IT FINANZMAGAZIN26. Juni 2024

10 Jahre IT Finanzmagazin – 10 große Themen, die uns über die Jahre begleitet haben

GenKI und KI-Bilderzeugung … schon erstaunlich, wenn auch noch mit kleinen Fehlern, wie zum Beispiel dem doppelten I :-)Ideogram

Heute auf den Tag genau seit zehn Jahren gibt’s das IT-Finanzmagazin – und vieles hat sich in diesen Jahren verändert. Die Bankfiliale wird bald unter Artenschutz gestellt, die Regulatorik ist nicht einfacher geworden, die Digitalisierung hat sich weitergedreht, ist aber noch immer das Thema Nummer eins.

Wir haben zehn – sehr subjektive – Erkenntnisse zu den Entwicklungen des letzten Jahrzehnts zusammengetragen; lassen sie uns gemeinsam zurückblicken auf die letzten zehn Jahre Business-IT im Banken-, Sparkassen-, Versicherungs- und Finanzdienstleisterumfeld.

Schon vor zehn Jahren ging es im IT-Finanzmagazin um Digitalisierung und digitale Transformation, denn sie ist das alles überschattende Thema. Doch während heute viele Banken und Sparkassen kaum eine Entscheidung mehr ohne die IT und die Digitalversteher treffen, war das vor zehn Jahren noch alles andere als selbstverständlich. Übrigens auch auf Kundenseite – denn so selbstverständlich wie viele Kunden heute ihre Bankfiliale immer in der Hosentasche mit sich herumtragen, war das damals nicht. Immerhin sind wir auf einem guten Weg, auch wenn die Reise hier noch lange nicht zu Ende ist.

Zehn Trends sind es, die – eigentlich alle unter dem Label der Digitalisierung und digitale Transformation – die IT in den Banken, Sparkassen, Versicherungen und Finanzdienstleistern geprägt haben…

Die Fidor Bank war ihrer Zeit voraus – vermutlich zu weit!FidorBank

1. Neobanken und FinTechs – von Spreu und Weizen.

Belächelt wurden sie als die jungen Wilden der Branche. FinTechs und InsurTechs galten in den Anfangsjahren oftmals als die Underdogs der Finanzwelt, die sich nicht an Regeln hielten und doch ohnehin nichts Ernstzunehmendes produzierten. Das zumindest hat sich in den letzten Jahren ebenso gewandelt wie das Bewusstsein, dass das beileibe nicht alles unwissende Hipster sein müssen, die sich in einem Berliner Hinterhof etwas ausgedacht haben.

Die Banken selbst haben verstanden, dass es unter den Start-ups viele gibt, die ihr Geschäft auf eine neue Ebene bringen können und für Geschäftsfelder stehen, die etablierte Banken aus sich heraus gar nicht oder zumindest schlechter beackern können.“

Und, seien wir ehrlich: Viele der FinTechs, die den Stallgeruch der Bankenwelt so gar nicht annehmen wollten, sind zwischenzeitlich vom Markt verschwunden. Und andere sind verschwunden, bei denen wir niemals gedacht hätten, dass das passieren kann – Stichwort: Fidor Bank (Website).

Sparkasse

2. Google Pay und Apple Pay – das weltweite Warten!

Monatelang haben wir seinerzeit auf Apple Pay gewartet. Wann kommt es nach Deutschland, welche Banken werden von Anfang an mit dabei sein, welche starten aus der zweiten Reihe? Die, die es wussten, durften ja aufgrund entsprechender Verträge mit Apple gar nicht mit uns reden. Und nicht zuletzt, wie werden es die Kunden annehmen? Der Start der Wallets der Mobilbetriebssystemanbieter ist symptomatisch für eine Entwicklung, die in den letzten zehn Jahren stattgefunden hat: weg von Banken und Sparkassen, hin zu großen Digitalkonzernen, die in allen Punkten mitreden können und wollen. Was sich in der Rückschau einmal mehr zeigt: Die digitalen Player aus den USA werden weiterhin mit am Tisch sitzen, ob es den Banken gefällt oder nicht.

