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ANWENDUNG18. Juni 2024

Dividendenstau bei Trade Republic: Zwischen technischem Fehler und Kommunikations­panne

Dividendenstau bei Trade Republic: Zwischen technischem Fehler und Kommunikationspanne
Trade Republic

Kunden von Trade Republic erhalten aktuell in vielen Fällen ihre Dividenden mit Verzögerung gutgeschrieben. In den sozialen Medien und in einschlägigen Anlegerforen stößt das auf reichlich Kritik. Und in der Tat beweist Trade Republic hier ein nur mäßig geschicktes Händchen in der Kunden­kommunikation. Außerdem verwirren sie die Kunden zusätzlich mit wenig aussage­kräftigen Nachrichten über „Kapital­maßnahmen“ bei bestimmten Werten. Wir haben nachgefragt – nach den technischen Hinter­gründen, nach der Dauer der Panne und nicht zuletzt auch danach, wie man solche Wachstums­schmerzen in Zukunft verhindern will.

Welche Dividenden genau betroffen sind und was der Grund dafür ist, ist zunächst unklar. Teilweise handelt es sich dem Vernehmen nach um ausländische Papiere, aber auch Werte wie die Deutsche-Bank-Tochter DWS und Porsche Holding sind mit dabei, ferner Sixt, 3M, Microsoft und einige andere Werte.

Technisch ist die Abwicklung von Dividendenzahlungen recht komplex, denn die Dividendenzahlung läuft über mehrere Instanzen wie Verwahrstellen und Depotbanken, bevor sie beim Kunden auf dem Depotkonto landet. Nun muss man Trade Republic zugutehalten, dass diese offenbar in der Vergangenheit stets schon am Dividendentag in Echtzeit oder einen Tag später die Dividenden gutgeschrieben haben. Die Kunden des Billig-Brokers waren hier aufgrund der digitalen Prozesse also verwöhnt – verwöhnter als bei vielen Brokern, die schon aus technischen Gründen mit ein paar Tagen Versatz Dividenden gutschreiben.

So erklärt auch Trade Republic auf Nachfrage von IT-Finanzmagazin:

Durch unsere moderne Infrastruktur und Automatisierung ist Trade Republic einer der wenigen Broker in Deutschland, der Maßnahmen im Zusammenhang mit Wertpapieren, wie beispielsweise Weisungen oder Dividenden tagesgenau und in Echtzeit verarbeitet. Das ist ein besonderer Service, den nahezu keine andere Bank in Europa anbietet. Viele Kunden haben sich zu Recht an diesen Service gewöhnt.“

Sprecher von Trade Republic

Hat der Wandel zur Vollbank technische Probleme gebracht?

Trade Republic

Seit Ende vergangenen Jahres verfügt Trade Republic über eine Vollbanklizenz seitens der BaFin und der EZB, was Gründer Christian Hecker seinerzeit als wichtigen Meilenstein in der Firmengeschichte feierte. Die Neobank hatte gegenüber den Kunden daher schon im April angekündigt, dass man die Gelder, die über viele Jahre der BaaS-Dienstleister Solaris verantwortet hatte, jetzt selbst verwalten werde. Vergangene Woche hatte ein Solaris-Sprecher gegenüber dem Handelsblatt erklärt, das Offboarding sei inzwischen abgeschlossen und Solaris führe keine Konten für die TR-Kunden mehr. Möglich ist also, dass hier ein Fehler bei der Umstellung zu den beschriebenen Problemen geführt haben könnte. Zu Details dazu warten wir noch auf eine Stellungnahme des Unternehmens.

Aktuell arbeitet Trade Republic mit Treuhandkonten für die Kunden der Deutschen Bank, mit JP Morgen, Continental Europe, Citi und der HSBC zusammen. Inzwischen verwaltet Trade Republic als nach eigenen Angaben größter Neobroker Europas 35 Milliarden Euro Vermögenswerte für 4 Millionen Kunden in 17 Ländern. Dennoch bleibt Deutschland als Kernmarkt wichtig. Zuletzt machte das Unternehmen mit einer eigenen Kreditkarte ohne monatliche Kosten Schlagzeilen, die an eine Million Kunden innerhalb der ersten fünf Monate ausgegeben wurde.

Statt Gewinnspiel entlädt sich der Frust der Kunden

Weniger zu verzeihen ist allerdings die Kommunikationsstrategie, die es hierzu gab (oder eben nicht gab). Zahlreiche Kunden beschwerten sich über die fehlenden Dividenden und nutzten hierfür auch die Kommentarspalten unter dem Gewinnspiel zur Fußball-EM. Hier können Kunden an jedem Spieltag einen ETF oder eine Aktie im Wert von bis zu 1.000 Euro gewinnen. Doch inzwischen sind hier etwa bei Instagram mehr als 1.800 Kommentare zu finden, die sich vor allem um das Dividendenthema drehen. Hier äußerte sich Trade Republic dann immerhin zu den Vorfällen:

Aufgrund einer Systemanpassung wurden einige Dividenden erst wenige Bankarbeitstage nach dem Zahltag gebucht. Die ausstehenden Dividenden werden heute verarbeitet. Du erhältst sie im Laufe des Tages oder spätestens morgen. Alle Dividenden werden innerhalb der gesetzlichen Frist gezahlt.“

Mitteilung von Trade Republic

In der Tat haben zwischenzeitlich wohl die Kunden ihre Abrechnungen der Dividenden (oder teilweise auch die Dividendenzahlungen selbst) erhalten. So erklärt Trade Republic: „Die ausstehenden Dividenden wurden bereits gestern verarbeitet und heute ausgezahlt. Kunden müssen also nichts weiter tun.“

Dabei soll es aber nach Aussage von Kunden teilweise erneut zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Einige Kunden berichten über fälschlicherweise einbehaltene Kirchensteuer, andere monieren den Einbehalt der Kapitalertragssteuer trotz laufendem Freistellungsauftrag. Hinzu kommt, dass offenbar automatisierte Meldungen von Trade Republic von „Kapitalmaßnahmen“ bei bestimmten Aktien für weitere Verwirrung bei den Kunden sorgen. Hier muss man sich wohl auch wundern, dass diese so penibel auf den Dividendentag warten, während die meisten Anleger wohl bestenfalls ungefähr wissen, wann mit einer bestimmten Dividende zu rechnen ist.

Fehlende Kommunikation verspielt Kundenvertrauen

Dennoch dürfte die zögerliche Kommunikation zu dem Thema bei vielen Kunden nicht gerade das Vertrauen in die Prozesse von Trade Republic gestärkt haben. Transparentes Verhalten gegenüber den Kunden geht anders. Auch wir haben eine Anfrage an das Unternehmen zu den technischen Hintergründen und dem Procedere zur Korrektur der Abrechnungen eingeleitet, erhielten darauf aber außer den genannten pauschalen Statements keine weiteren Informationen zu den technischen Hintergründen. Natürlich bleiben wir aber gerade auch deswegen weiter am Thema dran.tw

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