfristige Entwicklungen handelt.
Allerdings bin ich ebenfalls überzeugt davon, dass wir 2018 weitere FinTechs sehen werden, die kein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine stellen konnten und können und somit wieder vom Markt verschwinden werden, zumal auch die Regulatorik mittlerweile mit aller Konsequenz im FinTech-Markt angekommen ist.”
Unser Haus ist weiterhin sehr offen für neue Partnerschaften mit FinTechs. Wir bauen auch die Zusammenarbeit aus, wenn sich Kooperationen und gemeinsame Services als erfolgreich erweisen.
Florian Christ (CEO @ fino):
Der Hype ist aus meiner Sicht lange vorbei. Jetzt setzen sich gute Geschäftsmodelle und Partnerschaften durch. Dank PSD2 wird Banking von anderen Industrien für bessere Geschäftsmodelle und neue Wertschöpfungsprozesse genutzt (Kontext-Banking).”
Rolf-Henning Hackel (Vorstand @ Finconomy):
Aus unserer Sicht entwickelt sich die Beziehung zwischen FinTechs und etablierten Anbietern weiter in Richtung eines kooperativen Miteinanders. Beide Seiten bringen wertvolle Assets in die „Beziehung“ mit ein.”
Etablierte Anbieter haben starke Marken, in die Kunden immer noch sehr vertrauen. Auf der anderen Seite bringen FinTechs die notwendige Agilität und das Technologie-Know-How mit, um auf Kundenbedürfnisse in der digitalen Welt einzugehen. Mit Finconomy und unseren Ventures glauben wir an den hybriden Kunden, also an den Kunden, der persönliche Beratung mit den richtigen digitalen Tools kombinieren will. Diese Grundidee festigt uns in dem Glauben an die Kooperation statt der Revolution, die das Ende für die Mehrzahl der heutigen Geschäftsmodelle bedeuten würde. Andererseits sehen wir insbesondere erfolgreiche B2C-FinTechs als wichtige Wegbereiter an, die etablierten Marktteilnehmern zeigen, was technisch möglich und vom Kunden gewollt ist.
Mariusz Bodek (Experte für Digital Transformation @ KPMG): Die erste Hype-Welle um FinTechs ist endlich abgeebbt.
Es wird sehr spannend sein, welche FinTechs hier wirklich Business machen werden oder aus unterschiedlichen Gründen von der Bildfläche verschwinden.”
Grundsätzlich finde ich es dennoch wichtig und spannend, wenn immer neue Gründer sich in diesem Umfeld versuchen – und einige bestehende FinTechs professioneller um ihre Chance kämpfen. Für Banken stellen sich mittlerweile deutlich fundamentalere Fragen: Reicht es, ein FinTech anzubinden, um als „digitalisiert“ zu gelten? Löst die Fokussierung auf FinTechs die Herausforderung, dass eigene Haus ganzheitlich digital zu transformieren und an die zukünftige Marktumgebung anzupassen? Nein. FinTechs sind für die digitale Transformation ein sehr wichtiger Showcase, aber auch nur eine Teillösungsoption für die größere Herausforderung der digitalen Transformation.
Seit dem 13. Januar ist die PSD2 Realität, 2018 wird sich das Marktumfeld grundlegend verändern. Sind die etablierten Player ihrer Einschätzung nach gut aufgestellt? Worauf sollten sich die Marktteilnehmer 2018 konzentrieren?
André M. Bajorat (CEO @ figo): PSD2-Compliance ist insbesondere für Banken gar nicht das größte Problem, sondern der Umgang mit den sich verändernden Marktbedingungen.
Die Banken müssen Business-Modelle, die auf der Öffnung ihrer Infrastruktur basieren, willkommen heißen und noch besser: selbst welche finden und entwickeln!”
Da sich Banken mit Regulierung und FinTech-Unternehmen mit Entwicklung neuer Geschäftsmodelle auskennen, rechne ich für 2018 mit noch mehr Kooperationen, von denen wir ja auch in 2017 schon einige gesehen haben.
Karsten Traum (Bereichsleitung Privatkunden @ DKB): Bei der regulatorischen Umsetzung sind wir Banken führend. Am Ende wird sich aber zeigen, welche Banken die PSD2 auch als Chance verstanden haben – das kann und wird sich in neuen Partnerschaften, aber auch in der Weiterentwicklung der eigenen Geschäftsmodelle zeigen.
Es wird sich ebenfalls herausstellen, welche neuen Geschäftsmodelle außerhalb der Banken unter PSD2 entstehen und wie neue Player wiederum mit dem regulatorischen Aspekt und der damit verbundenen zusätzlichen Verantwortung gegenüber dem Kunden umgehen.”