3. Apobank, Postbank etc. – wenn’s beim Relaunch mal wieder hängt …

Und dann waren da noch die zahlreichen Pannen und Systemwechsel, die für Schlagzeilen sorgten. Als IT Finanzmagazin waren wir hoffentlich immer ausreichend wohlwollend unterwegs. Auf jeden Fall waren wir aber daran interessiert, zu erfahren, warum das neue Kernbanksystem auf einmal alle Kunden mit einem “Y” im Vornahmen aussperrt, warum die Geldautomaten nicht funktionieren oder wessen Schuld es ist, wenn nach dem Relaunch auf einmal nur noch ein Teil der Konten im Online-Banking angezeigt wird. Oft haben wir faire Antworten bekommen, manchmal auch nicht, dann haben wir diejenigen gefragt, die es wussten. Daran wollen wir auch in den nächsten zehn Jahren festhalten.

Nur Insider wissen, wofür das Bild ursprünglich stand … es war wohl die erste Panne.paydirekt

4. Von Paydirekt über Giropay bis Wero und EPI – die Suche nach dem Standard.

Allianzen und Standards waren in den zehn Jahren häufiger zu sehen und zu beobachten. Dar war Paydirekt, dessen fehlende Marktdurchdringung wir seinerzeit bemäkelten (und dafür unentspannte Anrufe einschlägiger Pressestellen erhielten), das inzwischen mitsamt Giropay vom Markt verschwunden ist. Dafür kamen und kommen neue Standards von der European Payment Initiative (EPI) über Wero bis hin zum (vielleicht) digitalen Euro. Was davon Bestand haben wird? Wir wissen es auch nicht, werden aber weiterhin allen zuhören, die uns dazu etwas zu sagen haben. Und wir werden abwägen, unsere Meinung mit den Stimmen der Branche abgleichen und bewerten.

5. Wirecard und die Folgen – die Renaissance der Aufsicht.

Ein riesiger Luftballon …Pressebild Wirecard

Und dann war da noch der wohl größte Skandal der deutschen Finanzwirtschaft: Wirecard als TecDax-Unternehmen, das wie ein Kartenhaus zusammenfiel. Viele hatten gewarnt, wenige hatten genauer hingeschaut, heute ist der Milliardenschwindel rund um das zeitweise bedeutendste Finanztechnologieunternehmen auf deutschem Boden immer noch nicht komplett aufgeklärt. Wie all das passieren konnte, warum die Compliance seiten der Wirtschaftsprüfer ebenso wenig angeschlagen hat wie die Bankenaufsicht BaFin, wollen dann alle wissen.

Was sich seitdem geändert hat, ist, dass die BaFin zwischenzeitlich deutlich früher Alarm schlägt, Neukundenzahlen limitiert und Sonderbeauftragte schickt, die den Unternehmen und vor allem auch den Banken auf die Finger schauen.“

6. Kryptowährungen, NFTs und Blockchain – ohne Fanboy-Attitüde

archy13 / Bigstock

Und dann waren da noch die Themen, die nur allzu gerne bejubelt wurden, die wir aber in ihrem Nutzwert hinterfragt haben – auch weil uns erfahrene Banker die entsprechenden Fragen stellten. Die diversen Aufstiege (und Abstiege) der Kryptowährungen haben wir mit begleitet, ebenso das Bejubeln der Blockchain und von NFTs, die sich noch immer nicht in dem Umfang durchgesetzt haben, wie das die Fanboys (und wenige -girls) prophezeit haben. Schön wurde es immer dann, wenn wir erkennen konnten, dass  wir mit unserer Skepsis nicht ganz falsch lagen. Verstehen wir uns richtig: ein wohlwollender Blick auf die Technik sehr gerne, aber auch ein skeptischer, wenn’s um die tatsächlich realisierbaren Geschäftsmodelle und Cases geht … haben Sie eigentlich noch was von diesem “Metaverse” gehört?

Tobias Weidemann, IT-Journalist des IT Finanzmagazins
Tobias Weidemann ist Redakteur und Berater für Content, Kommunikation und digitale Ideen. Schreibt seit vielen Jahren über Technik- und Wirt­schafts­themen, vor allem mit digitalem Dreh – und tut das immerhin seit 2017 auch für das IT Finanzmagazin.

7. IT-Security und Cybercrime – follow the money.

Ein Bereich, der für Verantwortliche in Banken und Sparkassen ein Dauerbrenner über die Jahre war, ist das Themenfeld Sicherheit. Hier haben wir über das Hase- und Igel-Spiel geschrieben, das Sicherheitsunternehmen für viel Geld mitspielen. Wir haben uns über dreiste Tricks und Hacks gewundert und so manche spannende Geschichte aufgeschrieben. Klar ist aber auch hier, dass der ITSec-Bereich ein Dauerthema bleiben wird, das nicht zuletzt durch die politische Weltlage weiterhin Relevanz für unsere Branche haben wird. GenKI und Deekfakes machen es nicht gerade leichter … aber spannender.

8. Von Filialsterben und Mobile First – der Wandel der Interaktion mit dem Kunden

Heute gibt es einige tausend Bankfilialen weniger als vor zehn Jahren und auch unser Geld ziehen wir immer seltener aus dem Automaten (wenn wir nicht gleich bargeldlos bezahlen und Karte oder irgendein Mobile Device vor den Leser halten). Auch das war über die Jahre immer wieder ein Thema für IT Finanzmagazin, wie man den Kunden dann erreichen kann, wenn der Mann mit den Fähnchen oder der Herr Kaiser nicht mehr da sein werden. Soviel sei gesagt:

Etliche Banken (und nicht wenige Sparkassen!) haben Mittel und Wege gefunden, den Kunden situativ dort abzuholen, wo er seine Bankgeschäfte machen will.  Meist auf digitalen Geräten, mal in der Filiale oder ganz woanders.“

Beratung geht nicht erst seit Corona sehr gut per Videokonferenz, in der Café-artigen Filiale, die man kaum als Bank erkennt oder an ganz anderen Orten. Und immer mehr findet am Mobilgerät statt – bis hin zu Aktienhandel und dem Abschluss von Versicherungen.

9. PSD2, Open Banking und APIs – Rückenwind für Drittanbieter

Ein über Monate, ach was Jahre, vorbereitetes Thema war und ist die PSD2 und ihre Auswüchse und Fortführungen. Kaum ein Thema hat mit all seinen Open-Banking- und API-Ausprägungen so viel in unserer Branche verändert (sehen wir mal von der ähnlich heiß diskutierten DSGVO ab). So richtig begeistert waren die Banken im Vorfeld nicht darüber, dass sie nicht mehr die einzigen Fische im Teich waren – doch vielen ist zwischenzeitlich wohl bewusst geworden, dass die Vernetzungsmöglichkeiten durchaus für alle Beteiligten einen Mehrwert generieren können.

10. Künstliche Intelligenz – the best is yet to come.

Wenn man in alten Beiträgen sucht, wird klar: Irgendwie war das KI-Thema schon immer da, doch erst in den letzten ein, zwei Jahren wird es mit mehr Leben gefüllt, wird das maschinelle Lernen wirklich gelebt.

Schuld daran sind Technologien, die das Prozessmanagement optimieren, mit Hilfe von Datenanalyse für mehr Personalisierung und maßgenschneiderte Angebote sorgen und nicht zuletzt Sprach- und Textanalyse, die in mehrstufigen Verfahren weiß, was der Mensch sucht und wünscht.“

Wir wagen vorauszusagen, dass all das erst der Anfang einer Entwicklung ist, welche die Banken, Sparkassen und Versicherungen unglaublich bereichern kann und wird. Wenn wir in einigen Jahren (hoffentlich) das nächste Jubiläum feiern, dürfte KI das Themenfeld sein, in dem sich am meisten getan haben wird.

Ohne Leser und Mitstreiter wäre es nur halb so schön

In all diesen Themenfeldern haben wir in zehn Jahren IT-Finanzmagazin viel gesehen, viel gemeinsam erlebt, manchmal gestaunt und den Kopf geschüttelt.

Wir haben an Technik und vermeintlichen Innovationen gezweifelt, das eine oder andere Geschäftsmodell angezweifelt, mit aktuellen (und ehemaligen) Fach- und Führungskräften zusammen Licht in so manche Geschichte gebracht.“

Doch das ging vor allem, weil wir Sie als Leser hatten, die all das kritisch und interessiert begleitet haben, weil wir Sponsoren und Werbekunden hatten, die all das finanziert haben und damit klar kamen, dass es bestimmte Anzeigenformate und Deals nicht gibt. Lassen Sie uns virtuell anstoßen – auf die nächsten zehn Jahre!

Vielen herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!

Joachim Jürschick, Herausgeber und V.i.S.d.P IT Finanzmagazin
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