Florian Christ (CEO @ fino):
Wir nehmen PSD2 ernst und unterstreichen dies mit unserer Registrierung als Kontoinformationsdienst und Zahlungsauslösedienst. Ich denke, etablierte FinTechs werden dies ebenfalls tun oder den guten Ansatz von figo’s RegShield nutzen.
Das Gute: PSD2 bringt den wichtigen Rahmen, verlässliche und vertrauensvolle Geschäftsmodelle zu entwickeln.”
So können wir (gemeinsam) schneller bessere Produkte entwickeln. Unabhängig davon müssen Banken die Rolle und Vorzüge Ihrer Schnittstellen und Daten in fremden Geschäftsmodellen oft noch verstehen. Ich freue mich auf weitere Vorbilder für API-Geschäftsmodelle oder Daten-Marktplätze. Derjenige der konsequent die verfügbaren Daten(-Quellen) zu besseren Produkten formt, wird das Spiel prägen – natürlich nur mit Einwilligung und unter Kontrolle des Endnutzers.
Rolf-Henning Hackel (Vorstand @ Finconomy):
PSD2 Compliance wird für Banken mit ihrer professionellen Infrastruktur zu lösen, für viele FinTechs aber zu einer großen Herausforderung werden, da sich die Marktteilnehmer nun täglich im Spannungsfeld zwischen Regulatorik und Innovation bewegen. Die Anforderungen an den beaufsichtigten Geschäftsbetrieb werden zu einer signifikanten Steigerung der eigenen Kostenbasis und somit zwangsläufig zu einer Marktkonsolidierung führen.
Lohnend sollte eine weitere Spezialisierung auf das Thema Smart Analytics sein – also weg von der Breite und hin zur Tiefe der Daten. Demnach rechne auch ich in 2018 mit einem Wachstum von spezialisierten B2B FinTtechs und weiter zunehmenden Kooperationen zwischen FinTtechs und etablierten Playern.”
Mariusz Bodek (Experte für Digital Transformation @ KPMG): Regulatorisch haben die Banken PSD2 weitestgehend im Griff – und sie müssen es ja auch. Falls nicht, gibt es bspw. mit „Licence as a Service“ von figo Möglichkeiten für Nachzügler. Doch nur eine Handvoll Banken setzt sich bereits seit geraumer Zeit mit dem eigentlichen Tenor von PSD2 auseinander: Den Chancen für das Geschäftsmodell. Dass man durch eine „Plattformisierung“ bzw. Anbindung und Integration von Leistungen, die die eigene tradierte Wertschöpfungskette verlängern bzw. erweitern kann, deutlich profitieren kann, gehört nicht unbedingt zum allgemeinen Grundverständnis. Was erstaunlich ist, …
… bietet PSD2 doch Banken die regulatorische Ebnung, um mit neuen Geschäftsmodellen signifikant mehr pro Lead zu verdienen, als mit den klassischen Ertragsquellen.”
Noch eine abschließende Frage – mit der Bitte um zwei oder drei Stichpunkte:
Was werden Ihre persönlichen Highlights in 2018?
André M. Bajorat (CEO @ figo):
– Eine lange Runde auf dem Rad rund um Mallorca im Mai
– Meinen Vorsatz, ein Buch pro Monat zu lesen, erfüllen
– Viele Freunde und Familie um mich haben
Karsten Traum (Bereichsleitung Privatkunden @ DKB):
– Meinen 10ten Hochzeitstag feiern und die Hochzeitsreise wiederholen
– Auch 2018 wieder mindestens 1.000 km joggen
– … und auch beruflich wird 2018 sicherlich wieder spannend
Florian Christ (CEO @ fino):
– das 10.000 Mitglied in unserem Verein: Wer hat meine Daten e.V. (whmd.eu)
– die vielen jungen Wilden, die täglich den Status-quo hinterfragen und denen man immer mal wieder erklären muss, wer die BaFin ist
– den ersten Data-Store mit unseren Kunden/Partnern zu eröffnen
Rolf-Henning Hackel (Vorstand @ Finconomy):
– Als Finconomy 2018 ein neues Venture für den Bereich Wealth Management auf die Straße bringen
– Mal überhaupt wieder Zeit zu finden, ein Buch zu lesen
– Meinen ersten (und dann wahrscheinlich auch letzten) Halbmarathon laufen
Mariusz Bodek (Experte für Digital Transformation @ KPMG):
– Gesünder leben
– Familie und Freunde
– Mein Lieblingsthema „Digitale Transformation“ bei KPMG und für unsere Mandanten weiter vorantreiben.
Vielen Dank den fünf Experten.aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/64654
Schreiben Sie einen Kommentar